Archiv Das Römertheater bleibt verschollen

Bitburg · Der Bitburger Michael Wenberg glaubt, den Standort des römischen Theaters gefunden zu haben - und zwar am Bittenbach nördlich von Masholder. Der Archäologe Karl-Josef Gilles hingegen hält das für unwahrscheinlich - ein Beitrag aus unserem Archiv aus dem Jahr 2011.

Zwei weibliche Theatermasken. Römisches Fresko aus dem Haus des goldenen Armreifs (in Pompeji). Foto: TV-Archiv

Zwei weibliche Theatermasken. Römisches Fresko aus dem Haus des goldenen Armreifs (in Pompeji). Foto: TV-Archiv

Michael Wenberg zeigt einen Stein, der seiner Ansicht nach im römischen Theater Bitburgs verbaut gewesen sein könnte. TV-Foto: Katharina Hammermann

Michael Wenberg zeigt einen Stein, der seiner Ansicht nach im römischen Theater Bitburgs verbaut gewesen sein könnte. TV-Foto: Katharina Hammermann

Bitburg. Beda, 30. April, anno 230. Schon seit Tagen feiert Beda. Die Häuser sind mit Blumen geschmückt, ebenso wie die Haare der Frauen, die zu Ehren der Göttin Flora gefärbte Gewänder tragen. Die Gasthäuser sind voll und viele der Gäste auch - wenn Flora gepriesen wird, fließt der Wein in Strömen. Und der Höhepunkt kommt noch: Am Abend pilgern die Menschen ins Theater, wo die "Ludi Florales" aufgeführt werden. Festspiele zu Ehren der Blumengöttin. Besonders die Männer freuen sich. Lassen Prostituierte doch traditionell auf der Bühne ihre Hüllen fallen, bevor dann vielleicht noch eine Hetzjagd auf Hasen zu sehen ist. Glücklich die Stammplatzinhaber, deren Namen in die steinernen Sitze des Theaters graviert sind.
So ähnlich könnte es zugegangen sein im römischen Bitburg. Denn dass es ein Theater und auch besagte Festspiele gab, ist nachgewiesen: Eine steinerne Inschrift belegt, dass ein gewisser Lucius Amatius Gamburius Bitburg im Jahr 198 ein Theater mit Ehrenloge schenkte und 50 000 Denare stiftete, damit dort jährlich Spiele zu Ehren der Göttin Flora stattfinden konnten. Und die waren der Überlieferung nach im Allgemeinen recht zügellos. Nur - wo dieses Theater stand, ist bis heute ein großes Rätsel.
Archäologen gehen davon aus, dass es unweit des Zentrums lag. Und zwar an einem kleinen Hang, der es den Römern erleichterte, die Zuschauerränge zu bauen. Geeignet wäre die Topografie im Waisenhauspark, in der Denkmalstraße oder am ehemaligen Müller-Flegel-Gelände. Theorien, die bisher nicht zu untermauern waren. Nun ist eine neue hinzugekommen: Der Bitburger Michael Wenberg glaubt, dass das Theater nördlich von Masholder am Bittenbach gelegen haben könnte. Unweit der Stelle, an der heute die B 257 von der B 50 abzweigt. Auf diese Idee ist der pensionierte Restaurator bei seinen Spaziergängen durch das Tal gekommen. Darauf gebracht hat ihn zum einen das Gelände. Denn die Bachaue und die terrassierten Hänge bilden ein lang gestrecktes Oval. Schon ganz ohne steinerne Aufbauten könnten Hunderte Zuschauer von den Hängen aus verfolgen, was unten geschieht. Zum anderen glaubt Wenberg, an Muschelkalkplatten, die es dort zu finden gibt, Spuren der Bearbeitung zu erkennen.
Doch endet der Vor-Ort-Termin mit dem Archäologen Karl-Josef Gilles vom Landesmuseum Trier für Wenberg mit einer Enttäuschung. Denn Gilles, der sich intensiv mit der römischen Geschichte Bitburgs beschäftigt hat, nennt mehrere Gründe, die aus seiner Sicht dagegen sprechen, dass das Theater am Bittenbach lag. Erstens: Die Veranstaltungen zogen sich bis spät in den Abend hinein. Und danach hätten die Menschen vom Bachtal aus noch etwa zwei Kilometer durch die Dunkelheit nach Hause laufen müssen, während in der Ferne womöglich Wölfe heulten, die es damals noch gab. Der Standort sei zu weit vom Zentrum entfernt. In der Regel hätten die Theater unmittelbar in der Siedlung gestanden. Auch die Geländeform kann Gilles nicht überzeugen. Solche Theater hätten einen Durchmesser von 40 bis 50 Metern gehabt. Die Tribünen waren im Halbrund vor der Bühne angelegt. Doch nirgends lässt sich ein Halbkreis ausmachen. Auch auf den Luftbildern, die der Eifeler Hobby-Archäologe Christian Credner gemacht hat, sind keine solchen Strukturen erkennbar. Und die Steine zeigten keine Bearbeitungsspuren, sondern seien natürlicherweise so geformt.Für Wenberg eine Enttäuschung. Für Gilles nicht das Ende. Er hofft, dass sich eines Tages in einer Bitburger Baugrube Spuren des Theaters finden. Was die römischen Zuschauer dort allerdings genau zu sehen bekamen, wird wohl ewig ein Rätsel bleiben. Das etwa im Jahr 10 nach Christus errichtete Straßendorf Vicus Beda war die erste Raststation auf der römischen Fernstraße zwischen Trier und Köln. Es entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem lebendigen Ort mit Handwerkern, Händlern, Herbergen, einem Tempel, einer Therme und einem Theater. Dass es dieses Theater gegeben haben muss, beweist eine Inschrift, die davon kündet, dass ein Mann die gewaltige Summe von 50 000 Denar für Bau und Unterhalt des Theaters gestiftet hat. Sie kündet gleichzeitig von dem Frieden und dem Wohlstand, der in dem römischen Städtchen lange herrschte. Eine Blütezeit, die mit den Germanenüberfällen im Jahr 275 nach Christus ihr Ende fand. Beda wurde zerstört. Unter Kaiser Konstantin wurde der Ort wegen seiner strategischen Bedeutung ringsum befestigt: Um das Jahr 340 entstand das wehrhafte Kastell mit seiner 3,80 Meter starken Mauer, seinen 13 Rundtürmen und zwei Toren, dessen Reste heute noch zu besichtigen sind. kah

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