Sanierung Bürger wehren sich gegen Ausbaubeiträge für eine Straße in Speicher

Speicher · Die Stadt Speicher will die Straße „Hühnergarten“ sanieren. Doch dagegen regt sich Widerstand. Einige Anlieger wollen sich nicht an den hohen Ausbaukosten beteiligen und die Bauarbeiten gerne zurückstellen.

 Der „Hühnergarten“ ist eine Rumpelpiste und die Sanierung wird teuer. Doch wer soll das bezahlen?

Der „Hühnergarten“ ist eine Rumpelpiste und die Sanierung wird teuer. Doch wer soll das bezahlen?

Foto: TV/Christian Altmayer

Am 26. März liegt ein Umschlag im Briefkasten von Manfred Rodens. Und nicht nur beim Verbandsgemeindebürgermeister von Speicher: Auch Stadtchef Erdhard Hirschberg hat einen bekommen, Landrat Joachim Streit sowie diverse Landtags- und Bundestagsabgeordnete aus der Region. Der Anlass der Schreiben ist keine große Sache. Doch für die Absenderin (siehe Info) und einige andere geht es um Tausende Euro. Aber von Anfang an:

Die Stadt Speicher will die Straße „Hühnergarten“ sanieren (der TV berichtete). Die Planung für den Ausbau ist abgeschlossen. Die Anlieger hatten die Gelegenheit sich bei Versammlungen mit Vorschlägen einzubringen. Doch erst jetzt, wo die Vergabe des Auftrags an eine Baufirma bevorsteht, regt sich Widerstand in der Bürgerschaft. Und der Grund dafür liegt nicht etwa in der Töpferstadt – sondern im Mainzer Landtag.

Dort wird seit einiger Zeit über die Abschaffung der Ausbaubeiträge für Straßen diskutiert. Die CDU, die schon länger fordert, Bürger zu entlasten, wird inzwischen von der FDP, der Linken und der AfD unterstützt. Doch SPD und Grüne sperren sich dagegen, die Abgaben abzuschaffen, die manchen Anlieger Tausende Euro kosten.

Auch für die Bewohner des „Hühnergartens“ könnte es teuer werden. Der „Hühnergarten“ ist eine schmale, kurze Nebengasse zwischen dem Marktplatz und dem Merscheider Weg. Das heißt: Die Anzahl der Grundstückseigentümer ist nicht hoch. Auf den wenigen Schultern sollen die Hälfte der Gesamtkosten des Ausbaus lasten.

Die liegen nach aktueller Schätzung bei 314 718 Euro und sind damit rund 53 000 Euro höher als 2017 geschätzt. Der Grund: Tiefbau-Firmen aus der Region haben viel zu tun. Sie können sich ihre Aufträge aussuchen – und sie schauen aufs Geld. Die Anlieger müssen daher höhere Beiträge einbringen. Sie belaufen sich insgesamt auf 156 615 Euro.

Wieviel jeder einzelne beisteuern muss, kann die Stadtverwaltung pauschal nicht sagen. „Der Betrag bemisst sich nach der Grundstücksgröße, der Anzahl der Geschosse, und so weiter“, erklärt eine Sprecherin auf TV-Anfrage.

Seit einigen Wochen kämpft nun eine Frau aus Speicher gegen die Beiträge. Sie fordert, vor dem Hintergrund der Debatten im Landtag, in ihrem Brief, „die Zurückstellung“ des Ausbaus im „Hühnergarten“. Die Bagger sollen nach Ansicht der Absenderin zumindest so lange nicht rollen, „bis gekärt ist, ob die Straßenausbaubeiträge in Rheinland-Pfalz abgeschafft werden.“

Die Dame argumentiert weiter, die Straße sei gar nicht „so schlecht“. Und außerdem werde in den nächsten zwei Jahren das alte Kino im „Hühnergarten“  abgerissen. Und bei dem Errichten eines Neubaus sei „zu erwarten, dass die erneuerte Straße durch einen regen LKW-Verkehr wieder in Mitleidenschaft gezogen wird“.

Die Absenderin ist nicht die einzige, die das so sieht. Inzwischen haben acht Menschen aus dem „Hühnergarten“ und der angrenzenden „Hachtstraße“ den Brief unterzeichnet. Den Stadtrat können sie damit aber nicht umstimmen. Keine der Fraktionen ist bereit, den Ausbau der Straße zurückzustellen. Und das begründen die Kommunalpolitiker so:

„Für mich ist die Straße in keinem guten Zustand“, sagt Karin Plein (CDU). Ein „ordentlicher Ausbau“ sei notwendig und könne nicht warten bis das alte Kino abgerissen werde: „Ich weiß nicht, ob wir hier im Rat das noch erleben werden.“ Außerdem zeichne sich gar nicht ab, dass die Ausbaubeiträge in naher Zukunft wegfallen werden.

Auch VG-Bürgermeister Manfred Rodens (CDU) sagt: „Die Regierungsparteien haben am 29. März eine Abschaffung der Beiträge abgelehnt. Ob oder wann es anders kommen wird, weiß man nicht.“ Außerdem könne es für die Stadt teuer werden, wenn sie den Auftrag nicht vergebe. Eine Zusage habe die Firma bereits und damit Regressansprüche in Höhe von 80 bis 100 000 Euro. „Wir können es uns nicht leisten das Geld in den Sand zu setzen“, findet auch Katja Zunker (SPD).

Der Speicherer FDP-Chef Philipp Recktenwald will zwar an den Beiträgen festhalten, würde die Bürger aber gerne entlasten. „Wäre es nicht möglich, den Anteil der Stadt zu erhöhen?“, fragt der Liberale: „Sodass die Gemeinde 60 Prozent der Kosten trägt und die Bürger 40?“ Bauamtsleiter Edmund Weimann erteilt ihm eine Absage. Der Grund: Die Straße liege in einem verkehrsberuhigten Bereich und diene nach Landesrecht nur dem Anliegerverkehr. „Wir mussten alle möglichen Argumente auffahren, um auf die 50 Prozent zu kommen. 60 Prozent wären nicht begründbar.“ Recktenwald gibt sich geschlagen.

 Hühnergarten Speicher Straße altes Kino

Hühnergarten Speicher Straße altes Kino

Foto: TV/Christian Altmayer
 Hühnergarten Speicher Straße altes Kino

Hühnergarten Speicher Straße altes Kino

Foto: TV/Christian Altmayer

Letztlich entscheidet sich der Rat dafür, den Auftrag zu vergeben. Allerdings hat der Beschluss eine Hintertür: Wenn sich bis Mitte Juni abzeichnen sollte, dass die Beiträge doch wegfallen, könnten sie zurückerstattet werden. In den nächsten Wochen werden die Bürger aber erstmal zur Kasse gebeten. Das Geld muss da sein, bevor die Sanierung des „Hühnergartens“ im Juni beginnt.

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