Datenschützer üben harsche Kritik

Die Schuldnerberatung und der Eifelkreis wollen zukünftig Informationen über Hartz-IV-Empfänger austauschen. Im Büro des Landesbeauftragten für Datenschutz sieht man den Vertrag skeptisch.

 In der Kritik: der geplante Informationsaustausch über Hartz-IV-Empfänger zwischen Arge und Caritas. Foto: dpa

In der Kritik: der geplante Informationsaustausch über Hartz-IV-Empfänger zwischen Arge und Caritas. Foto: dpa

Bitburg. Es hagelt Kritik, noch bevor der Vertrag unterschrieben ist, mit dem Arge (Arbeitsgemeinschaft der Agentur für Arbeit Trier und des Eifelkreises Bitburg-Prüm) und Caritas künftig Daten über ihre gemeinsamen Kunden austauschen wollen. Hintergedanke des Vorhabens ist, dass Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit nach wie vor als Hauptursachen für die Überschuldung von Privatpersonen gelten.

Aus Sicht des Caritasverbands Westeifel, dem Träger der Schuldnerberatung im Eifelkreis, und der Arge liegt es deshalb nahe, bei der Beratung von Hartz-IV-Empfängern zusammenzuarbeiten und Informationen auszutauschen.

Der Sozialausschuss des Eifelkreises hat im letzten Jahr einer Vereinbarung zugestimmt, die diese Zusammenarbeit regeln soll. Sie wurde seitdem zwar noch nicht unterschrieben, was laut Kreisverwaltung vor allem mit der Amtseinführung des neuen Landrats zusammenhing.

Deutliche Kritik ist allerdings schon jetzt laut geworden. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung werde im Vertrag missachtet, lautet einer der schwersten Vorwürfe, die Kreistagsmitglied Wolfgang Ferner erhebt. Schließlich sieht die Vereinbarung vor, dass der Hartz-IV-Empfänger sowohl die Schuldnerberatung als auch die Arge von der Schweigepflicht entbindet, damit ein Informationsaustausch zwischen beiden Stellen erfolgen kann. Die Arge kümmert sich darum bereits, wenn der Arbeitslose die allgemeine Eingliederungsvereinbarung unterzeichnet, während die Caritas im ersten Gespräch eine entsprechende Vollmacht einholt.

Gewisse Unterstützung erhält Ferner aus Mainz. Denn auch im Büro des Landesbeauftragten für Datenschutz wird der Vertrag skeptisch gesehen. Dort hat man deshalb eine Stellungnahme der Kreisverwaltung angefordert, und auch nachdem diese vorliegt, bestehen offenbar weiterhin Zweifel.

"Es ist nicht ganz einsichtig, weshalb alles aus der Schuldnerberatung übermittelt werden muss", erklärt der zuständige Mitarbeiter. Der Vertrag zwischen Eifelkreis und Caritas wurde daher zum Anlass genommen, das Thema auf die Tagesordnung eines Treffens der Datenschutzbeauftragten aller Länder sowie des Bundes zu setzen.

Denn bislang existieren offenbar bundesweit unterschiedliche Meinungen hinsichtlich solcher Verträge: Im benachbarten Hessen vertrete man beispielsweise die Auffassung, dass ein gewisser Informationsfluss durchaus berechtigt sei, heißt es aus Mainz. Ob und welche gemeinsame Linie die Datenschutzbeauftragten nun erarbeiten, soll kommende Woche feststehen.

Caritas und Kreisverwaltung sehen das Thema bislang jedoch gelassen: "Inhaltlich stehen wir hinter der Vereinbarung, und wenn noch etwas ausgebessert werden muss, werden wir das machen", erklärt Michael Fasen, Leiter des Fachbereichs Soziale Sicherung und Integration beim Caritasverband Westeifel.

Zudem betonen sowohl Arge als auch Caritas, dass es für den Hartz-IV-Empfänger keine rechtlichen oder finanziellen Konsequenzen habe, wenn er dem angestrebten Informationsaustausch nicht zustimme. Die Schweigepflichtentbindung solle jeweils separat vereinbart werden und sei nicht Bestandteil eines anderen Dokuments.

Auch die Kommunalaufsicht der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier hält den Vertrag offenbar für ähnlich bedenkenlos wie Caritas und Eifelkreis. Dort wurde der Vertrag aufgrund einer eingegangenen Beschwerde unter anderem hinsichtlich des Datenschutzes juristisch geprüft und nicht beanstandet, wie die Pressestelle mitteilt. Datenaustausch Caritas und Arge halten den Informationsaustausch, der in der Vereinbarung vorgesehen ist, für sinnvoll, weil dadurch die Lebenssituation des Hartz-IV-Empfängers besser erfasst werden kann. Dadurch könnte auch die Arbeit der Arge entsprechend angepasst werden. So wäre es etwa sinnvoller, einen Kauf- oder Spielsüchtigen zunächst zu therapieren statt ihn an einer Arbeitsmaßnahme teilnehmen zu lassen. Mitunter könnten die Mitarbeiter der Schuldnerberatung auch stärkere Einblicke in die Persönlichkeit des Kunden haben und daher den Kollegen der Arge erklären, weshalb ein Hartz-IV-Empfänger mehrfach zu Gesprächsterminen bei der Arge nicht erschienen sei. (jk)BERATUNGEN Wenn ein Erwerbsloser Arbeitslosengeld II beantragen möchte und im Erstgespräch mit der Arge auch über persönliche Schulden gesprochen wird, kann er in der Eingliederungsvereinbarung dazu verpflichtet werden, eine Erstberatung bei der Schuldnerberatung der Caritas in Anspruch zu nehmen. Danach erhält er von der Caritas eine Bestätigung mit einer kurzen Einschätzung, inwiefern eine längere Beratung notwendig erscheint. Die Arge schreibt jedoch nur diese Erstberatung vor und kann bei einer Nichtteilnahme den Regelsatz des Hartz-IV-Empfängers für bis zu drei Monate um 30 Prozent kürzen. Ob und wie eine laufende Beratung erfolgt, erfährt sie jedoch nicht. Auch das soll sich durch die Vereinbarung ändern. (jk)

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