Das Blättchen gratuliert nicht mehr

Jünkerath/Prüm/Arzfeld · Die Verbandsgemeinde Obere Kyll gratuliert im Amtsblatt nicht mehr zu Ehe- oder Altersjubiläen. Der Grund: An der Oberen Kyll nimmt man Bedenken der Datenschutzbeauftragten ernst.

Jünkerath/Prüm/Arzfeld. Wöchentlich landen sie in allen Briefkästen und informieren über wichtige Termine, politische Neuigkeiten und Veranstaltungen - die Amtsblätter der Verbandsgemeinden. Eine viel gelesene Rubrik, die Gratulationen zu Ehe- und Altersjubiläen, sorgt nun für Unmut an der Oberen Kyll. In der zwölften Ausgabe 2016 teilte die Redaktion nämlich mit, dass es ihr ab sofort aus datenschutzrechtlichen Gründen "nicht mehr möglich ist, an dieser Stelle den Jubilaren zu gratulieren." Eine Entscheidung, die nicht jeder nachvollziehen kann.TV-Leser Karl-Heinz Köber aus Jünkerath wundert sich und bittet um Aufklärung: "Falls der Datenschutz zutrifft, gilt das denn nur für die Obere Kyll?" Während in Jünkerath seit anderthalb Monaten nämlich auf die Rubrik "Wir gratulieren" verzichtet wird, finden sich in den Veröffentlichungen der Verbandsgemeinde (VG) Prüm und der VG Arzfeld sehr wohl noch die Namen von Jubel-Hochzeitspaaren und betagteren Geburtstagskindern. Was ist denn da los?"Anfang des Jahres erhielten wir ein Rundschreiben des Landesbeauftragten für Datenschutz und eine Stellungnahme des Innenministeriums", sagt Arno Fasen, Büroleiter der VG Obere Kyll. Die Schreiben weisen auf das geänderte Bundesmeldegesetz (siehe Extra) hin und auf Probleme, die im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Jubilar-Gratulationen entstehen könnten. Datenschutz bereitet Probleme

"Zwei Probleme zeigten sich: Zum einen wird empfohlen, auf eine Veröffentlichung im Internet ganz zu verzichten, zum anderen soll gedruckt kein Ortsname genannt werden", sagt Fasen. Die Sorge des Datenschutzbeauftragten Dieter Kugelmann ist, dass im "Internet ein deutlich höherer Verbreitungsgrad der Informationen erreicht wird und personenbezogene Daten dauerhaft und weltweit verfügbar gemacht werden." Mit Hilfe von Suchmaschinen könnten die Informationen auch lange nach der Veröffentlichung noch in Archiven gefunden werden, "so dass sämtliche zu einer bestimmten Person vorhandenen Angaben gesammelt und zur Erstellung eines Persönlichkeitsprofils genutzt werden könnten." In einer Ausschusssitzung habe man sich intensiv mit den Folgen dieser Empfehlung befasst und sei zum Schluss gekommen, dass es am besten sei, auf die Anzeigen ganz zu verzichten, um auf rechtlich sicherer Seite zu stehen. "Wir kommen sonst zudem in eine Situation, in der wir gedruckt nur noch die Namen und das Alter nennen dürften und jede Anzeige im Internet einzeln rausnehmen müssten", schildert er die Bedenken der Verwaltung. Nutzen und Aufwand stünden dabei kaum noch in einem ausgewogenen Verhältnis.Viel Aufwand bei den Kollegen

Nimmt die VG Obere Kyll den Datenschutz ernster als ihre Nachbarn? Nein, in der VG Prüm geht man allerdings schon länger anders mit der Sache um: "Wir mussten uns nicht auf die neue Situation einstellen. Seit vielen Jahren kontaktieren wir vor jeder Veröffentlichung die Jubilare und fragen, ob sie mit einer Veröffentlichung einverstanden sind", sagt Manfred Schuler von der VG Prüm. Auch die Arzfelder Verwaltung handhabt das so. "Seit einem Jahr schreiben wir alle Jubilare vor dem Jubiläum an und fragen um ihr Einverständnis. Viel Aufwand, aber so ist alles rechtlich abgesichert", sagt VG-Bürgermeister Andreas Kruppert. Ein Weg, der an der Oberen Kyll nicht in Erwägung gezogen wurde. "Eigentlich gab es diese Option bei uns nicht. Die Frage war, welchen Aufwand können wir mit unserem Personal betreiben und welchen Nutzen haben wir", sagt er. Das Ergebnis der Beratungen: "Der Verwaltungsaufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen." Meinung

Noch ein GrundJeden Jubilar zu fragen, ob er mit einer öffentlichen Gratulation einverstanden ist, bringt viel, und zwar sehr viel, Arbeit mit sich. Besonders für eine Verwaltung auf Abruf, die nicht gerade über viel Personal verfügt. Für viele ein weiterer Grund zu hoffen, dass die Fusion mit Prüm bald kommt - denn dort gönnt man sich noch den Aufwand. eifel@volksfreund.deExtra

Im Februar ist eine Neufassung des Bundesmeldegesetzes erschienen. Datenschützer hofften, dass der Bund die Auskunftsregelungen der Melderegister neu regeln würde. Sie teilen nämlich Amtsblättern, Parteien zu Wahlwerbezwecken sowie der Presse mit, wenn in der Region ein Ehe- oder Altersjubiläum ansteht. Datenschützer fordern, dass dies nur mit Zustimmung der Meldepflichtigen zulässig sein sollte. Eine Neuregelung wurde aber nicht getroffen. aff

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