"Der Baum bleibt, den genießen wir"

Unter einem Nussbaum lässt es sich gut sitzen, besonders in einem Sommer wie in diesem Jahr, wenn es heiß wird. In Steinborn bei Kyllburg genießt die Familie Müller das seit 75 Jahren.

Steinborn. Nicht ein einziges Mal haben die Müllers ernsthaft daran gedacht, den weit ausladenden und fast zwölf Meter hohen Nussbaum vor den Fenstern ihres Hauses nahe der Steinborner Kirche zu fällen. Sogar in den 60er Jahren, als funktionales Streben viele althergebrachte Traditionen über Bord warf, blieb der Nussbaum vor dem ehemaligen Bauernhaus stehen.

"Wir haben ihn nicht abgesägt, weil es richtig schön ist, im Sommer darunter zu sitzen", sagt Sophie Elsen-Müller. Selbst die 40 Grad Hitze im Juli dieses Jahres haben die Müllers genießen können, ohne ins Schwitzen zu kommen. "Der Baum wirkt wie ein Ventilator. Wenn man darunter sitzt, spürt man selbst bei heißen Temperaturen einen erfrischend kühlen Luftzug."

Gleich zwei 75 Jahre alte Nussbäume gibt es bei den Müllers in Steinborn: einen vor dem Haus, den anderen im Garten dahinter. "Beide sind 1935 von meinem Vater Karl Elsen gepflanzt worden", weiß Sophie Elsen-Müller.

Eine Cousine ihres Vaters aus Trier, Inhaberin einer Gärtnerei, brachte zwei junge Nussbaumpflanzen als Schmuck für das 1933 erbaute Haus. Beide Bäume begleiten das Leben von Sophie Müller-Elsen seit ihrer Geburt 1954 und sind ihr ans Herz gewachsen.

Als ihr Mann Günther Müller 1976 aus Spangdahlem nach Steinborn zog, war auch für ihn klar: "Der Nussbaum bleibt, den genießen wir." Ebenso sehen das viele Menschen in Steinborn: "Der Nussbaum gehört zum Dorf. Wenn er weg wäre, das wäre furchtbar."

Die Müllers genießen auch die Walnüsse, die im September und Oktober geerntet werden können. Einen Teil der Nüsse verschenken sie. "Wer welche will, kriegt welche", sagt Sophie Elsen-Müller. "Aber der Baum ist für uns kein Nutzbaum, sondern viel wichtiger als Schattenbaum und zudem ein Mückenabwehrmittel ohnegleichen."

Nussbaumsträuße vertreiben die Mücken



Aus Erzählungen ihrer Eltern weiß sie, dass vor 100 Jahren in den Wohnzimmern und Küchen Nussbaumsträuße gehangen haben zwecks Vertreibung der Mücken, die besonders in landwirtschaftlich genutzten Gebäuden auftauchten. Landwirtschaft betreibt die Familie seit 1978 nicht mehr. Der Traktor ist allerdings noch vorhanden und wird im Herbst mitsamt Hänger genutzt, um die vielen Blätter wegzufahren.

"Das ist zwar viel Arbeit, aber das machen wir gerne. Es gehört zum Baum dazu", sagen die Müllers. Aber noch ist es Sommer, und die Müllers genießen die letzten sonnigen Tage im Schatten ihres 75 Jahre alten Nussbaumes im Hof ihres Hauses neben der Steinborner Kirche.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort