Bulgaren werben um die Herzen der Deutschen

BITBURG. Das 40. Internationale Folklore-Festival ist eröffnet: In den kommenden vier Tagen werden Tausende Besucher das Spektakel in der Bierstadt miterleben. Den Auftakt machte am Mittwochabend ein lehrreicher und temperamentvoller bulgarischer Abend.

Es hat schon Tradition in Bitburg, dass allsommerlich am Vorabend des Folklore-Festivals - in diesem Jahr das 40. - mit Blick auf die europäische Idee auch ernstere Töne angeschlagen werden. Die Polen taten das, dann die Ungarn und 2003 die Ukrainer. Am Mittwochabend setzte ein Bulgarischer Abend im Festsaal des Hauses Beda die Serie fort. Sinn der Sache: Ein ausgewähltes Land kann das Umfeld des Grenzlandtreffens nutzen, um sich und seine Vorzüge darzustellen. Und wie tut man das erfolgreich?Musik, Tanz und eine Botschaft für Europa

Indem etwa die Bulgaren erst einmal eine 20-köpfige Folkloregruppe auf die Bühne schicken, die in farbenfroher Tracht einen intensiven Eindruck von der musikalischen und tänzerischen Tradition des Landes vermittelt; alsdann (Premiere: Erstmals hält eine Frau diese Festrede) zieht der attraktive Kulturattaché Veska Jordanova von der bulgarischen Botschaft in Berlin das Publikum in den Bann der Geschichte und Kultur ihres Landes; und bevor sie das tut, befördert sie in ihrer Anrede den frisch wiedergewählten Bitburger Verwaltungschef Joachim Streit kurzerhand einmal zum Oberbürgermeister. Bleibt noch zu erwähnen der kleine Fahnenträger, der nach den ersten musikalischen Auftritten beinahe mitsamt seiner bulgarischen Flagge verloren gegangen wäre, dann aber von Beifall begleitet noch rasch hinter die Bühne huscht. Zum Glück, denn er wird später noch gebraucht. Rednerin Jordanova zieht alle Register, um kräftig die Werbetrommel für ihr Land zu rühren. Ihre Botschaft: Bulgarien ist immer ein europäisches Land gewesen, und nun wird es höchste Zeit, dass der Beitritt zur Europäischen Union über die Bühne geht. Das ist für 2007 vorgesehen. Jordanova legte eine gute halbe Stunde lang dar, aus welcher europäischen Verwurzelung heraus und mit welch hohem Tempo die Bulgaren dabei sind, ihr Hausaufgaben dafür zu erledigen. Kein Wunder, die Bulgaren sind fleißig. Sie waren nach der Legende auch emsig auf dem Feld zu Gange, als der liebe Gott nach Erschaffung der Welt das Land an die Völker verteilte. So bekamen sie nichts ab - dafür aber das Paradies geschenkt. Das lässt EU-mäßig noch auf sich warten. Jordanova macht keinen Hehl daraus, dass Bulgarien in der Sache sehr auf Deutschland setzt. "Selten gibt es in der Geschichte Wunder. Aber es ist beachtenswert, dass unsere beiden Völker immer zusammen gegangen sind und freundschaftliche Beziehungen gepflegt haben", sagt sie.Hüter des ältesten Goldschatzes der Welt

Deutschland ist seit jeher der führende Handelspartner Bulgariens in Europa gewesen - auch touristisch. Im vergangenen Jahr haben 500 000 Deutsche Urlaub in Bulgarien gemacht. Es lohnt sich - nicht nur, weil die Bulgaren den ältesten Goldschatz der Welt haben. Demnächst - so wirbt Jordanova weiter - wird in Bonn eine sensationelle Thraker-Ausstellung eröffnet. Im Fritz-von-Wille-Raum des Hauses Beda, wo die Rede per Video live übertragen wird, werfen sich schon Pärchen verständigende Blicke zu: Da müssen wir hin. Als sich Frau Kulturattaché ins Goldene Buch der Stadt Bitburg einträgt, hat Joachim Streit keine Ruhe, bis auch der kleine Fahnenträger mit an den Tisch getreten ist. Mit stolz geschwellter Brust und ernster Miene lässt er es geschehen, dass ihm der "Oberbürgermeister" den neuen offiziellen Festival-Pin anheftet. Dann liest Streit vor, was Frau Jordanova ins Buch geschrieben hat. Dass nämlich Deutschland Bulgariens wichtigster Partner ist und bleibt. Und: "Kommen Sie zu uns, und Sie werden sich überzeugen, und Ihr Herz bleibt bei uns!" Nach dem kraftvollen Applaus für diese Einladung gibt es dann Bit und bulgarische Spezialitäten - und Folklore im Sommercafé. Damit geht es heute weiter, in der ganzen Stadt, vier Tage lang.

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