Dahlem, eine niedrig gelegene Siedlung

Rund 650 Kilometer von Dahlem in der Eifel entfernt liegt der gleichnamige Berliner Stadtteil. Der Namensforscher Professor Jürgen Udolph erklärt, wie die Namensgleichheit zustande gekommen sein könnte.

 Der „Bus des Anstoßes“: Das Ziel „Dahlem-Dorf“ auf einem öffentlichen Verkehrsmittel in der Hauptstadt Berlin verwundert Besucher aus der Eifel. Foto: Ronald Larmann

Der „Bus des Anstoßes“: Das Ziel „Dahlem-Dorf“ auf einem öffentlichen Verkehrsmittel in der Hauptstadt Berlin verwundert Besucher aus der Eifel. Foto: Ronald Larmann

Berlin/Dahlem. Was hat der Rattenfänger von Hameln mit dem Eifelort Dahlem zu tun? Auf den ersten Blick überhaupt nichts. Doch wenn dann noch Berlin ins Spiel kommt, lässt sich ein klitzekleiner Zusammenhang herausfinden. Angefangen hatte alles mit einer Berlin-Reise. Bei Bekannten im Berliner Stadtteil Lichterfelde untergekommen, wunderte sich der Besucher aus der Eifel, dass von Berlin aus Busse bis in die Nähe seiner Heimat fahren. "X11 U Dahlem-Dorf" war vorne auf den Leuchtschildern der Busse zu lesen. Ein kurzer Blick auf die Karte Berlins offenbarte die Lösung des ersten Rätsels: Dahlem ist ein Stadtteil der Hauptstadt.

Ein Anruf beim Namensforscher



Doch wie kommt die Namensgleichheit zustande? Immerhin ist das wunderschön ländliche Dahlem rund 650 Kilometer entfernt von dem hektischen Treiben der Großstadt. Ein Anruf bei Professor Jürgen Udolph bringt Klarheit. Der Namensforscher erklärt erst einmal, was Dahlem überhaupt bedeutet. Der Ursprung liege im Niederdeutschen, so Udolph, und bestehe aus zwei Bestandteilen. "Erstens aus dem Dahl, was für unser heutiges Tal steht." Der zweite Teil stehe für Heim. "Zusammengesetzt wird daraus eine niedrig gelegene Siedlung", sagt der Namensforscher.

So weit, so gut. Aber noch immer ist nicht klar, wie die Ortsbezeichnung Dahlem nun aus der niederdeutschen Region des Westens langsam Richtung Osten nach Berlin wanderte. Doch Professor Udolph wäre nicht Professor Udolph, wenn er dafür nicht auch eine Erklärung hätte. Und nun kommt der Rattenfänger von Hameln ins Spiel. Denn der vermeintliche Rattenfänger machte vermutlich Propaganda für die Besiedlung neuer Gebiete und suchte Freiwillige. Wissenschaftler, darunter auch Udolph, erklären den sagenhaften Auszug mit dem großen Treck nach Osten, der im 13. Jahrhundert für viele Menschen in den überfüllten Städten ein Rettungsanker war.

Belegt ist, dass professionelle, bunt gekleidete Werber - sogenannte Lokatoren - in Begleitung von Trommlern oder Pfeifern im Auftrag des Deutschen Ritterordens unterwegs waren, um Siedler für die Kolonisation der unbebauten Flächen im Osten zu gewinnen. Kostenloses Land und Abgabenfreiheit erhöhten den Anreiz. Udolph hat für diesen speziellen Fall in Brandenburg, in der Uckermark und in Pommern zwölf Orte identifiziert, die ähnlich heißen wie alte Orte aus der Region Hameln und dem Weserbergland. Denn Auswanderer benennen ihre neue Heimat nicht selten nach der alten - als Erinnerung an ihre Wurzeln.

Und genau das könnte auch mit dem Ort Dahlem geschehen sein. Doch Udolph ist skeptisch, dass der Eifelort hier Pate gestanden hat. "Das ist vermutlich zu weit weg", erklärt Udolph. Wahrscheinlicher wäre ein Ort Dahlen im Landkreis Stendal nahe Magdeburg. Doch während der Namensforscher all dies erwähnt, blättert er in seinen Büchern - und plötzlich findet er in einem Werk doch einen Eintrag, der den Ort Dahlem bei Blankenheim mit Berlin in Verbindung bringt. Aber auch das sei ein eher schwacher Beleg, so dass der Zusammenhang zwischen Eifel-Dahlem und Berlin-Dahlem doch nur klitzeklein ist - sie haben "nur" den gleichen Namen.

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