Damals, als im Römerkastell die Post abging

Bitburg · Es ist nicht das Bier, das den jungen Bayern regelmäßig nach Bitburg zieht. Ihm geht es um die römischen Grabungsfunde und die gut erhaltene Stadtmauer des ehemaligen Kastells Beda. Darüber schreibt Ferdinand Heimerl aus Augsburg seine Doktorarbeit. Auf einem Stadtrundgang hat er dem TV erzählt, was für ihn an Bitburg so besonders ist.

 Fenster in die Zeit: Der Archäologe Ferdinand Heimerl ist begeistert, dass die Römermauer in Bitburg so saniert wurde, dass man tatsächlich ein Stück Mauer aus der Römerzeit sieht. Während die behauenen Handquader aus dem Mittelalter stammen, als die Mauer verdickt wurde, sind die naturbelassenen Kalksteine mit dem lachsfarbenen Mörtel dahinter original römisch. TV-Foto: Wilma Werle

Fenster in die Zeit: Der Archäologe Ferdinand Heimerl ist begeistert, dass die Römermauer in Bitburg so saniert wurde, dass man tatsächlich ein Stück Mauer aus der Römerzeit sieht. Während die behauenen Handquader aus dem Mittelalter stammen, als die Mauer verdickt wurde, sind die naturbelassenen Kalksteine mit dem lachsfarbenen Mörtel dahinter original römisch. TV-Foto: Wilma Werle

Foto: Wilma Werle (wiw) ("TV-Upload Werle"

Bitburg. Rom hat das Kolosseum, Trier die Porta Nigra und Bitburg - die Schlupflöcher. Schon die alten Römer wussten sich eine Tür offen zu halten, um einen Ausweg zu haben, wenn's brenzlig wurde. In Bitburg sind diese Schlupflöcher in der spätantiken Stadtmauer erhalten - eines von vielen römischen Relikten, die den jungen Augsburger Ferdinand Heimerl bei seiner Doktorarbeit über das römische Beda begeistern.
Stadt Geschichte


"Die hervorragend erhaltene Stadtmauer mit ihren 13 Türmen ist das ,Zuckerl' hier, was den Ort besonders macht", sagt der junge Mann zu dem, was für einen Archäologen die Besonderheit Bitburgs ausmacht. "Wo gibt es sonst so hoch erhaltene Mauerwerke?"
Heimerl muss es wissen. Der 27-Jährige stammt aus einer Archäologenfamilie und hat schon an etlichen historischen Orten dieser Welt gegraben und geforscht: in Xanten, am Hadrianswall in Großbritannien oder in der libyschen Steinwüste. "Bitburg ist für die Spätantike ein wichtiger Platz", ist er überzeugt. "Die Jupitersäule, die als Nachbau heute in der Hauptstraße steht, über 30 Steindenkmäler und auch gefundene Inschriften belegen die Bedeutung der Stadt", erklärt Heimerl. Für den jungen Forscher steht fest: "Bitburg war kein Kaff. Es war Tagesstation auf dem Weg von Trier nach Köln, es gab Kult und Theater. In Bitburg war richtig was los." Für Besucher ist vieles davon nicht erkennbar. Wer kann schon auf dem Steinfragment an der Römermauer entziffern, dass ein edler Spender jährlich 50 000 Denare stiftete für Theateraufführungen? Ein Theater aber, das belegt diese Inschrift, muss es also mal in Bitburg gegeben haben - wenn auch bisher keiner weiß, wo es sich befunden haben soll (der TV berichtete).
Heimerl will die Geschichte der Stadt aufarbeiten. Vom 1. bis 3. Jahrhundert war Beda ein langgezogenes Straßendorf mit einem Gräberfeld im Süden. In den Jahren 275 und 276 soll es von Germanen zerstört worden sein, so die bisherige Forschung.
Stimmt das so, fragt Heimerl in seiner Promotionsarbeit. Und was ist danach passiert? Warum gab es so ein großes Schutzbedürfnis? Denn die archäologischen Funde belegen: Im 4. Jahrhundert gab es bereits das in Rundform angelegte Kastell mit seinen 3,80 Meter hohen Mauern und den vermutlich 17 Meter hohen Türmen, den Schlupflöchern für den Notfall und einem breiten Graben außen herum.
Bei seiner Arbeit, die fachlich begleitet wird von Professor Michael Mackensen von der Universität München, greift Heimerl vor allem zurück auf die Vorarbeit von Marcus Thiel. Der Grabungsleiter des Rheinischen Landesmuseums Trier, der seit 30 Jahren in Bitburg nach Zeugnissen aus vergangenen Zeiten forscht und beinahe jeden Stein in der Stadt schon einmal herumgedreht hat, "ist für mich ein Held", lobt Heimerl, der für sein Projekt extra nach Trier gezogen ist. Am Landesmuseum hat er die Unterstützung von Museumsleiter Dr. Marcus Reuter und Zugriff auf alle bisherigen Funde und Materialien.
Drei Jahre lang will er forschen. Herauskommen soll nicht nur seine Doktorarbeit, sondern auch die Stadt Bitburg wird von Heimerls Erkenntnissen profitieren: Sie sollen einfließen in den römischen Rundweg, der zwar seit 1995 existiert, den die Stadt aber neu aufbereiten und attraktiver gestalten will. Heimerl hat auch dafür erste Ideen: "Am Spielplatz in der Geibengasse, direkt neben dem Turm mit dem Schlupfloch, könnte ich mir ein Graffiti vorstellen, das ein römisches Modell zeigt oder eine Tafel mit Infos, die auch Kinder verstehen."

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