Das Problem mit Bitburgs vielen Stufen

Bitburg · Hilfsbereitschaft macht vieles wett. Dennoch haben Rollstuhlfahrer es bei täglichen Erledigungen in Bitburgs Innenstadt nicht leicht. Denn Stufen versperren den Weg in zahlreiche Geschäfte. Nun will der Gewerbeverein sich des Themas annehmen.

Bitburg. Wer im Rollstuhl sitzt oder auf einen Rollator angewiesen ist, erlebt Bitburg anders. Schon normale Bordsteine können zum Hindernis werden. Die steile Fußgängerzone ist ohne Hilfe oder Elektroantrieb kaum zu bewältigen. Und selbst wenn es gelingt, ist der Einkaufsbummel eingeschränkt. Denn Stufen versperren den Weg zu einem Großteil der Geschäfte (der TV berichtete nach einer Rollstuhl-Testfahrt).
Dabei gibt es sogar relativ viele Menschen, die notgedrungen durch die Bitburger Innenstadt rollen. Peter Schiwek, dessen Buchhandlung ebenerdig zu erreichen ist, schätzt, dass er im Jahr 50 verschiedene Kunden hat, die im Rollstuhl sitzen oder mit dem Rollator kommen. Ingrid Stoos, Filialleiterin von Ihr Platz zählt etwa 100. Und viele von ihnen seien Stammkunden. "Man sieht immer mehr Menschen, die mit Rollatoren unterwegs sind", sagt auch Ilse Neumann-Kropp, die ebenfalls etwa 100 gehbehinderte Kunden zählt. Ihre Flora-Apotheke gehört zu den vielen Geschäften, die durch Stufen von der Hauptstraße getrennt sind. Ein großes Problem sieht sie darin allerdings nicht. Denn zum einen seien die Stufen so flach, dass man sie auch mit Rollator gut überwinden könne. Zum anderen klopften die Rollstuhlfahrer einfach an das Glasfenster und dann werde ihnen geholfen. Ein ähnliches Prozedere ist regelmäßig auch vor der Metzgerei Ewen zu erleben. Dort rufen die Kunden und werden dann eben draußen bedient.
Schwierig bis unmöglich wird es, wenn erst anprobiert oder ausgewählt werden muss. Denn das geht nicht auf der Straße. "Wir sind nicht sensibel genug für dieses Thema. Aber das hat nichts mit Bösartigkeit zu tun", sagt Edgar Bujara, Vorsitzender des Bitburger Gewerbevereins. Bujara selbst hat 20 Kunden, die im Rollstuhl sitzen. Als er 1998 sein Autohaus baute, hat er zunächst allerdings überhaupt nicht an sie gedacht. Bis zu dem Tag, als ein Rollstuhlfahrer ihn auf der Baustelle besuchte. Stolz habe er ihm die Pläne vom Bistro auf der zweiten Ebene gezeigt. "Das kriege ich dann nicht zu sehen", habe der Kunde ihm nüchtern geantwortet. Eine Aussage, die Wirkung hatte. Statt des geplanten Brunnens hat das Autohaus heute einen Aufzug. Durch die TV-Reportage erneut darauf gestoßen, will Bujara das Thema Barrierefreiheit nun auf die Agenda des Gewerbevereins setzen, mit Rollstuhlfahrern reden und überlegen, wie sich die Situation in der Bitburger Innenstadt verbessern ließe. Damit es in Zukunft weniger Hindernisse gibt, die den Weg versperren.Meinung

Barrierefreiheit wird immer wichtiger
Was, wenn die Lieblingsnudeln ganz oben im Regal stehen? Wer im Rollstuhl sitzt, hat es oft viel schwerer als andere und ist schon bei alltäglichen Kleinigkeiten auf Hilfe angewiesen. Gut, dass die Stadt schon so viel unternommen hat, um Behinderten entgegenzukommen. Obwohl hier und da noch ein Bordstein abgesenkt werden müsste. Schön wäre es, wenn die Geschäftsleute nachziehen - auch wenn dies zugegebenermaßen nicht leicht ist. Denn in der Fußgängerzone sind die meisten Eingänge klein, das Gefälle ist groß. Doch würde sich die Umgestaltung lohnen. Für die Geschäftsleute, die Neukunden gewinnen können. Für die Gehbehinderten, deren Alltag erleichtert wird. Und für die Zukunft, in der altersbedingt immer mehr Menschen auf Gehhilfen angewiesen sein werden. k.hammermann@volksfreund.de

Extra

 Stufen sind in der Bitburger Fußgängerzone allgegenwärtig – und machen Gehbehinderten das Einkaufen schwer. TV-Fotos: Katharina Hammermann

Stufen sind in der Bitburger Fußgängerzone allgegenwärtig – und machen Gehbehinderten das Einkaufen schwer. TV-Fotos: Katharina Hammermann

Derzeit hat die Stadt nichts geplant, was zu mehr Barrierefreiheit führt. Allerdings hat sie nach Auskunft des Pressesprechers Werner Krämer in den vergangenen Jahren bereits viel getan: Die Stadt hat alle öffentlichen Gebäude behindertengerecht ausgebaut, Behindertenparkplätze angelegt, diverse Gebäude mit Spezialtoiletten versehen, die Bordsteine im Stadtgebiet abgesenkt und den Eingang zum Friedhof Kolmeshöhe barrierefrei ausgebaut. Zudem engagiere sich Bitburg auch finanziell - und zwar nicht nur einmalig bei den Special Olympics, die dieses Jahr in der Kreisstadt ausgetragen wurden: Der Arbeitskreis Behinderte erhalte jährlich 2000 Euro, und die Lebenshilfe habe für neue Kitaplätze einen Zuschuss von 13 000 Euro bekommen. kah

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