Das Streichkonzert hat begonnen

Bitburg/Prüm · Der Kreistag Bitburg-Prüm hat in seiner Sitzung am Montagabend mehrheitlich ein Sparpaket verabschiedet, das den Haushalt 2012 um etwa 76 000 Euro entlasten wird. Ein Antrag auf Streichung des Französischunterrichts und der interkulturellen Förderung in Kitas ist nach einer hitzigen Diskussion abgelehnt worden.

Bitburg/Prüm. "Welches Bild geben wir denn ab, wenn wir das jetzt zerfleddern", fragte Landrat Joachim Streit mahnend. "Bei aller Schwierigkeit zu sparen und Gruppen wehzutun - lassen Sie uns das jetzt durchziehen!"Eine Mahnung, die Wirkung zu haben schien. Denn tatsächlich hat der Kreistag Bitburg-Prüm am Montagabend bei drei Gegenstimmen (SPD/Die Linke) und zwei Enthaltungen ein Sparpaket beschlossen, das den Haushalt 2012 um 76 000 Euro entlasten wird. Ein "unzerfleddertes" Sparpaket (siehe Extra). Denn der Antrag von der SPD, über jede darin aufgelistete Ausgabe einzeln zu diskutieren, wurde von der Mehrheit des Gremiums abgelehnt. Ein überraschender Antrag

Diskussionen gab es dennoch. Ihr Ausgangspunkt war die Tatsache, dass vom Jugendhilfeausschuss (anders als vom Kreisauschuss) kein einziger konkreter Sparvorschlag gekommen war. Der Ausschuss hatte lediglich angeregt zu untersuchen, ob sich bei Streetworkern (84 000 Euro jährlich), den 50 000 Euro für die kostenlose Kindertagespflege (die aus dem Rechtsanspruch auf Kitaplätze entsteht, von denen es im Eifelkreis jedoch zu wenige gibt) und der heilpädagogischen Förderung von Kindern (50 000 Euro) Geld sparen ließe. Das Gesamtsparpotenzial dessen wurde mit 184 000 Euro beziffert. Allerdings ist dies ein unrealistischer Betrag. Denn da es sich um Pflichtaufgaben des Kreises handelt, kann so viel gar nicht gespart werden. "Es hat mit Mutlosigkeit zu tun, wenn man nicht in der Lage ist, einen einzigen Sparvorschlag zu machen", sagte Monika Fink in Richtung des Ausschussvorsitzenden Michael Billen (CDU), woraufhin dieser unerwartet Rückendeckung von den Grünen bekam. "Nur Französisch in Kitas ist eine freiwillige Ausgabe", sagte Rosi Biwer. Alles andere seien Pflichtaufgaben des Kreises. Und wenn man die streiche, werde der Kreis rechtliche Probleme bekommen. Billens Antwort lautete: "Wenn Ihr wollt, dass wir was streichen, dann könnt Ihr einen Antrag stellen." Aber so einen Antrag habe er noch nicht gesehen. Das sollte sich jedoch bald ändern. Denn Rudolf Rinnen (FWG) beantragte daraufhin, Französischunterricht und interkulturelle Förderung in Kitas (zusammen 212 000 Euro) ersatzlos zu streichen. Ein Vorschlag, der für Aufruhr sorgte. Nicht nur, weil der Wegfall der Französischstunden und der speziellen Förderung für Kinder mit Migrationshintergrund laut Billen eine "politische Katastrophe" wäre. Nur dank des Projekts gebe es auch in so vielen Grundschulen Französischunterricht. Sondern auch, weil die 480 000 Euro, die Land und Kommunen derzeit für dieses Angebot zahlen, dann wegfielen. "Wenn es uns nur um Landesmittel geht, dann brauchen wir hier nix mehr zu diskutieren", sagte Rinnen. "Es geht doch darum, dass wir uns das nicht leisten können". Doch kam sein Antrag nicht durch. Nur neun Kreistagsmitglieder von SPD, FWG und den Grünen stimmten für die Abschaffung des Französischunterrichts. Die übrigen waren dagegen. Auch teilten die meisten die Meinung von Marie-Luise Niewodniczanska (FDP), dass die Integration ausländischer Kinder weiterhin schon in der Kita gefördert werden sollte. Aufgaben, die auch der Landrat für politisch sinnvoll hält. Allerdings behielt er sich vor, sie, wenn nötig, mit einer Haushaltssperre auf Eis zu legen. Was durchaus erneut als Mahnung verstanden werden darf. Denn, wenn Streit im Dezember den Haushaltsplan für 2012 vorlegt, wird er wieder versuchen, seinen Kreistag zu bewegen, die Kreisumlage zu erhöhen, um mehr Geld von den Gemeinden zu bekommen. Und sollten sich die Kreistagsmitglieder wieder weigern, wissen sie jetzt schon, was dann passiert …Meinung

Das ist erst der AnfangDas Sparpaketchen, das der Kreistag beschlossen hat, ist ein bescheidener Anfang dessen, was noch kommt. Dessen, was leider noch kommen muss. Denn die Zeit des gedankenlosen Schuldenmachens ist vorbei. Zu deutlich hat Griechenland gezeigt, wo das hinführt. Das Sparpaketchen, das der Kreistag beschlossen hat, ist auch ein harmloser Anfang. In Zukunft wird es wehtun, wenn gespart wird. Ja, es wird sogar wehtun müssen, wenn sich etwas ändern soll. Das will natürlich niemand. Niemand will politisch sinnvolle Projekte streichen oder Gemeinden und Bürger zwingen, mehr zu zahlen. Niemand will das. Aber die Realität erfordert es. Es ist Zeit, dass der Kreistag das einsieht. k.hammermann@volksfreund.deExtra

Das meiste Geld soll die Gebührenerhöhung bei der Kreismusikschule bringen: insgesamt 48 000 Euro. Die Mitgliedschaft in der Verkehrsvereinigung Prümer Land (10 225 Euro) und in der Atlantischen Akademie (1550 Euro) soll gekündigt werden. Die 1000 Euro für Ausgaben des Kreisjugendfeuerwehrwarts werden gestrichen. Busfahrten zur Eislaufhalle kosten künftig statt drei vier Euro (468 Euro mehr). Für das Modellprojekt Demenz werden 2012 statt 17 600 nur 13 500 Euro fließen. Die Zuschüsse für das Diakonische Werk (750 Euro) und den Frauennotruf Trier (250 Euro) entfallen. Die Eintrittspreise für das Kreismuseum steigen (Mehreinnahmen: 1750 Euro). Sportveranstaltungen werden 2012 mit 2400 Euro weniger bezuschusst. Und höhere Anzeigenpreise im Kreisjahrbuch sollen 5300 Euro mehr in die Kasse bringen. kah

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