Das Ende des Schweigens

Von Berlin quer durch Deutschland bis schließlich nach Schönecken und ins deutsch-belgisch-luxemburgische Dreiländereck: Mit einem Hirtenzug wollen die Schafhalter auf ihre Situation und den Nutzen der Schafherden für die Allgemeinheit aufmerksam machen. Denn große Herden werden immer seltener.

Schönecken/Ouren. Schafe liefern nicht nur Milch oder Fleisch, sie sind auch wertvoll bei der Pflege von Natur- und Kulturlandschaften. Denn sie können Flächen abgrasen, wo andere Tiere zu groß und zu schwer sind und Maschinen nicht hinkommen. An den Küsten schätzt man die Vorteile der leichten Schafe schon seit Jahrhunderten als wertvolle Helfer beim Erhalt der Deiche. Doch auch in der Eifel profitiert man von den Schafen, berichtet Günther Czerkus, Sprecher des Berufsschäfer-Ausschusses der Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL), aus Wallendorf. Denn die Tiere sorgen dafür, dass schwer zugängliche Flächen nicht einfach verbuschen. Außerdem tragen sie dazu bei, dass die Arten- und Pflanzenvielfalt auf den Flächen erhalten bleibt oder gar zunimmt. Denn die Tiere von den sogenannten Wanderschafhaltern transportieren in ihrem Fell die Samen von einer Weide zur anderen und sorgen so dafür, dass sich geschützte Arten ausbreiten können. "Das sind richtiggehende Samen-Taxis", sagt Czerkus. Solche gesunden Böden seien in der Lage, wesentlich besser Schadstoffe aus dem Regenwasser zu filtern. Doch deutschlandweit gibt es immer weniger Schäfer und immer weniger Schafe.

Im Eifelkreis Bitburg-Prüm seien es nurmehr vier bis fünf größere Herden, berichtet Czerkus.. Das liege aber nicht daran, dass es zu wenige junge Menschen gebe, die diesen Beruf ergreifen wollen, sagt Czerkus. Das Problem sei vielmehr, dass man als Schäfer heutzutage keine Familie mehr ernähren könne. "Das ist auch kein Acht-Stunden- und Fünf-Tage-die-Woche-Job", sagt Robert Gellweiler, Schäfer aus Idar-Oberstein, der derzeit mit seinen 300 Schafen auf Flächen rund um Schönecken unterwegs ist und demnächst in Richtung Ouren aufbricht.

Denn um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, hat die Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände im Juni einen Hirtenzug gestartet, bei dem tausende Schafe in Etappen wie bei einem Staffellauf durch Deutschland und die benachbarten Regionen geführt werden. Nun ist der Staffelstab in Schönecken bei Schäfer Gellweiler angekommen, der ihn zum Europadenkmal ins Dreiländereck tragen soll. Mit dem Hirtenzug will man die Leistungen der Schafherden stärker in das öffentliche Bewusstsein rücken und dafür sorgen, dass es auch in Zukunft umherziehende Schafherden gibt. "Denn das ist kein Beruf, den man aus Büchern lernen kann", sagt Czerkus. Als Lösung denkt er an ein Modell aus den Niederlanden, das den Familien eine Grundabsicherung einräumt - als Anerkennung für die erbrachten Leistungen für die Allgemeinheit. "Schließlich profitiert jeder von den Schafen, oft ohne es zu wissen", sagt Czerkus.

Die Schafhalter laden am Samstag, 2. Oktober, zu einer Kundgebung am Europadenkmal in Ouren (Belgien) ein. Beginn ist um 15.30 Uhr.

Angekündigt haben sich unter anderem Isebelle Weykmanns, Ministerin für Kultur, Medien und Tourismus der deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens, und der luxemburgische Minister für Nachhaltigkeit, Marco Schank. Beate Jacob, Biotopbetreuerin des Eifelkreises Bitburg-Prüm, wird bei der Kundgebung über die vergessenen Heiden in der Eifel sprechen.

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