Blumen, Bedrohungen und Beleidigungen

Bitburg/Trier · Herausgehobene Gullydeckel, jede Menge Beleidigungen und herausgerissene Blumen: Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um einen 45-Jährigen aus der Eifel sprechen 14 Zeugen.

Bitburg/Trier. Es ist wie in den momentan so heillos überfüllten Wartezimmern der Hausärzte: Tür auf, Tür zu. Tür auf, Tür zu. Der Nächste, bitte. Nur sind es keine Grippepatienten, die sich da am Montag im Saal 66 des Trierer Landgerichts die Türklinke in die Hand geben: Es sind Zeugen - 14 (!) an der Zahl. Die meisten aus demselben Eifelort nahe der luxemburgischen Grenze. Sie sind gekommen, um auszusagen. Auszusagen im Fall eines 45-Jährigen, der ebenfalls aus dieser Gemeinde stammt."Ich mache dich kalt"


Der Mann ist angeklagt in 25 Fällen (der TV berichtete am 10. Februar). Die Anklage reicht von Körperverletzung über Beleidigung bis hin zu Unterschlagung. Staatsanwalt Christian Hartwig geht von verminderter Schuldfähigkeit aus, das hat er am ersten Verhandlungstag Anfang Februar erklärt. Grund dafür ist: Der Angeklagte leidet seit 2008 an einer bipolaren Störung und ist seit August 2014 in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Nachdem der 45-Jährige, nennen wir ihn Dieter H., an Verhandlungstag eins zu allen Anklagepunkten Stellung nehmen konnte - einiges räumte er ein, vieles stritt er ab - bestellt der Vorsitzende Richter Armin Hardt für den zweiten Prozesstag am Montag einen Teil der Menschen ein, die H. beleidigt, bedroht und getreten (den eigenen Vater) haben soll. Während der Angeklagte in Winterjacke neben seiner Verteidigerin sitzt, manchmal den Kopf schüttelt, die meiste Zeit aber teilnahmslos in die Tiefen des Raums starrt, nimmt drei Meter vor ihm entfernt, ein Zeuge nach dem anderen Platz. Die Zeugen erzählen, woher sie H. kennen, und was sie ihm vorwerfen. Es sind oft Lappalien - doch es ist die Anzahl der Anschuldigungen, die einen aufhorchen lässt. Da ist zum Beispiel Jens D. (Name wie alle folgenden von der Redaktion geändert), der von einem Treffen mit H. in einer Kneipe im Ort berichtet. Er habe an der Theke gesessen und mit einem Kollegen gesprochen. Immer wieder habe sich H. in das Gespräch eingemischt, bevor ihm dann der Kragen geplatzt sei. "Ich habe ihm gesagt, dass es reicht, er solle sich raushalten." Daraufhin habe H. ihn bedroht. "Ich mache dich kalt" - das seien seine Worte gewesen. Dann sei H. nach Hause gegangen und habe auf dem Weg noch Blumen herausgerissen, die Zeuge D. vor seinem benachbarten Geschäft gepflanzt hatte.
Eine andere Zeugin berichtet, wie H. einen Gullydeckel herausgehoben, und bei ihr in den Vorgarten geschleudert habe. Wieder andere erzählen von zufälligen Begegnungen mit dem Angeklagten auf der Straße. So wie Christina U. Sie war mit dem Hund unterwegs, als H. plötzlich vor ihr auftauchte und sie bedrohte. "Nur der Hund verhinderte, dass er an mich herankommt." Wegen Ruhestörung hatte der 45-Jährige auch immer wieder Stress mit der Polizei. Mehrere Beamte sind deswegen als Zeugen geladen. Auch sie berichten von Beleidigungen ("Luftpumpe", "ostdeutsche Missgeburt") und Bedrohungen. Nach vier Stunden Sitzungsmarathon ist Verhandlungstag zwei beendet. Am 2. März geht\'s weiter. mfr

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