Das ist wahre Liebe: Durchlöchert, zerhackt und bemalt

Lützkampen-Welchenhausen · In der "Warte-Halle", dem Mini-Museum in Lützkampen-Welchenhausen, ist wieder eine besondere Ausstellung zu sehen: "Kunst im Bücher-Kreis" zeigt, was Documenta-Veteran Hubertus Gojowczyk so alles mit Büchern anstellt.

Lützkampen-Welchenhausen. Sie werden ausgehöhlt und durchlöchert, zerschnitten und zerhackt, bemalt und mit unterschiedlichen Zusätzen versehen. Seine Liebe zu Büchern zeigt der Konzeptkünstler Hubertus Gojowczyk auf recht eigene Weise. Schon die Titel seiner "Buch-Objekte" sprechen für sich: "Brandbuch", "Buch mit Nest", "Buch mit Wunde", "Federbuch".
Darf man mit Büchern überhaupt so umgehen? Ja, meint die Ankündigung des Museums "Warte-Halle" in Lützkampen-Welchenhausen, wo die Ausstellung "Kunst im Bücher-Kreis", noch bis zum 1. Juni zu sehen ist.
Respekt vor dem Kulturgut Buch


Gojowczyk habe auf jeden Fall "Repekt vor dem geschriebenen und gedruckten Wort und dem Kulturgut Buch", heißt es da. Und weiter: "Tatsächlich zerstört Gojowczyk keine Bücher, sondern macht sie als Material für seine Plastiken nutzbar, nimmt ihnen ihre Alltäglichkeit und normale Funktion und adelt sie durch seine Kunst." All diese Arbeiten, so heißt es in der Ankündigung, "besitzen große ästhetische Sinnlichkeit; die unkonventionellen Zusätze und Verbindungen mit ganz anderen Gegenständen erzeugen Mehrdeutigkeit und Überraschungen". Und überhaupt nähmen die Skulpturen auch immer wieder Bezug auf die Inhalte der jeweiligen Bücher.
Aufträge aus der Literaturwelt


Das führt dazu, dass Literaturmuseen und berühmte Bibliotheken den Künstler immer wieder einladen, seine Objekte bei ihnen auszustellen oder neue für sie zu gestalten. So zum Beispiel die Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel oder die Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig und Frankfurt am Main.
Für den 1943 geborenen Krefelder Künstler und Lehrer Hubertus Gojowczyk sind Bücher nicht bloße Wortspeicher. Sie versammeln vielmehr Jahrtausende altes Weltwissen, Sprache und Literatur, kritisches Nachdenken wie Fantasie und Träume.

Große Kunst auf kleinem Raum


Bei der Wartehalle handelt es sich ja um ein ungewöhnliches, weil sehr kleines Museum (siehe Extra). Gojowczyk hat aber auch schon im größeren Rahmen ausgestellt: Vor 40 Jahren zeigte er bei der Kasseler documenta-Ausstellung seine Buch-Objekte. Auf der documenta 1977 installierte er eine "Tür zum Lesezimmer", für die er den Durchgang zu einem der Säle mit Büchern und Mörtel zugemauert hatte.
"Kunst im Bücher-Kreis"
im Museum Wartehalle in
54617 Welchenhausen ist bis Freitag, 1. Juni, durchgehend
geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Extra

Die Warte-Halle im Dreiländereck Belgien-Deutschland-Luxemburg wird vom betreuenden Museumsverein als "das wahrscheinlich kleinste Kunst-Museum der Welt" bezeichnet. Eröffnet wurde das zum Museum umgewidmete Bus-Häuschen im August vor zehn Jahren. Immer wieder sind dort überraschende und gewitzte Ausstellungen von Künstlern aus den drei Nachbarländern zu sehen. Das Programm wechselt in der Regel bis zu vier Mal im Jahr und bietet Malerei, Zeichnungen, Grafik, Fotos und plastische Arbeiten. Auch die Geschichte des Islek wird immer wieder thematisiert. Das Museum entstand auf Initiative der 35 Einwohner von Welchenhausen (Gemeinde Lützkampen). Das Museum ist durchgehend geöffnet - was auch damit zusammenhängt, dass es nicht abschließbar ist. Der Museumsverein betreut noch ein Ausstellungsgebäude im zwei Kilometer entfernten Stupbach: Im Haus der Landschaft und Geschichte, einem ehemaligen Feuerwehrhaus, zeigt man Ausstellungen zu Natur, Landschaft oder Geschichte der Region. fpl

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