"Das hat mit Kameradschaft nichts zu tun"

Bitburg/Prüm · Bröckelnde Spitze: Tiefe Gräben ziehen sich durch die Führungsmannschaft der Feuerwehren im Eifelkreis. Mehrere Spitzenkräfte haben um Entbindung von ihren Ämtern gebeten. Im Vorfeld der Neuwahl zum Kreisfeuerwehrinspekteur wurde gezielt Stimmung gemacht. Ein Ende der Querelen ist nicht in Sicht.

Bitburg/Prüm. "Bei uns ist die Kacke am dampfen": So unverblümt drückt es ein Wehrmann aus, der namentlich nicht genannt werden möchte. Er ist einer von 3880 im Eifelkreis (siehe Extra). Es ist ein heikles Thema, über das kaum einer ein offenes Wort sprechen will. Manche dürfen auch nicht. Um kein Öl ins Feuer zu gießen, hat Landrat Joachim Streit den noch amtierenden Kreisfeuerwehrinspekteur Manfred Schuler, seine beiden Stellvertreter wie auch den Leiter des Gefahrstoffzugs, Reiner Pint, sowie dessen beide Stellvertreter gebeten, sich nicht öffentlich zu äußern. Streit will eine Schlammschlacht vermeiden: "Mein Ziel ist es, die Truppe zusammenzuhalten und wieder zusammenzuführen." Und die Aufgabe scheint nicht ganz einfach.

Brandherd I: Nachdem Kreisfeuerwehrinspekteur Schuler Ende Juni "aus persönlichen Gründen" gebeten hat, von seinen Aufgaben entbunden zu werden (der TV berichtete), bestätigt nun auch Gefahrstoffzugleiter Pint, dass er ein Rücktrittsgesuch eingereicht hat - ebenso wie einer seiner Stellvertreter, Jürgen Dunkel. Die Koordination der Einsätze des Gefahrstoffzugs sowie die Ausbildung der 50 Wehrleute, die sich in dieser Einheit engagieren, zählten bisher zum Aufgabengebiet des stellvertretenden Kreisfeuerwehrinspekteurs Richard Wirtz, der auch Wehrleiter in Irrel ist.
Die Wehrleute schieben Frust


Mehrere Wehrleute sagen hinter vorgehaltener Hand, dass es sowohl zwischen Schuler und Wirtz als auch zwischen der Leitung des Gefahrstoffzugs und Wirtz knirscht. In einem Schreiben an die TV-Redaktion, das mit "Gefahrstoffzug Eifelkreis Bitburg-Prüm" unterzeichnet ist, steht: "Der Frust sitzt tief bei den Kameraden." Als ein Grund für die angespannte Lage wird fortwährende Kritik von Wirtz an der Arbeit der Ehrenamtlichen genannt. So soll Wirtz schon häufiger Dinge gesagt haben wie: "Der Gefahrstoffzug baut nur Mist." Wirtz selbst hält sich bedeckt: "Ich habe Redeverbot erteilt bekommen und daran halte ich mich." Da rüber hinaus ergänzt er nur so viel: "Es gibt immer verschiedene Sichtweisen der Dinge." Er sei ein geradliniger Mensch, der seine Meinung vertritt.

Brandherd II: Der Unmut der Wehrleute beim Gefahrstoffzug, wo nach TV-Informationen weitere Rücktritte drohen, ist nur einer der Brandherde. Ein neuer Kreisfeuerwehrinspekteur ist noch nicht gefunden. Willi Schlöder, Wehrleiter aus Kyllburg, hatte sich zur Wahl gestellt. Die Kandidatur des 51-jährigen pensionierten Berufssoldaten wurde vom Landrat begrüßt. Aber fünf Wehrleiter - Klaus-Peter Dimmer (Bitburg-Land), Richard Wirtz (Irrel), Arnold Faber (Speicher) und Alfred Thome (Neuerburg), Herbert Schreiber (Arzfeld) - stimmten dagegen. Für Schlöder hoben Manfred Burbach (Bitburg), Reinhard Houscht (Prüm) und Schlöder selbst die Hand.
Im Vorfeld der Neuwahl soll es ein Treffen der Anti-Schlöder-Fraktion gegeben haben. Dabei haben sich die beteiligten Wehrleiter wohl auf einen anderen Kandidaten verständigt: Lutz Kiewel aus Gondorf, der dann in der Sitzung spontan aufs Schild gehoben wurde. "Ich schätze Herrn Kiewel sehr, aber ich hatte den Wehrleitern im Vorfeld der Wahl mitgeteilt, dass ich einen Kreisfeuerwehrinspekteur will, der hier vor Ort ständig verfügbar ist. Ein Berufsfeuerwehrmann, der wie Kiewel in Nordrhein-Westfalen arbeitet, passt nicht in dieses Ausschreibungsbild", sagt Streit, der, so heißt es, nach der Sitzung empört war.
Willi Schlöder, Bruder des verstorbenen Edmund Schlöder (langjähriger Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands), fühlt sich vor den Kopf gestoßen: "Jeder kann ja seine Meinung haben. Was mich enttäuscht, ist, dass offenbar vor der Wahl gezielt Stimmung gegen mich gemacht und Gerüchte verbreitet wurden."
Dem Vernehmen nach hängt die gescheiterte Wahl Schlöders mit den Differenzen zwischen Gefahrstoffzug und dem stellvertretenden Kreisfeuerwehrinspekteur Wirtz zusammen. "Ich habe mich natürlich auch über das Rumoren beim Gefahrstoffzug informiert und hätte diesen Aufgabenbereich zur Chefsache erklärt", sagt Schlöder und bilanziert rückblickend: "Hier ging es nicht um die Sache, sondern um die Person. Man wollte mich gezielt verhindern." Schlöder stellt sich kein zweites Mal zur Wahl: "Wir reden in der Feuerwehr von Kameradschaft. Das, was hier passiert ist, hat mit Kameradschaft nichts zu tun."

