Das deutlich bessere Trinkgeld

Bleialf · Der Milchpreis fällt, wieder einmal. Ein Landwirt in der Eifel ist es leid - Lothar Hansen stellt deshalb demnächst einen Automaten vor seinem Bleialfer Hof auf: In "Hansens Milchbüdchen" kann sich dann jeder zapfen, was er braucht. Und zwar zu einem Preis, von dem sogar der Bauer etwas hat.

 Der Apostroph im Namen wäre gar nicht nötig gewesen. Das Büdchen von Andrea und Lothar Hansen ist es allerdings schon, wenn sie mit ihrer Milch noch einmal etwas verdienen wollen. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Der Apostroph im Namen wäre gar nicht nötig gewesen. Das Büdchen von Andrea und Lothar Hansen ist es allerdings schon, wenn sie mit ihrer Milch noch einmal etwas verdienen wollen. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

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Bleialf. Es gibt sie bereits: im Hunsrück oder weiter unten im Südwesten Deutschlands. Und es werden immer mehr: Frischmilchautomaten - sozusagen die neue Art der Direktvermarktung bei den Bauern. Den ersten im Eifelkreis stellt voraussichtlich am Donnerstag, 6. August, Lothar Hansen auf, im "Milchbüdchen" vor seinem Hof in der Bleialfer Bahnhofstraße.Wie kam er darauf? "In erster Linie war es der Milchpreis, der im Moment total in der Hose ist", sagt der 50-Jährige. "Es ist grauenhaft." Zurzeit zahlen die Molkereien - Hansen liefert an die Arla in Pronsfeld - den Bauern 28 Cent für den Liter. "Und er fällt jetzt auf 27 Cent", sagt Hansen, denn die Billigsupermärkte setzen schon wieder die Preisklemme an. Ein Landwirt wie er aber, mit 35 Kühen, brauche allein 35 Cent, um kostendeckend zu arbeiten. Und erst bei 40 Cent fange er an, Geld zu verdienen. Die Bude soll es bringen

"Ich bin es leid, für ein Trinkgeld in den Stall zu gehen", erklärt er seine Entscheidung, noch einmal zu investieren. Denn der Automat kostet immerhin 14 000 Euro. Der Hersteller komme dennoch mit dem Liefern kaum hinterher: "Die Nachfrage ist groß, er hat gesagt, er verkaufe 500 bis 600 Stück im Jahr."Es ist ein vielleicht letzter Versuch, noch auf einen grünen Zweig zu kommen: Er sei kurz davor gewesen, "mit dem ganzen Sch…" aufzuhören, sagt Hansen. Seine Frau Andrea arbeitet bei der Post, "sonst würde das alles gar nicht gehen".Kleinere Höfe hätten kaum noch eine Chance, Förderung gebe es nur noch für Großbetriebe. "Wenn du investieren willst, heißt es: Da musst du aber 100, 150, 300 Tiere haben. Ich gehe morgens in den Stall, guck auf meine Tiere und sehe, ob eins von ihnen krank ist. Bei mir ist das noch ein Tier. Und keine Nummer." Seine weitere Sorge: "Irgendwann kommt die Milch nur noch aus dem Ausland. Und dann sagt der Verbraucher: Oh je." Genau den spricht Hansen nun direkt an: Der Automat sei "wie ein großer Kühlschrank", sagt er. Da werfe man Geld ein, zapfe zwischen 0,2 und fünf Litern ab und erhalte Getränk plus Wechselgeld. Die Milch, die maximal zwei Tage im Automaten bleibe, werde stetig gekühlt. Ein Rührwerk sorge dafür, dass sich das Fett nicht absetze.Zwar stehe - gesetzlich vorgeschrieben - auf dem Gerät, dass man die Milch vor dem Verzehr abkochen müsse. Außerdem sei eine Grenze für die Zahl der Keime und den Zellgehalt vorgegeben. "Aber da liege ich immer drunter." Im Prinzip könne man sie sofort trinken - "ich mach das seit 50 Jahren", sagt Hansen. Frau und Kinder tun es ebenso.Pro Liter soll die Büdchen-Milch einen Euro kosten. Für Frischmilch im Supermarkt zahle man mehr als 1,20 Euro. Ein fairer Preis also, findet der Bauer.Und wie ist die Resonanz? In Bleialf groß, sagt er: So sei unter anderem Reinhold Scheer, Chef des Gasthauses Zwicker-Scheer, bereits bei ihm gewesen und habe gefragt, wann es losgehe mit der Frischmilchzapferei. Scheer bestätigt das: "Ja, natürlich. Erstens, weil er aus dem Dorf ist. Zweitens, weil es Frischmilch ist. Und um die Bauern zu unterstützen. Ich finde das schön, dass einer auf diese Idee kommt."Hoffnung setzt Hansen auch in seinen Standort - mitten im Dorf, für die Bleialfer schnell zu erreichen, für zufällige Laufkundschaft gut zu sehen. Er weiß aus anderen Regionen, dass die Abnehmer sogar kilometerweit fahren, um an die Automaten und ihren Inhalt zu kommen. Kurz: "Wenn alle, die die Sache für super halten, bei mir einen halben Liter am Tag kaufen, dann muss ich mir keine Sorgen machen."Meinung

Für eine Handvoll CentMachen wir ein Gedankenspiel: Zwei Kartons Milch in einem Supermarkt. Auf dem einen steht: Milch aus der Eifel, sauber eingetütet. Auf dem anderen: Milch ungeprüfter Herkunft, halber Preis. Wie viele würden die "teure" Eifelmilch kaufen? Es liegt auch an uns, der Kundschaft, für ein sauberes Lebensmittel so viel zu bezahlen, dass der Hersteller davon leben kann und wir es auch in Zukunft kaufen können. Wir reden hier ja nicht von Unsummen, sondern von ein paar lumpigen Cent. Bis dahin ist Lothar Hansen und anderen Bauern zu wünschen, dass ihr Automaten-Angebot ab Hof angenommen wird. Denn sie probieren etwas aus, anstatt nur zu jammern. f.linden@volksfreund.de

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