Buchtipp Ein Buch über die Liebe – aber ohne Zuckerguss

Es wird in deinem Leben Momente geben, in denen du dich fragen wirst, ob du überhaupt irgendetwas richtig gemacht hast.“ (...) Dann erinnere dich daran, dass du deine Großmutter und mich sehr glücklich gemacht hast, so glücklich, dass es für ein ganzes Leben von vorne bis hinten reicht.“

 Buchcover

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Foto: tv/Dumont

Tiefe Wahrheiten in schönen Sätzen. Das ist es, was Mariana
Lekys Buch „Was man von hier aus sehen kann“ ausmacht. Und das ist schon verdammt viel. Denn einen Roman über die Liebe zu schreiben, ohne in den Kitsch abzudriften, gelingt nur wenigen. Mariana Leky kann es.

Das liegt zum einen an ihrer präzisen, schlichten Sprache, an ihrem feinen Humor und der warmherzigen Darstellung ihrer Figuren, die – wie im richtigen Leben – natürlich nicht immer alles richtig machen.

Und es liegt am Thema des Buches, das uns allen nah zu sein scheint. Es geht eben nicht um die leichte, sorglose Liebelei, das barrierefreie, perfekte romantische Glück, wie man es in Schnulzen findet. Es geht um die Liebe unter schwierigen Vorzeichen, Liebe, die nicht einfach zu haben ist, Liebe in einem kleinen Dorf im Westerwald.

Hier hat die Liebe viele Formen: So muss Luise, die Erzählerin des Romans,  eine lange Zeit und tausende Kilometer hinter sich bringen, um den Mann, den sie liebt, wiederzusehen. Der Optiker muss viele Ängste überwinden, um Luises Großmutter Selma endlich zu sagen, dass er sie liebt.

Marlies, die verwahrloste Eigenbrötlerin erfährt, dass man sich auf die Hilfe aus dem Dorf verlassen kann. Dem gewalttätigen, alkoholabhängigen Jäger Palm geben die Dorfbewohner eine zweite Chance.

Und Luise erfährt nach dem tragischen Unfalltod ihres Sandkastenfreundes Martin und der Abwesenheit der Eltern, wie gut es ist, den Trost der Großmutter und des Optikers zu haben.

Die Wärme, Zusammenhalt und die augenzwinkernde Akzeptanz der zuweilen recht schrägen Bewohner dieses Mikrokosmos im Westerwald machen den Roman zu einem lesenswerten und tiefsinnigen Buch.

Mit einer aktuellen Botschaft des Optikers in Zeiten von Corona: „Keiner ist alleine, solange er noch ‚wir’ sagen kann.“

Ulrike Löhnertz

Mariana Leky: „Was man von hier aus sehen kann“, 2017, Dumont, ISBN 978-3-8321-9839-8

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