Löschplan: Die Konflikte, die in der Führungsriege der Feuerwehr schwelen, will der Landrat schlichten: "Ich habe den leitenden staatlichen Beamten Thomas Kreutz damit beauftragt, den Sachverhalt zu klären." Kreutz soll Einzelgespräche führen und den Dingen auf den Grund gehen. Sobald Ergebnisse vorliegen, die von den Vorgängen ein genaueres Bild vermitteln, plant Streit ein Gipfeltreffen mit der Leitung des Gefahrstoffzugs sowie den acht Wehrleitern.
Schuler wird zum 30. September von seinen Aufgaben entpflichtet. Die Neuwahl eines Kreisfeuerwehrinspekteurs ist für den 7. November terminiert.
"Für die Übergangszeit setze ich kommissarisch Thomas Birnfeld, den feuertechnischen Bediensteten der Kreisverwaltung, ein", sagt Streit. Um Ruhe in den Gefahrstoffzug zu bringen, hat Streit diese Aufgabe bis Ende September bei Schuler angesiedelt. Danach übernimmt Birnfeld bis zur Neuwahl eines Kreisfeuerwehrinspekteurs. Heißt: Der stellvertretende Kreisfeuerwehrinspekteur Wirtz, der bis 2014 im Amt ist, hat nun mit der Koordination der Einsätze sowie der Ausbildung beim Gefahrstoffzug vorerst nichts mehr zu tun.Meinung

Die Lage ist ernst
Nehmen ist für die meisten seliger als Geben. Um wie viel ärmer aber gerade die ländliche Region ohne Ehrenamt wird, macht sich kaum einer bewusst. Die Bedeutung eines funktionierenden Vereinslebens wird oft erst klar, wenn es zu spät ist und das ehrenamtliche Engagement wegbricht. Richtig teuer wird es, wenn auch der Feuerwehr die Leute fehlen. Denn die 221 Wehren im Eifelkreis sind da, wenn\'s brennt. Was die knapp 4000 ehrenamtlichen Wehrleute dafür an Zeit und Kraft einsetzen, verdient Respekt - und alle Unterstützung. Wenn es Probleme in der Führung gibt, die so gravierend sind, dass eine Austrittswelle droht, dann ist es allerhöchste Zeit zu handeln. Wer Schuld an der desaströsen Lage hat, ist dabei eine müßige Frage. Es gilt, eine Führungsmannschaft zusammenzustellen, die schlank und doch schlagkräftig ist - und es schafft, die große Mannschaft an Rettungskräften zu motivieren und zusammenzuhalten. d.schommer@volksfreund.deExtra

Ein Kreisfeuerwehrinspekteur (KFI) muss es nach Vorschrift des Brandschutzgesetzes in jedem Landkreis geben. Es ist ein Ehrenamt, für das es lediglich eine Aufwandsentschädigung gibt. Die wichtigstes Funktion des KFI ist die Beratung des Landrats in allen Feuerwehrfragen. Darüber hinaus übernimmt der KFI bei größeren Notfällen die Einsatzleitung. Er wird von den acht Wehrleitern gewählt und dem Landrat zur Ernennung vorgeschlagen. Nach Auskunft des Landrats des Eifelkreises erfordert das KFI-Amt mindestens einen ehrenamtlichen Einsatz von 15 Stunden pro Woche. ch Im Gefahrstoffzug des Eifelkreises Bitburg-Prüm engagieren sich nach Angaben der Kreisverwaltung rund 50 Feuerwehrleute aus dem gesamten Kreisgebiet, die für ihr Ehrenamt teils an der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule des Landes ausgebildet wurden. Der Gefahrstoffzug kommt bei Unfällen mit gefährlichen Stoffen - etwa Chemikalien - zum Einsatz. Alarmiert werden kann der gesamte Zug wie auch einzelne Einheiten wie etwa das Messfahrzeug. Laut Kreisverwaltung gibt es drei bis fünf Einsätze pro Jahr. Der Gefahrstoffzugführer wird auf Vorschlag des Kreisfeuerwehrinspekteurs und der Wehrleiter vom Landrat bestellt. schoExtra

Die 221 Freiwilligen Feuerwehren mit 3880 Wehrleuten im Eifelkreis verteilen sich auf die Verbandsgemeinden (VG) wie folgt: Stadt Bitburg: sechs Wehren mit rund 185 Wehrleuten; VG Bitburg-Land: 47 Wehrenmit rund 800 Wehrleuten; VG Irrel: 17 Wehren mit rund 350 Wehrleuten; VG Neuerburg: 40 Wehren mit rund 545 Wehrleuten; VG Speicher: neun Wehren mit rund 170 Wehrleuten; VG Kyllburg: 19 Wehren mit rund 380 Wehrleuten; VG Prüm: 54 Wehren mit rund 1000 Wehrleuten VG Arzfeld: 29 Wehren mit rund 450 Wehrleuten. scho

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