CDU-Empfang: Die Fronten sind verhärtet

Zum ersten Mal seit der sogenannten Polizeidaten-Affäre ist der umstrittene CDU-Landtagsabgeordnete Michael Billen (54) gestern vor einem größeren Publikum aufgetreten. Beim CDU-Neujahrsempfang traf der Bitburg-Prümer Parteichef auf seinen parteiinternen Widersacher Patrick Schnieder. Ergebnis: Die Fronten sind verhärtet, keiner gibt nach.

Bitburg. Wer an diesem Sonntagmorgen in den Saal des Hotels Eifelbräu gelangen möchte, muss erst einmal ein Hindernis überwinden. Genauer gesagt ist es ein Engpass, den eine Handvoll Bitburger Christdemokraten vor der Eingangstür errichtet hat: mit einem überdimensionalen Konterfei des seit Wochen unter Beschuss stehenden Kaschenbacher Abgeordneten.

Gleich nebenan können die Besucher als Zeichen ihrer Solidarität Unterstützungsunterschriften auf eine Flipchart-Tafel kritzeln. Zum Dank verteilen Helfer orangefarbene Buttons mit nach oben gestrecktem Daumen und der Aufschrift "Billen - wir stehen hinter dir". "Wer solche Freunde hat, braucht keine anderen mehr", entfährt es dem zuletzt stark in der Kritik stehenden Abgeordneten, als er eine knappe Stunde vor Veranstaltungsbeginn vorbeischaut.

Zu diesem Zeitpunkt sind bereits die ersten 50 Besucher im Saal; später werden es über 500 sein und damit beinahe so viele, wie zuletzt beim Auftritt von CSU-Mann Günther Beckstein vor sechs Jahren. Dabei ist der Festredner dieses Mal kein lang gedientes politisches Schwergewicht wie Beckstein, niemand, der verbal poltern und die Stammtische zum Johlen bringen kann, sondern ein eher ruhiger und noch recht junger Vertreter seiner Zunft: Patrick Schnieder (41), der seit dieser Legislaturperiode den Wahlkreis Bitburg in Berlin vertritt.

Schon wegen der räumlichen Distanz kein einfacher Job. Doch er erscheint harmlos, verglichen mit der Herkules-Aufgabe, die Schnieder derzeit in seinem Heimatwahlkreis zu lösen hat. Da sitzt nämlich mit Michael Billen ein CDU-Landtagsabgeordneter, Kreis- und Bezirksvorsitzender, den seit der Polizeidaten-Affäre viele in der Partei nicht mehr mögen, was noch liebevoll ausgedrückt ist. Kaum ein CDU-Parteigremium, das in den letzten Wochen nicht mehrheitlich zumindest Billens Rücktritt als Parlamentarier gefordert hätte. Bislang vergeblich.

"Schnieder muss das lösen", ist aus dem Landesvorstand der Partei zu hören. Wenn das denn mal so einfach wäre.

"Ist das hier die Einlasskontrolle", scherzt der Zwei-Meter-Mann, als er an diesem Morgen den Saal betritt. Den Pro-Billen-Anstecker lehnt Schnieder dankend ab, auch für eine Unterschrift ist er nicht zu haben. Warum, wird später deutlich. Erst gegen Ende seiner einstündigen Rede spricht der designierte Bezirksvorsitzende das Thema an, das alle Anwesenden mehr interessiert als Wachstumsbeschleunigungsgesetz oder Steuerreform. Da sagt Schnieder Sätze wie: "Es geht um das große Ganze" oder "Politik hat eine moralische Vorbildfunktion". Die verklausulierte Botschaft dahinter: Michael Billen, sein einstiger Förderer, muss wegen der Polizeidaten-Affäre zurücktreten und den Weg freimachen für einen personellen Neuanfang.

Etwa die Hälfte im Saal applaudiert. Der nur ein paar Meter entfernt sitzende Billen mag zu diesem Zeitpunkt innerlich kochen; äußerlich ist ihm das kassierte gute Dutzend verbaler Nadelstiche kaum anzumerken. Aber er geht noch einmal hinters Mikrofon und sagt einen Satz, der nicht nur in den Ohren Schnieders wie eine Kampfansage geklungen haben muss: "Es ist gut, wenn wir um die bessere personelle Alternative streiten und auf einem Kreisparteitag darüber entscheiden." Das ist, ebenfalls verklausuliert, die Nachricht des Tages. Sie heißt im Klartext: Ich gebe nicht klein bei und will bei der nächsten Landtagswahl erneut als Direktkandidat für die Bitburg-Prümer CDU ins Rennen gehen.

Die Zuhörer mit den orangefarbenen Buttons klatschen am lautesten. Kommentar auf Seite 2

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