Vortrag in Prüm Die Spielregeln gelten nicht mehr

Prüm · Bei der Vortragsreihe des Geschichtsvereins Prümer Land zeichnete Carlo Masala ein trübes Bild der internationalen Politik.

 Carlo Masala ist Professor für internationale Politik an der Universität der Bundeswehr. Im Rahmen der Vortragsreihe Brennpunkt Geschichte im Konvikt Prüm analysierte er die aktuelle weltpolitische Situation.

Carlo Masala ist Professor für internationale Politik an der Universität der Bundeswehr. Im Rahmen der Vortragsreihe Brennpunkt Geschichte im Konvikt Prüm analysierte er die aktuelle weltpolitische Situation.

Foto: Vladi Nowakowski

„Weltunordnung“ heißt das Buch des Professors an der Universität der Bundeswehr und gefragten Kommentators für deutsche und ausländische Medien. Der Untertitel verdeutlicht, wen Carlo Masala für das herrschende Chaos zumindest mitverantwortlich macht: „Die globalen Krisen und das Versagen des Westens.“

Der Satz lässt befürchten, dass im gut besuchten Prümer Konvikt einen Abend lang Schwarzweißmalerei betrieben wird, doch Masala macht sich die Sache nicht so einfach. Die Krisenherde der Welt wie Afghanistan, Irak, Lybien, Syrien, die Ukraine, die Türkei oder Nordkorea sind nicht losgelöste Inseln – sondern Teil eines Spiels, in dem es nicht nur Gut und Böse gibt.

Und anscheinend haben alle Parteien die Spielregeln vergessen. Carlo Masala fragt, wie es dazu kommen konnte und begibt sich in seinem Vortrag auf Spurensuche. „Konflikte gab es schon immer“, sagt Masala. „Doch es existieren keine Großmächte mehr, die einen ordnenden Einfluss darauf haben könnten oder wollten. Obwohl sie durchaus selbst Akteure in den Krisengebieten sind.“

Nach dem Ende des kalten Krieges seien die USA alleinige Großmacht, doch die Hoffnung, das internationale System nach den eigenen Vorstellungen umzugestalten sei geplatzt. Folge: „Die Vereinigten Staaten handeln zunehmend lediglich nach eigenen Interessen. Und das nicht erst seit Präsident Trump und seinem Spruch ,America first’.“

Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, der IWF (Internationaler Währungsfonds) oder die NATO stünden den US-Amerikanern im Wege und werden vermehrt geschwächt.

„Doch auch die sogenannten Aufsteiger Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika spielen längst nur noch nach ihren Regeln. Das ist ein zentraler Bruch in der internationalen Politik.“

Ein Ergebnis seien Ad-hoc-Koalitionen der Staaten, die keine Stabilität garantierten oder auch garantieren wollten, weil sie nicht auf Dauer angelegt sind.

„Auch Deutschland predigt Multilateratismus, handelt aber, je nach Interessenlage allein“, sagt der Professor.

„Ganz ohne Wertung: Der Alleingang Deutschlands in der Flüchtlingsfrage hat in Europa 2015 zu Problemen geführt.“

Zudem habe die deutsche Außenpolitik bisher nur in Bruchteilen verstanden, wie sehr sich die Welt innerhalb kurzer Zeit verändert hat. „Die USA brechen Handelskriege vom Zaun, weil sie daran niemand hindern kann – China macht, was es will, weil niemand einschreiten kann.“

Eine erschreckende Tatsache sei, dass die atomare Aufrüstung stetig zunehme: „Wir haben wieder das Niveau von 1988 erreicht.“ Es gebe keine einfachen und guten Antworten, schließt Carlo Masala. „Wir müssen uns daran gewöhnen, dass die neue Weltunordnung die internationale Politik noch lange Zeit kennzeichnen wird.“

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