Aus dem Archiv (November 2017) Wenn das Gebälk in die Knie geht

Bleialf · Wesentliche Bauelemente der Bleialfer Pfarrkirche Maria Himmelfahrt sind nicht mehr stabil. Nur drei Jahre nach der jüngsten Sanierung dürfen deshalb die Seitenschiffe nicht mehr betreten werden. Und der Putz bröckelt auch.

 Die Seitenschiffe des Neubaus aus den 1920er Jahren sind vorerst gesperrt. Erst wenn Einsturzgefahr ausgeschlossen werden kann, sollen sie wieder zugänglich sein. TV-Fotos (3): Frank Auffenberg

Die Seitenschiffe des Neubaus aus den 1920er Jahren sind vorerst gesperrt. Erst wenn Einsturzgefahr ausgeschlossen werden kann, sollen sie wieder zugänglich sein. TV-Fotos (3): Frank Auffenberg

Foto: Frank Auffenberg (aff), Frank Auffenberg ("TV-Upload Auffenberg"

Bleialf Die Bleialfer Pfarrkirche Maria Himmelfahrt ist ein Kleinod: harmonische Proportionen trotz unzähliger Umbauten und Erweiterungen, feinste spätgotische Fresken im historischen Kirchenschiff, vor Farbenfreude und Symbolkraft strotzende Deckengemälde im modernen Langhaus aus den 1920er Jahren: So schön die Kirche aber auch anzuschauen ist, so gut in Schuss sie oberflächlich auch wirken mag, Pastor Jochen Kohr ist besorgt: "Der Schein trügt. Unsere Kirche ist zwar wunderschön, doch sie bröckelt. Überall zeigen sich kleine und große Risse im Putz. Ich dachte erst, dass so was ja ausgebessert werden kann. Die jüngsten Untersuchungen zeigen aber, dass es nicht ganz so einfach ist, wie ich gedacht habe."
Im Sommer habe er im Zuge der Pfarrhaussanierungen auf die Putzprobleme hingewiesen. "Das Bistum schickte relativ zügig einen Statiker vorbei, der einen halben Tag lang alle Schäden in Augenschein nahm", sagt Kohr. Am Ende stand fest: Die Seitenschiffe müssen vorsorglich auf unbestimmte Zeit gesperrt werden. "Bis auf Weiteres sind seit dem Sommer Teile der Kirche nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich."
Doch wo liegt das Problem? "Im Grunde überall, doch zwei Faktoren machen wirklich Sorgen", sagt Manfred Post vom Stadtkyller Architekturbüro Dimmer. "Bei der kurzen Statikuntersuchung zeigte sich, dass im rechten Seitenschiff noch immer massive Kriegsschäden zu finden sind - übrigens verursacht vonseiten der Wehrmacht", erklärt Kohr. Während die Statik der westlichen Kirchenmauern noch relativ leicht in den Griff zu bekommen sei, wiege das zweite Problem schwer. "Es geht um das Dach und die Gewölbedecke aus den 1920er Jahren", sagt Post.
Man müsse sich klarmachen, dass die Gewölbedecke nicht massiv sei: "Sie besteht aus einer knapp vier bis fünf Zentimeter starken Gips- und Drahtkonstruktion, die wiederum an weiteren Drähten am Dachstuhl befestigt ist. Eigentlich sollte sie ganz ruhig hängen, durch Fehler in der Statik des Dachstuhls kommt sie aber immer wieder in Bewegung", sagt Manfred Post. Am einfachsten sei dies vor Ort, sprich im Dachstuhl, zu erklären.
Gesagt, getan: Über den historischen Kirchturm geht es hinauf nach oben, und dort zeigt sich tatsächlich erschreckend deutlich, wo das Problem liegt. Holzbalken, die eigentlich schnurgerade das Gewicht von Dach und der Gipsdecke auf die Seitenwände übertragen sollten, sind teils durchgebogen. Drähte, die das Gewölbe ursprünglich straff gespannt tragen sollten, hängen durch. "Das müsste alles anders sein. Der Dachstuhl macht Bewegungen, die er nicht machen sollte, und die wirken sich auf das restliche Gebäude aus", sagt Post.
Und nun? "Eine gute Frage, die wir aber aus dem Stand nicht beantworten können", sagt Kohr. Fest stehe, dass die Seitenschiffe bis auf Weiteres gesperrt blieben. Ebenfalls sicher sei, dass voraussichtlich bis zum Frühjahr das ganze Gebäude auf Herz und Nieren geprüft werde - sowohl im historischen Teil als auch im Neubau.
"Mit Lasern werden wir vom Keller bis zum Scheitel alles untersuchen und vermessen. Das Bistum hat diese Bestandsaufnahme bereits bewilligt. Bis zum Frühjahr werden wir wissen, wie es dann weitergeht und wo saniert werden muss", sagt Kohr.
Für die Pfarrgemeinschaft Bleialf seien die nun aufgetretenen Probleme schon eine große Belastung. "Wir stecken seit Jahren in einem Sanierungsprogramm fest. Es findet irgendwie kein Ende. Für eine Pfarreiengemeinschaft mit knapp 1500 Mitgliedern ist das nicht leicht zu stemmen." Zum Glück wisse das Bistum ob der geschichtlichen und kunsthistorischen Bedeutung der Immobilien. "Es ist ja nicht nur so, dass die Pfarrkirche in Bleialf Anfang des Jahrzehnts schon mal saniert wurde, auch alle unsere Filialkirchen hatten ähnliche Probleme. Würde das Bistum die Renovierungen nicht mittragen, wäre alles noch dramatischer."
Bis zum vorigen Jahr seien mehr als eine Million Euro in die Gebäudeerhaltung gesteckt worden. "Etwa 60 Prozent übernahm glücklicherweise das Bistum", sagt Kohr. Wie viel nun investiert werden müsse, wisse man noch nicht. "Wahrscheinlich kommt ein hoher sechsstelliger Betrag auf uns zu."Extra: ZAHLREICHE UMBAUTEN IN VIELEN HUNDERT JAHREN

