Altenpflege Ein ganzes Haus putzt sich heraus
Jünkerath · Die neuen Eigentümer des Seniorenheims „Kylltalblick“ in Jünkerath wollen die Einrichtung deutlich aufwerten. Und sie geben dafür zwei Millionen Euro aus.
Nein, sagt Eduard Eltges, er fühle sich nicht einfach nur wohl im Jünkerather Haus Kylltalblick: „Ich fühl mich sehr wohl – pudelwohl.“ 67 Jahre alt ist er, stammt aus Dockweiler und kam nach einem Schlaganfall ins Jünkerather Haus. „Im Rollstuhl“, sagt er. Inzwischen kann er sich wieder ohne Hilfe bewegen. Und ist kaum zu bremsen: „Es geht mir ganz super, seit ich hier bin. Ich hab hier meine Ruhe, kann lesen, schreiben – und knüpfen.“ Etliche seiner Arbeiten schmücken Eltges’ Wände. Und einen Balkon – mit, genau, Kylltalblick – hat er auch. Und wie ist es mit dem Pflegepersonal? „Alle total in Ordnung“, sagt Eduard Eltges. „Ich kann mich über nichts beklagen.“
Kerstin Malnati lacht. Seit Dezember ist sie die neue Chefin im „Kylltalblick“, und einen besseren Gesprächspartner als Eltges hätte sie wohl kaum vorschlagen können, so begeistert, wie er ist. Beim Rundgang wirken aber auch die anderen Bewohner nicht unzufrieden.
Seit 2009 arbeitet sie für die Bremer Specht-Gruppe, gegründet im Jahr 1988 unter dem Namen „Residenz-Gruppe“. Das Unternehmen besitzt bundesweit Pflege-Immobilien. Das Haus in Jünkerath betreibt Specht auch selbst, gemeinsam mit der Tegeler-Gruppe aus Wunstorf, und gründete dafür eine eigene Gesellschaft.
Im November hatte der TV berichtet, dass die vorigen Betreiber (LFP – „Leistung für Pflege“) in die Insolvenz geraten waren. Einem der ehemals Verantwortlichen werden von der Staatsanwaltschaft Duisburg Untreue und Bestechlichkeit vorgeworfen, es geht um mehr als 120 Fälle, die allerdings nicht die Tätigkeit in Jünkerath betreffen sollen.
Diese Zeiten sollen im Oberen Kylltal sowieso erledigt sein: Specht gibt gerade rund zwei Millionen Euro aus, um das Haus aufzuwerten. Neue Technik, neues (LED-) Licht, neue Böden, neue Möbel, alles in Holz- statt Krankenhausoptik. Wohnlicher soll alles werden, die Senioren dürfen auch eigenes Mobiliar in ihre Zimmer stellen und dekorieren, wie sie wollen. „Die Leute sollen hier leben“, sagt Kerstin Malnati, „wie sie immer gelebt haben. Wir haben hier einen Bewohner, der läuft seit 40 Jahren barfuß.“ Und das dürfe er auch weiter tun. Beim Essen, das zudem frisch im Haus zubereitet werde, gebe es flexiblere Zeiten. Und wenn jemand sein Mittagessen erst abends zu sich nehmen könne, „dann ist das überhaupt kein Problem“.
„Seit Norbert Blüm (ehemaliger Arbeits- und Sozialminister, Anm.) den Pflegemarkt geöffnet hat, ist mehr Wettbewerb“, sagt Frauke Meyenberg, Kommunikationschefin des Bremer Unternehmens. „Dem müssen wir uns auch stellen. Und deshalb investieren wir hier.“
Ziel: Die alten Leute sollen sich daheim fühlen. Und vernünftig versorgt sein. Auch die 50 Mitarbeiter habe man versucht „von Anfang an mitzunehmen“. Die Pflegekräfte, sagt Kerstin Malnati, „bringen schon ein hohes Maß an Motivation mit. Wir sind richtig stolz, dass sie so mitziehen.“
Auf dem Pflegemarkt, keine Neuigkeit, läuft es nicht immer rund und gesund. Vor allem in der Betreuung alter Menschen: Es fehlt an Kräften – die zudem in Deutschland einiges weniger verdienen als Krankenpfleger.
Und nicht jeder Betreiber arbeitet klinisch sauber. Bei Specht sei das anders: „Glauben Sie denn im Ernst, dass ich dann hier wäre?“, sagt Kerstin Malnati, die dafür immerhin aus der Hansestadt in die Eifel zog – freiwillig, wie sie betont.
Nein, seriös und sauber soll es zugehen: „Wir sind ja nicht irgendwelche Heuschrecken, sondern ein vernünftiges, mittelständisches Unternehmen“, sagt Frauke Meyenberg. Das gelte auch für den Partner Tegeler: „Das sind beides zwei super bodenständige Unternehmen. Und die meinen das hier todernst.“
Klare Ansage. Und weil man dahinter stehe, wolle man das Haus auch noch weiter öffnen: Zwei Gymnastikgruppen kommen bereits wöchentlich, Projekte mit Schule und Kindergarten seien möglich, ebenso wie ein Tag der offenen Tür.
Wer will, kann sich übrigens in Jünkerath einkaufen: Specht bietet die Zimmer als Anlage an und garantiert eine festgelegte monatliche Miete – zugleich erhalte man damit ein Vorrecht, wenn man selbst oder ein Familienmitglied pflegebedürftig werde.
Ortsbürgermeister Rainer Helfen (CDU) sieht die Entwicklung gern: „Im Großen und Ganzen muss ich sagen: Das Gefühl ist gut.“ Er habe den Eindruck, „dass die Leute da gut umsorgt werden“.
Die Belegung, aktuell bei 60 Personen – die Einrichtung hat 78 Zimmer –, sei gestiegen, alles werde „von oben bis unten“ renoviert, „von daher merkt man schon, dass da eine ganz andere Kompetenz hintersteckt.“
Außerdem sei Kerstin Malnati sehr offen, was Besuche betreffe: Zum Beispiel, wenn der Nikolaus komme – in Person des Bürgermeisters. Eine Jünkerather Frauengruppe habe für die alten Leutchen gesungen, und im Karneval seien auch die Kylltalnarren dort gewesen. Kurz: „Bis jetzt läuft das.“