Das Ende naht, die Erblast bleibt
HALLSCHLAG. Die Räumarbeiten rund um die ehemalige Munitionsfabrik "Espagit" in Hallschlag-Kehr (der TV berichtete) sollen – nach bisher 6000 Granatenfunden – noch etwa drei Jahre dauern. Kostenstand derzeit: knapp 51 Millionen Euro.
Vorsichtiges Aufatmen in Hallschlag: "Es geht langsam zu Ende, Gott sei Dank", sagt Ortsbürgermeister Hans-Jürgen Breuer beim Ortstermin mit dem Mainzer Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) am Freitag. "Die Gefahr ist gebannt." Noch nicht ganz, muss man sagen: Denn beim Jahrestreffen der Espagit-Geschädigten erweist sich erneut, dass die Rüstungsaltlast immer für eine Überraschung gut ist. Diesmal geht es um einen Teil des auf dem Gelände abgefangenen Oberflächenwassers: Die Verantwortlichen rätseln über eine erhöhte TNT-Kontaminierung. "Das kommt nicht aus der gesamten Fläche, sondern aus einem kleinen Teilbereich", erklärt Karl Peter Bruch. Die verdächtige Fläche werde demnächst geöffnet und näher untersucht. "Ansonsten läuft alles im Plan", beruhigt der Minister. Zum Beispiel die Entmunitionierung der äußeren, 80 Hektar großen so genannten B-Zone. Knapp 200 Granaten sind dort mittlerweile vom Kampfmittelräumdienst (KMRD) des Landes gefunden worden. Dieser Bereich sei jedoch nicht so stark belastet wie anfangs befürchtet: "Ein Ende der Arbeiten ist in Sicht", sagt deshalb Josef Peter Mertes, Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier. Dennoch: Auf endgültige Aussagen lässt sich Bruch nicht ein. "Eine Bilanz werden wir erst stellen können, wenn wir hier fertig sind", sagt der Innenminister. "Und das wird in etwa drei Jahren sein." Aber auch der Zwischenstand ist beeindruckend - oder erschütternd: Seit 17 Jahren laufen die Arbeiten rund um die vor gut 80 Jahren explodierte Munitionsfabrik. 51 Millionen Euro sind bisher ausgegeben worden. "Das Teure war aber nicht das Metall", sagt Bruch, "das Teure war die Entsorgung der Böden. Und natürlich das Giftgas." 2800 Euro kostet die Entsorgung eines solchen Kampfstoff-haltigen Sprengkörpers, rund 250 dieser Giftgranaten wurden in Hallschlag aus der Erde gezogen, wie Willi Wehrhausen vom KMRD sagt. Etwa zwei Prozent der Funde seien weiterhin kampfstoffverdächtig. Wehrhausen verweist auf ein Jubiläum: "Wir haben gerade die 6000. Granate gefunden", sagt der Mann, der laut Bruch wahrlich einen "heißen Job" zu erledigen hat. Seit Oktober 2004 wird in Hallschlag außerdem an einer rund 1,7 Millionen Euro teuren stationären Wasserreinigungsanlage gebaut, die die derzeitige vorläufige Konstruktion ablösen soll. Sie ist Teil der so genannten Sicherungsvariante, bei der einige Flächen nicht entmunitioniert wurden, sondern abgedeckt und bepflanzt. Das Oberflächenwasser wird dort abgefangen und in die Reinigungsanlage geleitet. Und diese bleibt den Hallschlagern noch lange erhalten: rund 50 Jahre. "Die stationäre Anlage wird dauerhaft kontaminiertes Sickerwasser aus dem gesicherten Teil des Geländes reinigen", sagt Josef Peter Mertes. Im Frühjahr soll die Anlage in Betrieb gehen.Tonnenweise Munitionsreste
Die Sanierung der stark belasteten C-Zone, in der Nähe des so genannten Exotentrichters mit tausenden von Weltkriegsgranaten wurde im August 2003 abgeschlossen. Bis heute ist in Hallschlag ein Fläche von fast 550 000 Quadratmetern entmunitioniert. Neben den Granaten wurden 5100 Kilogramm Sprengstoff, 36 530 Zündladungen, 241 Kilo Infanteriemunition und 53 428 Kilogramm Munitionsteile gefunden und anschließend entsorgt.