Das Bier und die Kuh

Bitburg · Ein Lächeln auf den Lippen, in der Hand ein kühles Blondes, der Blick schweift auf die Fußgängerzone: Was in Bitburg zum Alltag gehört, findet sich als Motiv auf keiner Postkarte. Bier kommt zwar vor, aber Menschen gibt es keine. Dann schon eher mal eine Kuh. Wer Grüße aus Bitburg verschicken will, hat die Wahl der Qual.

Bitburg. Da ist sie, die Porta Nigra. Triers Wahrzeichen angestrahlt bei Nacht mitten in einem Postkartenständer in der Bitburger Fußgängerzone. Ganz schön, aber nicht gerade typisch für die Kreisstadt. Basilika, Dom, Marktplatz - eine Kombination, die für die meisten Trierer Karten als Motivsammlung funktioniert, ist in Bitburg eher schwierig. Es gibt in der Stadt kaum historische Bausubstanz.
Und natürlich ist Bitburg weder Groß- noch Weltstadt und somit kein Ziel klassischer Städtereisen. Touristen aber gibt es sehr wohl. Nach Angaben des Statistischen Landesamts Rheinland-Pfalz sind es rund 54 000 Urlauber im Jahr, die bei 114 000 Übernachtungen im Schnitt etwa zwei Tage zu Gast sind. Doch wenn die per Postkarte einen Gruß aus Bitburg verschicken wollen, haben sie es bei der Motivwahl schwer.
Schönheiten, die sich in Strandliegen bräunen, kommen selbstverständlich mangels Strand und Meer nicht infrage. Aber auch Wanderer, Motorradfahrer, Mountainbiker, Reiter, Golfer oder Camper, die es ja durchaus zum Urlauben in die Eifel zieht, finden sich auf Postkarten nicht wieder. Menschen, die sich fröhlich mit einem Pils zuprosten, oder solche, die es gerade frisch zapfen, haben es bisher ebenso wenig auf eine Karte geschafft wie besonders hübsch sanierte alte Häuser, etwa jene in der östlichen Altstadt. Auch Gasthäuser oder Cafés sucht man vergeblich. Immerhin: Der Stausee Bitburg, gute zehn Fahrminuten bei Biersdorf gelegen, hat es auf etliche Karten geschafft.
"Es ist schon ein bisschen schwierig mit den Karten", sagt Peter Schiwek, Leiter der Buchhandlung in Bitburgs Fußgängerzone. Er verkauft etwa 2000 bis 3000 Grußkarten im Jahr. Und gibt zu bedenken, dass das Kartenschreiben ohnehin angesichts von Mobiltelefonen, mit denen sich auch gleich Fotos verschicken lassen, zunehmend aus der Mode kommt.
"Die Kuh, das ist unser Schlager", sagt er mit Blick auf ein braun geflecktes Tier samt Sprechblase "Die Eifel ist schön! Und wann kommst Du?" Immerhin. Auch der Argon Verlag in Nimshuscheid setzt bei einer seiner Karten auf eine schlichte Kuhschnauze. Die Tourist-Info hat ansonsten noch einen Blick auf ein Bierglas samt "Greetings from the Beertown". Ein Motiv, bei dem die Gäste nach Auskunft von Mitarbeiterinnen der Tourist-Info gerne zugreifen - befindet sich doch die Tourist-Info im gleichen Gebäude wie die Bitburger Marken-Erlebniswelt. Ansonsten gibt es Landschaften - mit Sonnenblumen, Wäldern und Wiesen.
Karten mit Bitburger Stadtansichten machen nicht gerade Lust auf einen Eifelbesuch. Das am häufigsten verwendete Motiv ist der Gäßestrepperbrunnen am Petersplatz.
Den gibt es sogar aus einer Zeit, als die Straßenlaternen in der Fußgängerzone noch einen roten Anstrich hatten. Drumherum wechseln sich Stadthalle, Bierbrunnen, das Glockenspiel, der Nachbau der Jupitersäule sowie das Alte Gymnasium und das Waisenhaus-Schlösschen als historische Gebäude ab. Eishalle, Funpark, Erlebnisbad Cascade samt Sauna, Flugplatz, Fallschirmspringen, Rundflüge, Haus Beda, Bedagarten, Kreismuseum - Fehlanzeige. Dafür widmet ein Mannheimer Hersteller dem Ehrenfriedhof Kolmeshöhe, der 1985 dank eines Besuchs von Ronald Reagan und Helmut Kohl bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat, gleich eine eigene Karte.
Kurzum: Zwischen Kuh und Bier gibt es vor allem eine menschenleere Stadt mit einem Sammelsurium von Gebäuden, Brunnen und Plätzen, die zwar prägend für Bitburg sind, aber für deren Besichtigung keiner wirklich eine Reise auf sich nimmt. Vielleicht liegt es einfach daran, wie es auf einer gelben Karte mit pinkelndem Hund zu lesen ist: "Wetter, Leute, Landschaft … alles toll… aber ich muss so oft Pippi. Wird wohl am Bier liegen."
Leser-Aufruf: Raus aus dem Sessel, rein in die Stadt: Welches Motiv könnten Sie sich für eine Postkarte aus Bitburg vorstellen? Mailen Sie uns Ihre Bild-Vorschläge als JPG-Format, vielleicht mit ein, zwei Sätzen zur Begründung, warum Sie gerade dieses Motiv für eine Postkarte aus Bitburg für passend halten. Wir veröffentlichen die schönsten Leser-Vorschläge (bitte Name und Wohnort nicht vergessen) und freuen uns auf Ihre Ideen an:
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 Bier, Stausee, Friedhof Kolmeshöhe, Kuhschnauze und eine Zeichnung: Blick auf eine Stapel Postkarten aus der Eifel und aus Bitburg.TV-Foto: Dagmar Schommer

Bier, Stausee, Friedhof Kolmeshöhe, Kuhschnauze und eine Zeichnung: Blick auf eine Stapel Postkarten aus der Eifel und aus Bitburg.TV-Foto: Dagmar Schommer

Mit einem Jahresumsatz von mehr als 30 Millionen Euro ist der Tourismus ein Wirtschaftsfaktor im Bitburger Land, das Jahr für Jahr nach Angaben der Tourist-Information mehr als 130 000 Gäste und rund 350 000 Übernachtungen zählt. Grob überschlagen kommen 20 000 Campinggäste pro Jahr hinzu. Im Eifelkreis insgesamt gibt es nach Angaben des Statistischen Landesamts mehr als 300 000 Urlauber mit knapp 900 000 Übernachtungen im Jahr. Rund zwei Drittel der Urlauber sind aus Deutschland, gefolgt von Belgiern (15 bis 20 Prozent) und den Niederländern (zehn Prozent). Mit Nordsee oder Ostsee, Schwarzwald oder Harz kann die Eifel nicht mithalten. Das bestätigen Ergebnisse einer Studie vom Tourismus-Institut in Heide, Schleswig-Holstein, für die 130 deutsche Urlaubsregionen analysiert wurden. Ergebnis: 74 Prozent aller Deutschen kennen die Eifel, aber nur 42 Prozent finden sie auch sympathisch, und nur knapp 30 Prozent könnten sich vorstellen, dorthin zu reisen. Ein Fall für Marketing-Experten - die sich bei der Gelegenheit ja auch mal um die Postkarten als Visitenkarten der Stadt kümmern könnten. scho

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