Das Gelübde gegen die Pest hält bis heute

Irrhausen · Eine Sakramentsprozession durch das Dorf gegen die große Pest in der Mitte des 17. Jahrhunderts: In der Eifelgemeinde Irrhausen hat dieses Gelübde an Gott gewirkt. Die große Seuche ging zurück. Und die Dorfbewohner danken es den himmlischen Mächten mit der Erhaltung dieses Brauchs bis heute.

Irrhausen. 1618 brach der Dreißig jährige Krieg aus: Drei Jahrzehnte lang zogen Soldaten kreuz und quer durchs Land, raubten, mordeten und plünderten. Gegen Schluss wusste niemand mehr so recht, warum und wieso, und wer gegen wen kämpfte. Hinter den Landsknechten blieb eine blutige Spur aus Tod und Not, aus Leid und Qual zurück, eine traurige Schneise, über die erneut die nahezu alles vernichtende Pest Einzug hielt.Stadt Geschichte(n)

Noch heute künden zahlreiche Sagen und Berichte von diesen entsetzlichen Zeiten. Die Leute nannten das Jahr 1636 "das große Sterben". "Die Überlebenden reichten kaum aus, die Toten zu begraben", dokumentieren Eintragungen in erschütternden Zeitberichten.Der Daleidener Pfarrer Bormann meldete, dass im Herzogtum Luxemburg 120 000 Menschen starben. In manchem Dorf blieb kein Überlebender.Viele Pestkreuze stehen noch in Wiesen, Feldern und Fluren, rund um die Dörfer im gesamten Islekraum. Sie alle künden und mahnen von der Pest, jener entsetzlichen Geißel Gottes. In dieser Krankheit sah man die strafende Hand Gottes für menschliches Fehlverhalten. Dies konnte im Glauben der Bevölkerung nur durch Gebet und Fasten, durch Gelübde und Wallfahrten bekämpft werden.Viele Landbewohner und Gemeinden legten damals persönliche Gelübde ab. Auch Irrhausen: Das Dorf gelobte eine "Sakramentsprozession" und versprach, falls die Pest bald enden und keine Opfer mehr unter der Dorfbevölkerung fordern würde, jedes Jahr eine feierliche Dorfprozession mit sakramentalem Segen an vier Altären abzuhalten.Himmlische Mächte hatten ein Einsehen, und die Irrhausener lösten ihr Versprechen ein.So versammelt sich die gesamte Pfarrei immer am ersten Sonntag des Monats August zu einer feierlichen Sakramentsprozession. Es ist die Irrhausener Kirmes, ihr Patronatsfest zu Ehren des Kirchenpatrons "St. Peter-in-Ketten". Nach einem festlichen Hochamt zieht dann die Prozession, genauso wie an Fronleichnam, durch geschmückte Straßen zu vier Altären, um dort den sakramentalen Segen zu erhalten.Selbst während der Nazizeit wurde die Prozession begangen, gegen den Willen der Hitlerpartei, unter Beschwerden und Protesten des Ortsgruppen- und Stützpunktleiters. Allerdings in teilweise abgewandelter Form. So konnte die Prozession 1938 und 1939 wegen des unaufhörlich fließenden Straßenverkehrs aufgrund des Westwallbaus und der Kriegsvorbereitung nicht durch die Dorfstraßen ziehen. Der damalige Ortspfarrer Otto Wendling bat das Generalvikariat Trier um Erlaubnis, sie dafür rund um die Kirche vornehmen zu dürfen. An der Nordseite war außen ein Altar errichtet, viermal wurde dort der Segen mit dem heiligen Sakrament gegeben, jedes Mal nach einem Umzug um das Gotteshaus.Sogar während des Krieges fand diese Prozession statt, trotz des Naziverbotes von kirchlichen Umzügen und der häufigen Jagdbomberangriffe. Aber nicht im Freien, sondern innerhalb schützender Kirchenmauern. Der damalige Pfarrer Nikolaus Lewen schritt vom Hauptaltar zu den Seitenaltären und spendete von dort aus den sakramentalen Segen.Bis in die Gegenwart hinein wird diese "gelobte Pestprozession" in Irrhausen gepflegt, auch wenn sich in der Neuzeit - bedingt durch eine scheinbare Gleichgültigkeit und Priestermangel - Stimmen fanden, die bereits den Verzicht dieser zweiten Prozession einforderten.Zum Glück ist es aber bis heute Priestern, Pfarrgemeinderat und der Mehrzahl der Pfarrangehörigen gelungen, das vor mehr als 400 Jahren gegebene Versprechen einzuhalten. Auch wenn es keine Pest mehr gibt, so bedrohen heute andere Krankheiten und Seuchen - physischer und psychischer, kriegerischer und politischer Art - das Heil des Körpers und der Seele so stark, dass eine Prozession mit sakramentalem Segen dringender und heilbringender denn je ist.Der Begriff Pest kommt aus dem Lateinischen und heißt übersetzt Seuche. Der Krankheitserreger ist ein Bakterium, das von Flöhen auf den Menschen übertragen wird. Die Flöhe infizieren sich mit dem Pestbakterium bei einer Ratte und übertragen ihn, wenn sie auf den Menschen überspringen und ihn beißen, auf diesen. Dieser Zusammenhang wurde erstmals 1898 von Paul-Louis Simond festgestellt. Bereits 1890 hatte der Arzt Alexandre Yersin das Bakterium isoliert. Durch archäologische Funde ist belegt, dass die Pest bereits im Mittelalter in europäischen Städten wütete. Im Dreißigjährigen Krieg trat die Pest vermehrt in Deutschland auf und entvölkerte ganze Regionen, unter anderem die Eifel und Sachsen. wikipedia/itz

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