Zusammengerauft Das Ende der Eigenständigkeit - Seit 50 Jahren gehören die Stadtteile zu Bitburg

BITBURG · Vor 50 Jahren wurden die Dörfer Erdorf, Irsch, Masholder, Matzen, Mötsch und Stahl von Bitburg eingemeindet. Auf allgemeinen Zuspruch ist diese Reform allerdings nicht gestoßen.

 Relikt aus einer anderen Zeit: Jahrzehntelang diente der Wasserturm zur Versorgung von Mötsch. Mit der Angliederung an die Stadt wurde der Ortsteil an das Bitburger Wassernetz angeschlossen. Der Turm verlor also seine Funktion. Seit 1998 dient das 23 Meter hohe Gebäude als Vereinshaus der Reservistenkameradschaft Bitburg.

Relikt aus einer anderen Zeit: Jahrzehntelang diente der Wasserturm zur Versorgung von Mötsch. Mit der Angliederung an die Stadt wurde der Ortsteil an das Bitburger Wassernetz angeschlossen. Der Turm verlor also seine Funktion. Seit 1998 dient das 23 Meter hohe Gebäude als Vereinshaus der Reservistenkameradschaft Bitburg.

Foto: TV/Uwe Hentschel

Es gibt Verbindungen, die geht man gerne ein. Für die Bitburger Stadtteile trifft das so nicht zu. Zumindest nicht für alle. „Die Gemeinde hat sich damals mit Händen und Füßen gewehrt“, sagt Willi Heyen. Der Ortsvorsteher aus Stahl erinnert sich noch gut an den heftigen, letztlich aber erfolglosen Widerstand.

1969 wird Stahl gemeinsam mit den ebenfalls um Bitburg liegenden Gemeinden Erdorf, Irsch, Masholder, Matzen und Mötsch eingemeindet. Der Ort hat zu dieser Zeit rund 300 Einwohner, ist ein richtiges, eigenständiges Dorf und würde das auch gerne bleiben. Doch daraus wird nichts. „Stahl hat mit Mötsch, Masholder und Matzen gegen diese Eingemeindung geklagt, ist dann aber vor dem Landesverfassungsgericht gescheitert“, sagt Heyen, der von 1974 bis 1984 zum ersten Mal der erste Mann in Stahl war und es nun wieder ist. Zwischenzeitlich hat er sich natürlich längst damit abgefunden, dass er dieses Amt eben nicht als Ortsbürgermeister einer selbständigen Gemeinde, sondern als Ortsvorsteher eines Stadtteils ausübt.

„Alles in allem war die Eingemeindung für uns kein Nachteil“, resümiert Heyen heute sogar. Er verweist auf die extreme Bevölkerungsentwicklung in Stahl. Aus den 300 seien 1300 Einwohner geworden, sagt Heyen. Ein Dorf sei Stahl aber nach wie vor, fügt er hinzu. Rein faktisch gehöre man zwar zu Bitburg, sagt der Ortsvorsteher. „Letztlich sind wir aber Stahler.“ Und auf diese Unterscheidung lege man vor Ort viel Wert, ergänzt Heyen grinsend.

„Es ist wie in einer Ehe: Es gibt Höhen und Tiefen, doch am Ende rauft man sich immer wieder zusammen“, sagt Werner Becker, Ortsvorsteher in Erdorf.  Sein Wohnort ist der am weitesten von der Kernstadt entfernte Stadtteil. Um dort hinzukommen, muss man erst mal an Matzen und Irsch vorbei. Selbst Rittersdorf ist vom Stadtzentrum nicht so weit entfernt wie Erdorf.

Als díe Gemeinde 1969 im Zuge der Kommunalreform an Bitburg angegliedert wird, verfügt Erdorf bereits seit gut 100 Jahren über einen eigenen Bahnhof an der Eifelstrecke zwischen Köln und Trier. Und der gehört jetzt auf einmal zu Bitburg. Und trotzdem hält sich der Protest in Grenzen. Die Erdorfer haben damit nicht so ein Problem wie die Stahler. Und schon gar nicht ein solches wie die Mötscher. Für die nämlich bringt der Anschluss an Bitburg die größten Nachteile mit sich.

Als die Amerikaner in den 1950er Jahren mit dem Bau des Flugplatzes und der Housing beginnen, müssen 80 Bauern aus dem Ort Teile ihrer Ländereien abgeben. Mötsch verliert etwa ein Viertel seiner Nutzfläche. Für die Gemeinde selbst erweist sich diese Veränderung aber schnell als Vorteil. „Die Housing liegt ja zu zwei Dritteln auf Mötscher Gemarkung“, erklärt Heinz Franke. Dadurch habe Mötsch sehr hohe Einnahmen durch die Grundsteuer erzielt.

 „Diese Einnahmen gingen dann auf einmal an die Stadt“, sagt Franke, der 20 Jahre lang Ortsvorsteher in Mötsch war. Zudem habe Mötsch vor seiner Eingemeindung aufgrund seiner guten Finanzlage auch noch einer anderen Gemeinde Geld geliehen, dessen Rückzahlungen nun ebenfalls in die Stadtkasse geflossen seien. „Das mit der Eingemeindung ging recht schnell, und als es dann passiert war, war daran auch nichts mehr zu ändern“, erzählt der heute 85-Jährige.

Das sei ärgerlich gewesen, doch inzwischen längst Geschichte. Zumal die Stadt ja nicht nur Steuern kassiert, sondern auch in den Stadtteil investiert habe, wie beispielsweise beim Bau des neuen Kindergartens. Seinen dörflichen Charakter habe Mötsch dabei aber nie verloren, sagt Franke und verweist auf das ausgeprägte Vereinsleben seines Stadtteils. Dass Mötsch vor 50 Jahren seine Eigenständigkeit verloren habe, belaste heute niemanden mehr.

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