Campus ist nicht gleich Campus: Seit drei Jahren Verhandlungen um privates Gymnasium in Speicher

Speicher · Die Speicherer wollen eine neue Schule. Und ein "Raiffeisen-Campus" soll es werden. Ein gewisser Jens Feld soll eine Machbarkeitsstudie anfertigen. Das Problem: Der Mann arbeitet schon seit 2014 nicht mehr für diesen Träger.

Speicher. "Raiffeisen-Campus, Raiffeisen-Campus, Raiffeisen-Campus" - immer wieder ist dieser Begriff gefallen in der jüngsten Sitzung des Speicherer Verbandsgemeinderates. Ein solcher soll im Gebäude der städtischen Realschule entstehen, hieß es (der TV berichtete). Hintergrund: Diese wird ab dem Sommer 2018 wohl leerstehen.

Seit mehr als drei Jahren befindet sich der Rat nun in Verhandlungen mit Jens Feld. Dieser soll das private Gymnasium in Speicher möglich machen. Bald will man ihn beauftragen eine Machbarkeitsstudie zu erstellen - so wurde es im Rat beschlossen. Kostenpunkt: 12 000 Euro. Nur gibt es da ein kleines Problem: Die Vertreter des Raiffeisen-Campus wussten davon bislang noch nichts. Als Reaktion auf einen Artikel vom 12. November wandte sich Vorstandsmitglied Martina Düring per E-Mail an den TV. Dort heißt es: "Es gibt in Deutschland nur einen Raiffeisen-Campus. Es ist ein privates Gymnasium mit Schwerpunkt soziale Bildung und es befindet sich in Dernbach bei Montabaur." Und was ist mit der Schule in Altendiez, der Schule, die Jens Feld leitet? "Das Gymnasium und die dort handelnden Personen haben nichts mit dem Raiffeisen-Campus zu tun", schreibt Düring. In Speicher könne somit auch kein solcher entstehen. Den Markenname habe man sich schützen lassen.

Wenn das die Sachlage ist, warum darf Feld dann eine solche Machbarkeitsstudie durchführen? Den Namen "Raiffeisen-Campus" kann er jedenfalls nicht verwenden. Tue er ja auch nicht, sagt dieser auf Nachfrage des TV. Was die VG Speicher in ihre Beschlussvorlagen schreibe - da habe er keinen Einblick. Er sei damals zwar Gründungsmitglied des Raiffeisen-Campus gewesen. Seit nunmehr zwei Jahren gehe man aber getrennte Wege. Der sogenannte Oranien-Campus in Altendiez, dem er vorsteht, sei zwar vom Konzept her ähnlich, aber es gebe schon einige Unterschiede zur Raiffeisen-Schule, beispielsweise was den Lehrplan angeht. Für die Speicherer prüfe er, ob in Speicher ein Oranien-Gymnasium möglich wäre, keine Raiffeisenschule."Schlampige Vorlage?"


Offenbar ist das im Verbandsgemeinderat aber noch nicht angekommen. In der Beschlussvorlage der jüngsten Sitzung taucht weiterhin der Name Raiffeisen auf. Berufen wird sich dort auf ein Gespräch mit Feld aus dem Jahr 2013. Damals arbeitete dieser noch für den Campus in Wirges. Dieser ist mittlerweile nach Derbach umgezogen, was in der Vorlage allerdings nicht erwähnt wird. Während sich rund um das Raiffeisen-Team und deren Schulmodell also einiges verändert hat, greift man in Speicher auf Dokumente von vor drei Jahren zurück. Und was bleibt übrig nach alldem? Wird in der alten Realschule doch kein Raiffeisen-Campus entstehen?

"Naja", sagt Bürgermeister Manfred Rodens, "auf den Namen kommt es ja nicht an." Der stehe eben noch drin in der alten Vorlage. Haben die Verwaltung und die Ratsmitglieder sich denn mal mit dem Konzept der Oranien-Schule genauer auseinandergesetzt? Den Campus in Altendiez habe man sich natürlich angesehen und mit den Verantwortlichen gesprochen, sagt Rodens.

Die SPD-Politikerin Agnes Tillman-Steinbuß jedenfalls ist verärgert über die "schlampige Vorlage". Im Endeffekt, sagt sie, werde über den Raiffeisen-Campus abgestimmt, obwohl es eigentlich um die Oranien-Schule gehe.Meinung

Namen sind nur Schall und Rauch?
Das muss man sich mal vorstellen: Stundenlang diskutieren die Ratsmitglieder über die Vor- und Nachteile eines Schulkonzepts, dessen Namen sie nicht kennen. Raiffeisen oder Oranien? Egal! Hauptsache Italien, oder wie? Hier wurde bestenfalls bei der Vorlage geschlampt. Schlimmstenfalls hat man sich mit den beiden Schulmodellen nicht richtig auseinandergesetzt. Und auf einer solchen Basis fällt der Rat dann Entscheidungen über fünfstellige Summen. So darf es nicht laufen! c.altmayer@volksfreund.de

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