Bürger sollen künftig Bürger fahren

Bitburg/Prüm · Steigende Energiepreise, demografischer Wandel und der Wunsch nach Mobilität bis ins hohe Alter vertragen sich nicht. Insbesondere der große Eifelkreis steht beim öffentlichen Nahverkehr vor einem Problem. Eine Lösung könnte das von der Landesregierung unterstützte Projekt Bürgerbus sein. Wenn sich denn genügend Unterstützer finden.

Bitburg/Prüm. Schon jetzt ist das Busnetz im Eifelkreis Bitburg-Prüm löchrig. Und mit dem demografischen Wandel dürfte sich das Problem nach Einschätzung des Landrats Joachim Streit (siehe Interview) noch verschlimmern. Denn nur dank der derzeit noch hohen Schülerzahlen können die Busunternehmer wirtschaftlich arbeiten. Fallen Fahrgäste weg, so sind auf lange Sicht auch die Buslinien in Gefahr.
Ein generelles Problem, dem das Wirtschaftsministerium des Landes Rheinland-Pfalz mit der Förderung von Bürgerbussen begegnen möchte. Vorbild sind die Bürgerbusse in Nordrhein-Westfalen, die dort bereits seit 1985 fahren. Dort gibt es mittlerweile rund 90 Bürgerbusvereine, deutschlandweit sind es 160. Bürgerliches Engagement soll in dünn besiedelten Regionen den Linienverkehr ergänzen, der oft nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann - in die Bresche springen ehrenamtliche Fahrer von Kleinbussen. An dem Projekt beteiligt ist auch die Universität Trier. Prof. Andreas Kagermeier, der dort den Lehrstuhl für Freizeit- und Tourismusgeografie innehat, hat das Projekt kürzlich dem Seniorenbeirat des Eifelkreises nähergebracht.
"Wir wollen Initiativen fördern", sagt Kagermeier. "Der Bürgerbus in NRW ist eine Referenz, aber in Rheinland-Pfalz gelten andere Förder- und Rahmenbedingungen." So sollen im Land Vereine entstehen, die ehrenamtlich eine Buslinie betreiben. Erlaubt ist dies aber nur, wenn für die geplante Strecke kein paralleles Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPVN) besteht oder zwischen den Verbindungen eine Lücke von mehr als zwei Stunden klafft. Letzteres ist laut Kagermeier im Eifelkreis fast flächendeckend der Fall.
Für das große Kreisgebiet könne kein einheitliches Konzept gelten, sagt Kagermeier: "Initiativen sollen auf Orts- und Verbandsgemeinde-Ebene entstehen." Eine Einbindung in die lokale Infrastruktur sei möglich, so können auch die freiwillige Feuerwehr, das Deutsche Rote Kreuz oder eine Ortsgemeinde einen Bürgerbus betreiben. Mischmodelle zwischen einem Verein und einer Gemeinde oder dem Kreis seien ebenfalls denkbar, so lange sie kompatibel mit den Gesetzen sind. "Wir sind in einer Phase, in der nach kreativen Lösungen gesucht werden muss", sagt Kagermeier. Denn gute Verbindungen des ÖPNV gebe es nur auf wenigen Strecken.
Doch den beschworenen "kreativen Lösungen" stehen einige Hürden im Weg: Der Bürgerbus darf keine Konkurrenz zu Taxibetrieben und ÖPNV sein, in dessen Trägerschaft er betrieben wird. Abstimmung ist notwendig. Darüber hinaus besteht eine Bedienpflicht. Eine bestehende Strecke muss in jedem Fall betrieben werden - nach einem festen Fahrplan. "Nach unseren Erfahrungen sind für einen Bus 15 bis 20 Fahrer einzusetzen, damit das klappt", erläutert Kagermeier. Und: "Wenn vor Ort der Funke nicht überspringt, wird es für die Organisatoren sehr schwer, die Buslinie zu halten." Weiterhin seien eine Konzession und ein Fachkundenachweis für den Betreiber, Gesundheitszeugnisse und Personenbeförderungsscheine für die Fahrer Pflicht. "Der Bürgerbus ist kein Geschenk. Sie brauchen Kümmerer vor Ort, die sich der Sache annehmen", sagt Kagermeier.
Das Land will einige Hürden aus dem Weg räumen, um den Betrieb des Bürgerbusses zu unterstützen: So soll die Ausbildung der ehrenamtlichen Fahrer in Zukunft nicht mehr denselben Richtlinien unterliegen wie die von Berufskraftfahrern. Der Eifelkreis Bitburg-Prüm ist Mitglied im Verkehrsverbund Region Trier (VRT), in dem sich die Landkreise des ehemaligen Regierungsbezirks und die Stadt Trier zusammengeschlossen haben, um den Nahverkehr in der Region zu organisieren. Neun Busunternehmen betreiben im Eifelkreis insgesamt 32 Linien. Allerdings ist die Frequenz, mit der dort Busse fahren, sehr unterschiedlich. An Schultagen nutzen neben anderen Fahrgästen etwa 8000 Schüler und 900 Kindergartenkinder die Busverbindungen. Es gelten die Tarife des Verkehrsverbundes. kah

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