Blaualgen im Biersdorfer Stausee: Giftig ist nicht nur die Farbe

Biersdorf · Seit Wochen ist der Bitburger Stausee mit einem Algenteppich bedeckt. Das Landesumweltamt schlägt Alarm: Der zulässige Grenzwert ist bereits um ein Vielfaches überschritten.

 Biologin Martina Oehms vom Landesumweltamt entnimmt der grünen Brühe Proben. TV-Foto: Uwe Hentschel

Biologin Martina Oehms vom Landesumweltamt entnimmt der grünen Brühe Proben. TV-Foto: Uwe Hentschel

Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

"Das Baden und Schwimmen im Stausee ist verboten!", steht auf einem Schild am Ufer. Generell wird diese Vorschrift auch eingehalten. Zwar gibt es immer wieder Menschen, die an heißen Sommertagen mehr oder weniger freiwillig aus dem Tretboot fallen und dann eben doch im See landen. Doch der Stausee Bitburg ist kein Badegewässer. Zumindest nicht offiziell. Was den inoffiziellen Umgang mit dieser Regelung betrifft, so dürfte auch Hartgesottenen inzwischen die Lust vergangen sein, sich darüber hinwegzusetzen. Denn dass mit dem Wasser etwas nicht stimmt, sieht man derzeit auch ohne Verbotsschild.

Seit Wochen ist der Stausee von einem Algenteppich überzogen. Es handelt sich dabei (trotz der leuchtend grünen Farbe) um Blaualgen. Genau genommen um Blaualgen der Gattung Microcytis, wie Gerd Plachetka vom rheinland-pfälzischen Landesamt für Umwelt erklärt. Diese Blaualgen enthalten giftige Microcystine. "Beim Menschen können die Blaualgen Schleimhautreizungen und zum Teil allergische Entzündungsreaktionen hervorrufen", erklärt Plachetka.

Das Trinken des Wassers könne zu Durchfall und Erbrechen sowie einem lebertoxischen Effekt führen, fügt er hinzu. Dass das Problem im Bitburger Stausee in der Tat nicht nur ein optisches, sondern auch ein gesundheitliches ist, belegt zudem eine aktuelle Untersuchung. So war vor wenigen Tagen ein Team des Landesumweltamts vor Ort, um Wasserproben zu entnehmen. Gut zwei Stunden lang war eine Biologin mit einem kleinen Boot auf dem See unterwegs, um Proben zu sammeln. Die Ergebnisse der Untersuchung liegen inzwischen vor.

Demnach lag die Chlorophyllkonzentration in 30 Zentimetern Tiefe bei 333 Mikrogramm pro Liter, womit laut Plachetka die vom Umweltbundesamt empfohlene Alarmstufe um ein Vierfaches überschritten wurde. Noch extremer ist die Konzentration in den Algen selbst. Dort wurden Werte von mehr als 11000 Mikrogramm pro Liter gemessen.
Der Sachlage bewusst ist sich auch der Zweckverband Stausee Bitburg, der bereits seit einiger Zeit mit provisorischen Schildern auf die Blaualgen hinweist und vor Kontakt mit dem Seewasser warnt. "Das Problem gibt es bereits seit 20 Jahren, und je nach Witterung ist es mal mehr oder weniger intensiv", meint dazu Reinhold Kotz, zuständiger Mitarbeiter der VG Bitburger Land. Je intensiver die Sonneneinstrahlung, desto stärker der Algenwuchs, so Kotz.

Aufgrund der komplexen Zusammenhänge gebe es leider keine sofortigen Abhilfemaßnahmen, sagt er. "Selbst unter optimalen Bedingungen - wie beispielsweise dem sofortigen Stopp jeglicher Nährstoff- und Sedimentzufuhr in den See - würden viele Jahre vergehen, um derartigen Entwicklungen die Basis zu entziehen", fügt er hinzu. Derzeit werde im Einzugsgebiet der Prüm untersucht, woher genau die massiven Einträge in den Fluss und damit in den See kommen, erklärt Kotz. Ansonsten aber könne man aktuell nichts anderes machen als hoffen, "dass durch günstige Witterungsverhältnisse negative Folgen für den Stausee und den Fischbestand ausbleiben".

Das hofft Herbert Schneider auch. "So etwas kann natürlich zu einem Fischsterben führen", sagt Schneider, der als Kreisfischereiberater sämtliche Gewässer des Kreises betreut und in seinem Zuständigkeitsbereich einen derart intensiven Blaualgenbewuchs derzeit nur in der Prüm ausmachen kann.

Er habe deshalb die Mitarbeiter des Stausee-Zweckverbands bereits darauf hingewiesen, auf tote Fische im See zu achten. Dass intensive Sonneneinstrahlung das Wachstum begünstigt, dessen ist sich Schneider bewusst. Die eigentliche Ursache liegt für ihn aber ganz woanders.

"Das größte Problem ist das Düngen im Einzugsbereich der Gewässer", sagt Schneider und berichtet von Fällen, in denen Bewirtschaftungsverbote für diese Gewässerrandstreifen völlig missachtet worden seien. Laut der für die Gewässeraufsicht zuständigen Strukturgenehmigungsdirektion (SGD) Nord ist die Belastung der Prüm im Vergleich zu benachbarten Flüssen nicht besonders hoch.

"Zum Problem wird der Nährstoffgehalt des Gewässers wegen der großen Oberfläche und der sehr geringen Fließgeschwindigkeiten im Staubereich", erklärt Pressesprecherin Sandra Hansen-Spurzem und nennt als Hauptursache der Belastung zwei Faktoren: die Landwirtschaft und die Abwassereinleitungen der Kläranlagen. Um Letzteres in den Griff zu bekommen, wurde nun laut SGD Nord nach Auswertung von Daten und Untersuchungen ein Programm zur Nachrüstung aller größeren Kläranlagen im Einzugsbereich der Prüm vereinbart. Darüber hinaus seien die Erkenntnisse den Landwirten vor Ort vorgestellt worden, so Hansen-Spurzem.

Und glaubt man der Behörde, so sind diese Erkenntnisse auf fruchtbaren Boden gefallen: "Es besteht eine große Bereitschaft, die Bemühungen des Landes zur Verbesserung der Situation zu unterstützen."Extra: Zuschuss für bessere Abwasserentsorgung


Nach Aussage des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums spielt beim Gewässerschutz die effiziente Abwasserentsorgung eine zentrale Rolle. Aus diesem Grund wurden kürzlich auch sieben Förderbescheide für Projekte in der VG Bitburger Land bewilligt. Mit den insgesamt 923 100 Euro soll unter anderem die Nachrüstung der Kläranlagen in Fließem, Messerich und Oberweis bezuschusst werden. Ein weiteres Projekt, das aus diesem Fördertopf bedient werden soll, ist der Neubau eines Staukanals zur Reduzierung des Eintrags von Schadstoffen in den Kannenbach. Dieser Bach mündet in Biersdorf in den Stausee Bitburg.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort