Bürgernähe aus der Distanz

BITBURG-PRÜM. Bürgermeister von Verbandsgemeinden wohnen gewöhnlich in ihrer VG. Müssen sie aber nicht. Für Bitburg-Land-Bürgermeister Jürgen Backes ist die Präsenz in der VG wichtiger als der Wohnort.

"Wohnen Sie eigentlich immer noch in - wo war das noch gleich - Biewer, Herr Backes?" Eine Frage, die der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bitburg-Land, Jürgen Backes, am Rande von Beschlussfassungen, Vermittlungsgesprächen und Spatenstichen hin und wieder zu hören bekommt. "Ja", antwortet dieser dann ohne rot zu werden. Muss er auch nicht, ist ja schließlich die Wahrheit und an sich auch nichts Besonderes. Herr Backes wohnt in Biewer. Das liegt irgendwo bei Trier, gehört genauer genommen zu Trier und damit nicht zur Verbandsgemeinde Bitburg-Land, noch nicht mal zum Kreis Bitburg-Prüm, ja sogar noch nicht mal zur Eifel."Skandal!", ruft der Bürger, der in einem kleinen Ort in der Nähe von Bitburg wohnt und nachts nicht schlafen kann, weil er weiß, dass der Vertreter seiner Belange irgendwo, weit weg an der Mosel, tief und fest schlummert. "Ein Umzug steht derzeit nicht an", sagt der Bürgermeister, wichtig sei doch vor allem, "dass ich in der VG präsent bin". "Das wäre ja noch schöner", denkt sich der Bürger und sucht einige Kilometer nimsabwärts Rat in der benachbarten Verbandsgemeinde Irrel. Er sei von Daun nach Echternacherbrück gezogen, erinnert sich das inzwischen seit 21 Jahren amtierende VG-Oberhaupt Hans Michael Bröhl. "Das ergab sich aus der Natur der Sache", und er habe sich dann auch relativ schnell integriert. Doch ob damals bei der Auschreibung für den Bürgermeister-Posten der Wohnort in der Nähe des Arbeitsplatzes Voraussetzung war, dass wisse er nun wirklich nicht mehr."21 Jahre sind ja auch schon eine lange Zeit", resümiert der Bitburg-Land-Bürger und wendet sich deshalb an jemanden, der noch nicht so lange im Amt ist, wie beispielsweise Norbert Schneider, seit zwei Jahren Bürgermeister der Verbandsgemeinde Neuerburg. Es habe da "so einen Standard-Text" in der Ausschreibung gegeben, meint Schneider sich noch vage an die Stellenanzeige zu erinnern, auf die er sich damals beworben hatte. Er wechselte den Wohnort.Umzug nicht verlangt, aber erwartet

Doch das ergab sich auch - um es mit den Worten Bröhls zu beschreiben - "aus der Natur der Sache", denn das tägliche Pendeln von Helmstedt (in der Nähe von Magdeburg) nach Neuerburg war auf Dauer keine wirkliche Alternative zu seinem jetzigen Wohnsitz in Sinspelt. Und außerdem sei er so viel näher an den Bürgern, ergänzt Schneider."Bürgernähe hat was" denkt sich der Rat suchende Bürger und wendet sich an den Nächsten, der ihm vielleicht weiterhelfen könnte, zum Beispiel Patrick Schnieder, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Arzfeld. Der hat nach gewonnener Wahl auch den Wohnort gewechselt, ist außerdem gelernter Jurist und müsste es von daher wissen. "Das ist gesetzlich nicht verankert", verteidigt er das eingeschränkte Eifel-Bekenntnis seines Amtskollegen Backes, "das kann man nicht verlangen"."Verlangen" vielleicht nicht, aber "erwarten" schon. Deshalb ist Bernd Spindler, Chef der Verbandsgemeinde Kyllburg, von Prüm nach Neustraßburg gezogen. Und wo der Bürger sich mit Kyllburg schon am Rande des Kreises bewegt, fragt er außerdem noch im Kreis Daun nach. "Es gibt keine Residenzpflicht", betont Matthias Pauly, Bürgermeister der VG Gerolstein, das müsse jeder für sich selbst entscheiden. Auch er ist umgezogen, von Sinspelt nach Gerolstein, und spart sich dadurch täglich anderthalb Stunden Fahrzeit. Der Arbeitstag sei ohnehin lang genug, stellt Pauly fest. Das sieht auch der Bitburger VG-Chef Jürgen Backes so, kommt allerdings zu einer anderen Schlussfolgerung, nämlich der, nicht umzuziehen: "Wenn ich nur einen Fünf-Tage-Job machen würde, dann wäre das etwas anderes."

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