 Manfred Post (links) und Pfarrer Jochen Kohr. Selbst vom Chor aus sind die vielen Risse im Putz der Wände, Säulen und Decken zu erkennen.

Manfred Post (links) und Pfarrer Jochen Kohr. Selbst vom Chor aus sind die vielen Risse im Putz der Wände, Säulen und Decken zu erkennen.

Foto: Frank Auffenberg (aff), Frank Auffenberg ("TV-Upload Auffenberg"
 Im Dachstuhl ist mehr in Bewegung, als eigentlich gedacht.

Im Dachstuhl ist mehr in Bewegung, als eigentlich gedacht.

Foto: Frank Auffenberg (aff), Frank Auffenberg ("TV-Upload Auffenberg"


Urkundlich wurde erstmals im Jahr 1187 eine Pfarrkirche in Bleialf erwähnt. Vom ursprünglichen Gebäude sind allein die ungewöhnlich dicken Untermauern des Westturms erhalten geblieben. Sie messen bis zu drei Metern. Inschriften weisen darauf hin, dass an diesen ersten Turm im Jahr 1496 eine dreischiffige Stufenhalle gebaut wurde. 2014 zeigten Holzuntersuchungen allerdings, dass sie nicht in einem Rutsch entstand. Die Balken des Mittelschiffs wurden zwischen 1383 und 1385 geschlagen. Die Balken im Chor wiederum stammen aus dem Jahr 1474. Unter ihm blieb eines der wohl aus dem Jahr 1555 stammende Seitenschiffe bei der Erweiterung der Kirche im Jahr 1923 erhalten. Es ist im Übergang in den Neubau noch immer zu erkennen. Das Schiff im Norden musste dem Portal weichen.

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