Boni, Frauenquote und ein klares Ergebnis

Irrel · Hinter den Kulissen der Raiffeisenbank Irrel rumort es offenbar gewaltig: Nach TV-Informationen soll es im Aufsichtsrat Uneinigkeit über Bonuszahlungen an einen Vorstand gegeben haben. Bei der Generalversammlung am Dienstag kam dies zwar nicht zur Sprache, spielte aber wohl bei der Wahl zweier neuer Aufsichtsräte eine entscheidende Rolle.

Irrel. Als Comedian Jörg Burkhardt am Dienstag gegen 22.30 Uhr die Bühne des Gemeindesaals in Irrel betrat, hatte er einen schweren Stand. Angesichts der späten Stunde zog es viele der Anwesenden zum Büfett. Anderen - allen voran Hans-Joachim Heck und Herbert Grüber - war nach dem turbulenten Verlauf der Generalversammlung der Raiffeisenbank (Raiba) Irrel das Lachen vergangen. Allzu deutlich hatten die beiden bisherigen Aufsichtsratsmitglieder zuvor bei den Wahlen zum Aufsichtsrat den Kürzeren gezogen.
Was war geschehen? Turnusgemäß scheiden jährlich zwei Mitglieder aus dem sechsköpfigen Gremium aus und müssen sich gegebenenfalls zur Wiederwahl stellen. Sowohl Heck, seit 18 Jahren in dem Kontrollorgan (siehe Extra), als auch Grüber, seit 2003 dabei, traf es in diesem Jahr - doch bis zum Dienstagnachmittag wussten beide offenbar nicht, dass sich hinter ihrem Rücken schon lange vor dem Dienstag eine Front für ihre Abwahl gebildet hatte. Gegen die beiden altgedienten Aufsichtsratsmitglieder wurden nämlich zwei Gegenkandidatinnen aus der Mitte der Versammlung vorgeschlagen: die Geschäftsführerin einer Irreler Autowerkstatt, Christel Bares, und die selbstständige Landwirtin Alice Endres aus Meckel. Sie begründeten ihre Kandidatur mit ihrer langjährigen Verbundenheit zur Raiba Irrel. Unterstützung hatten die beiden Frauen genug: Trotz drückender Hitze fanden sich 171 stimmberechtigte Mitglieder der Raiba Irrel - mehr als doppelt so viele wie in den Vorjahren - in der Gemeindehalle ein. Viele von ihnen waren ausgestattet mit Vollmachten nicht anwesender Mitglieder, so dass insgesamt 296 Stimmen abgegeben wurden - und die fielen zum Großteil auf die zwei Kandidatinnen.
Das Ganze wirkte nicht wie ein Zufall, sondern wie eine gezielte Aktion, um mit Heck und Grüber zwei unliebsame Aufsichtsräte loszuwerden: Nach TV-Informationen soll es in einer der letzten Sitzungen des Gremiums zu einer knappen Entscheidung darüber gekommen sein, ob an den Vorstand Rudolf Krein, der Ende 2012 in Pension geht, nach seinem Ausscheiden aus der Raiba noch höhere Bonuszahlungen, als ohnehin schon bewilligt wurden, gezahlt werden sollen. Vier Aufsichtsräte stimmten offenbar dagegen, zwei dafür - gut möglich, dass sich das Stimmenverhältnis mit dem neu formierten Aufsichtsrat verändert.
Krein selbst war am Mittwochnachmittag nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen, sein Vorstandskollege Hans-Peter Bell wollte sich zu "solchen Interna" nicht äußern, dementierte die Vorwürfe auf TV-Nachfrage allerdings auch nicht.
In der Generalversammlung am Dienstag war von diesen Vorgängen jedoch keine Rede gewesen: Aufsichtsratsmitglied Norbert Wilmsen hob hervor, dass mit ihrer Wahl auch der Frauenquote genüge getan sei. Hans-Joachim Heck und auch Aufsichtsratsmitglied Alois Hoffmann pochten dagegen auf die uralte Tradition bei der Raiba Irrel, nach der in den Aufsichtsrat jeweils ein Vertreter aus allen ehemaligen Raiffeisenkassen-Standorten, die in den 80er Jahren mit Irrel fusionierten, gewählt werden sollte, was mit der Wahl von Bares und Endres nicht der Fall sei. Von möglichen Bonuszahlungen an einen Vorstand erfuhren die Mitglieder nichts.Meinung

Deutliches Votum mit Beigeschmack
Es wirkt schon seltsam: Da werden Mitglieder eines Aufsichtsrats offenbar abgewählt, weil sie dem Vorstand zu genau auf die Finger geschaut haben. Dabei ist es doch gerade die ureigene Aufgabe und Pflicht (!) dieses Gremiums, die Entscheidungen und die Unternehmensführung des Vorstands zu kontrollieren. Und nun müssen genau zwei dieser Mitglieder den Aufsichtsrat verlassen - ein Schelm, der Böses dabei denkt. Und doch bleibt zunächst einmal festzuhalten, dass die beiden Damen nach demokratischen Grundsätzen am Dienstag in den Aufsichtsrat gewählt worden sind. Die Mitglieder haben ihnen durch ihr klares Votum ihr Vertrauen geschenkt - ein Vertrauen, das die beiden nun werden beweisen müssen. Zum Wohle der Bank, zum Wohle ihrer Mitglieder. Nicht zum Wohle des Vorstands. n.ebner@volksfreund.de

Extra

Der Aufsichtsrat ist das Kontrollorgan einer Genossenschaft und soll die Interessen der Mitglieder wahren. Dazu hat er die Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen und sich zu diesem Zweck über die Angelegenheiten der Genossenschaft zu unterrichten. Zudem ernennt der Aufsichtsrat die Vorstände und beruft diese ab. Bei Beschlüssen von weitreichender Bedeutung für die Genossenschaft ist die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich. Daneben obliegt dem Aufsichtsrat unter anderem die Prüfung des Jahresabschlusses. neb

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