Bürgermeister ruft, viele Einzelhändler kommen

Bürgermeister Joachim Rodenkirch will mit den Geschäftsleuten Wittlichs Innenstadt stärken. Die Resonanz auf die Einladung zum Erfahrungsaustausch war mit 60 Besuchern gut. Es ging um alte Probleme wie das Öffnungszeiten-Wirrwarr und Veränderungen durch das Einkaufszentrum.

Wittlich. Optiker, Friseur, Fotograf, Modegeschäftsinhaber, Metzger, Winzer: Wittlichs Geschäftswelt blickt auf ein Foto. Der Titel: "Wittlich vor 40 Jahren." Auf dem Schwarz-Weiß-Bild erkennt man das Postgebäude. Doch wie sieht der Schlossberg aus? Ist das die obere Burgstraße?

Längst hat die Stadtsanierung nicht nur rund um die Post die Kernstadt verändert. Das dokumentiert Leo Kappes, Stadtverwaltung, mit seinem Vortrag.

Das ist der Einstieg in die Versammlung der Einzelhändler. Wer weiß noch, dass in die Innenstadtsanierung 32 Millionen D-Mark an Fördermitteln flossen? Leo Kappes weiß es und seine Zuhörer jetzt auch.

Und sie wissen noch mehr. Denn im Schnelldurchgang stellt Bürgermeister Joachim Rodenkirch anschließend aktuelle Projekte wie Schlossgalerie, Vitelliuspark, Passagen-, Rathaus- und Hallenneubau vor. Investitionen von zig Millionen Euro. Dazu sagt er: "Da hat jemand an den Standort geglaubt." Die erste Hälfte der Veranstaltung dient einem Ziel: zeigen, was Wittlich hat, aus Sicht der Verwaltung. Was das mit dem Einzelhandel in der Kernstadt zu tun hat, fragt ein Zuhörer. "Eine Stadt lebt von der Gesamtheit ihrer Attraktivität", sagt Rodenkirch. Er appelliert "gemeinsam die Stärken zu stärken". Denn: "Wenn man gemeinsam in ein Horn bläst, wird der Ton viel lauter."

Doch wie man eine "Solidargemeinschaft" wird, das ist die Frage. Wie wäre es mit zuverlässigen Öffnungszeiten besonders an Samstagen? Früher öffnen, länger öffnen, den Einfluss des neuen Einkaufszentrums bedenken? Wie seit Jahren sind die Geschäftsleute beim Thema uneinig: "Bringt nichts", "Wird nicht durchgehalten", "Ist zu teuer". Demnach sprich alles dagegen. Aber es gibt einen neuen Ansatz. Besucherzählungen im Einkaufszentrum zeigen: Samstags bleiben auch dort die Kunden weg, wenn in der Stadt die ersten Geschäfte schließen: Das ist ab 13, 14 Uhr. Dazu sagt Geschäftsinhaber Franzkarl Lütticken: "Eine neue Erkenntnis ist, dass die Kundenfrequenz in der Innenstadt und in der Schlossgalerie voneinander abhängig sind." Darüber müsse man gemeinsam nachdenken.

Das ginge theoretisch im Stadtmarketingverein, in dem kein Geschäft des Einkaufszentrums Mitglied ist und auch viele Einzelhändler nicht. Michael Groth ist im Verein aktiv und sagt: "Es findet hier keine Solidarität unter den Geschäftsleuten statt. Am verkaufsoffenem Sonntag machen alle auf. Aber wenn die Rechnungen verteilt werden, werden die ignoriert."

Nach dem offiziellen Teil gibt es Wein und angeregte Diskussionen. Ein Geschäftsmann erklärt, was generell und schnell machbar sei: "Service, Freundlichkeit, Qualität. Eigentlich nichts Unmögliches."alo/col

Meinung

Begegnung ist wichtig

Unbedingt sollte die Stadt noch einmal einladen. Nur so können bestehende Zirkel aufgebrochen, Einzelkämpfer erreicht werden. Die Begegnung allein ist ein erster Schritt, all die wieder mit ins Boot zu holen, die nur vor der eigenen Haustüre kehren wollen: weil sich mehr Einsatz bislang aus ihrer Sicht nicht auszahlte, weil sie mit dem Stadtmarketingverein nichts anfangen können oder wollen, weil sie ihre Kraft brauchen, um ihre Existenz zu sichern oder umgekehrt bislang alleine klarkommen. Der Stadtmarketingverein hat das nicht geschafft, die Stadtpolitik nebst Verwaltung auch nicht. Das ist auch primär Aufgabe der Einzelhändler selbst. Kritik allein hilft nicht. Nun ist die Situation neu: Neuer Stadtchef, neues Einkaufszentrum. Am strittigen Thema Öffnungszeiten sollte man sich nicht wieder verbeißen. Aber wenn der Blick auf "die Innenstadt", so wie Kunden sie sehen, geöffnet werden kann, ist viel erreicht. s.suennen@volksfreund.de

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