Soziales Eifeler spendet Stammzellen für US-Jungen

Bleialf · Christoph Leinen aus Bleialf hat einem Elfjährigen vielleicht das Leben gerettet. Und das mitten im Examen.

 Werben für mehr Stammzellspenden: Spender Christoph Leinen und Karin Heck von der  Stefan-Morsch-Stiftung.

Werben für mehr Stammzellspenden: Spender Christoph Leinen und Karin Heck von der  Stefan-Morsch-Stiftung.

Foto: tv/Stefan-Morsch-Stiftzung/Andrea Djifroudi

Christoph Leinen ist Maschinenbau-Ingenieur. Er ist 27 Jahre alt und stammt aus Bleialf. Er hat drei Geschwister. Er  spielt Posaune im Alftal-Blasorchester. Er fährt Motorrad. Er geht regelmäßig beim DRK Blut spenden. Und im Moment sucht er nach erfolgreichem Studienabschluss einen Job. Ein ganz normales Leben.

Das hat sich vor einiger Zeit ein bisschen geändert. Denn jetzt ist der Eifeler möglicherweise Lebensretter. Mit einer Stammzellenspende hat er  2019 einem todkranken Jungen  in den USA geholfen, wieder gesund zu werden.

„Eine ganz normale Sache“, findet Leinen und will – das sei eben sein Naturell – kein großes Aufhebens darum machen. Aber ganz kommt er doch nicht drum herum. Schließlich hat das Kind, dem er geholfen hat, auch Eltern und Geschwister, die wissen, was es bedeuten kann, wenn jemand, den man liebt, sterben könnte. Und so ist Leinen seit kurzem im Besitz fünf besonderer Postkarten. Allesamt Dankesschreiben aus den USA – von dem Elfjährigen selbst, seinen beiden Geschwistern und den Eltern. Mit rührenden Worten, die vor allem drei Dinge spüren lassen:  wie schrecklich die Zeit des Wartens auf eine Spende gewesen sein muss, wie erlösend die Nachricht war, dass ein Spender gefunden wurde, und wie dankbar alle dem Eifeler sind.

Denn die Übertragung (Transplantation) gesunder Blutstammzellen ist für viele Patienten die letzte Hoffnung auf Leben. Sie kommt erst infrage, wenn die Behandlung mit einer Chemotherapie oder Bestrahlung nicht mehr ausreicht. Zudem ist die Chance, dass jemand gefunden wird, dessen Gewebemerkmale so gut auf die eines kranken Menschen passen, gering: Laut Zentralem Knochenmarkspender-Register für die Bundesrepublik Deutschland werden nur etwa ein Prozent der Spender, die registriert sind, jemals tatsächlich Blutstammzellen spenden.

Also war es für den Jungen in den USA ein Glücksfall, dass sich ein Mensch — quer über den Atlantik – an einem ganz normalen Tag im Jahr 2016 beim Blutspenden   ein zusätzliches Röhrchen Blut abnehmen ließ. Genauer gesagt 5,6 Milliliter. So viel brauchte die Stammzellspenderdatei „Stefan-Morsch-Stiftung“ um Leinen, damals noch Maschinenbaustudent in Birkenfeld, registrieren zu können.  „Ich finde das eine gute Sache und hatte schon länger vor zu spenden. Und damals war einfach eine gute Gelegenheit, das zu tun“, erzählt er.

Und 2019 dann die Nachricht: Leinen soll zur Voruntersuchung kommen.  Mit einem positiven Ergebnis: Alle relevanten Gewebemerkmale des Eifelers stimmen mit denen des amerikanischen Jungen überein. Ein optimaler Wert, um vielleicht das Leben des Kindes retten zu können. Obwohl Leinen kurz vor dem Abschluss seiner Masterarbeit steht, willigt er ein, Knochenmark zu spenden.

Der Eingriff unter Vollnarkose, bei dem aus dem Beckenkamm etwa ein Liter des flüssigen Marks abgesaugt wird, ist für den damals 26-Jährigen ungewohnt, aber, wie er sagt, „keine große Sache“. Er habe sich  ein paar Tage schlapp gefühlt – besonders beim Treppensteigen – aber das Unwohlsein sei nach einer Woche  wieder verschwunden.

Nicht verschwunden sind allerdings fünf Postkarten und der Wunsch, in einigen Monaten Nachrichten aus den USA zu bekommen, wie es dem Jungen geht. Denn etwa ein halbes Jahr müssen Spender darauf warten, um eine erste Information zu erhalten. Der Kontakt läuft völlig anonymisiert über die Klinik in den USA und die Stefan-Morsch-Stiftung: Weder Spender noch Empfänger sollen sich, so will es das Gesetz, mit Namen kennen.

„Dann werde ich etwas darüber wissen, wie es dem Jungen in den ersten Wochen nach der Stammzellen-Übertragung gegangen ist“, sagt Leinen. Zu diesem Zeitpunkt kann man bereits erste Tendenzen erkennen, wie die Spende vom Körper des Empfängers aufgenommen wurde. Dass das noch zu früh ist, um zu wissen, ob der Elfjährige die Krankheit wirklich überstanden hat, ist Leinen klar. Denn bei einigen Patienten kommt es auch danach noch zu Komplikationen.

Daher möchte er, wenn die Familie des Jungen einverstanden ist, nach zwei Jahren erneut Kontakt aufnehmen und die Familie sogar kennenlernen. Dies ist nach amerikanischem Recht möglich, variiert aber je nach Land.  „Es würde mich freuen, wenn wir uns sehen könnten“, sagt Leinen. Dafür würde er sogar in die USA reisen.

Jetzt hat er der Familie aber erst mal eine Postkarte geschrieben. Anonym, versteht sich. Aber das könnte sich in zwei Jahren ändern.

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