Der Bier-Verächter von Bitburg

BITBURG. Bier hat in Bitburg eine lange Tradition. Glaubt man der Sage vom Bier-Verächter, reicht die Geschichte des Gerstensafts in der Stadt bis ins 14. Jahrundert zurück.

Die ersten nachgewiesenen Bitburger Bierbrauer waren Mönche vomOrden der Benediktiner. Diese besaßen im 14. Jahrhundert in derNähe der Stadt ein Kloster und erkannten als erste die Güte desBitburger Wassers und seine vorzügliche Eignung für dieBierbereitung. Eines Tages starb der Abt und ein neuer wurde bestimmt. Dieser hieß Vincenz von Urtingen und kam aus dem Süden des Landes in die Eifel. Vincenz von Urtingen war ein strenger Ordensmann, der den Mönchen das Bierbrauen zwar weiterhin erlaubte, ihnen aber verbot, ihre Produkte selbst zu trinken. Diese Verordnung ging den Brüdern sehr zu Herzen, weil sie doch jeden Abend in ihrer Braustube zusammenkamen und nach der Andacht und dem Nachtessen bis um Mitternacht dem guten Bitburger Bier zuzusprechen pflegten.

Eine List für den Gerstensaft

Der neue Abt achtete sehr auf Einhaltung seiner neuen Anordnung und so zog schnell schlechte Stimmung in das Kloster ein. Die Brüder beratschlagten, wie man diese Anordnung umgehen könnte. Sie dachten dabei an die Mönche aus dem Kloster Himmerod in der Eifel, die der Abt aus ähnlichen Gründen um ihren allabendlichen Weinschoppen gebracht hatte. Bald darauf hin starb einer nach dem anderen, bis ein berühmter Arzt aus Frankreich feststellte, daß es keine Seuche war, sondern eine Infektion, die durch unsaubere, vernachlässigte Weinfässer verbreitet wird.

So einfach lag der Fall in Bitburg aber nicht. Die Mönche sannen auf eine List, um die Absichten ihres Oberen zu durchkreuzen. Ihnen fiel aber absolut nichts ein, bis ihnen der Zufall zu Hilfe kam.

Während das Kloster in tiefer Trauer dalag und die Mönche die Köpfe hängen ließen wie Blumen, denen man Licht und Wasser entzogen hatte, erschien plötzlich der Bischof zu Besuch. Er wunderte sich sehr über die melancholische Stimmung im Kloster und fragte den Abt nach dem Grund dieser Veränderung. Er kannte die Klosterbrüder von früheren Besuchen her als Männer, die bei aller Pflicht doch einigen irdischen Freuden durchaus zugeneigt waren.

Der Abt wusste keine Antwort auf die Frage. Während das Essen serviert wurde, ließ er zur Feier des Tages Bier auftragen. Als die Krügen auf die Tische gestellt wurden, ging ein Leuchten über die Gesichter, beinahe vergaßen sie zu essen und wünschten sich nur, der Bischof möge dem Kloster doch jede Woche einen Besuch abstatten.

Der Bischof trank einen Schluck aus seinem Krug. Er verzog aber das Gesicht, als ob er Essig getrunken hätte, sprang auf und verlangte ein Glas Wasser, da das Bier nach faulem Käse schmecke. Der Abt war höchst verzweifelt und rief den Bruder Braumeister zu sich, der vor ihm und dem Bischof diesen Tadel übernehmen sollte.

Der aber wahrte seine Ruhe und parierte den Vorwurf, er habe sein Amt vernachlässigt und werde das Klosterbier draußen im Lande in Verruf bringen: "Woher, werter Herr Bischof, soll ich wissen, daß mein Bier nach faulem Käse schmeckt, nachdem unser hochwürdigster Abt mir und allen Brüdern verboten hat, es zu trinken? Früher war es Pflicht und Ehrensache, in einmütiger Runde die Erzeugnisse des Klosters zu verkosten, damit sein Ruf erhalten bleibt."

Nachdem er sich so verteidigt hatte, verschwand der Braumeister mit schnellen Schritten. Der Abt wurde abwechselnd rot und blass als der Bischof ihn fragte, ob es mit den Worten des Braumeisters seine Richtigkeit habe. Er musste es wohl oder übel zugeben.

Da schüttelte der Bischof den Kopf und sagte: "Brüder des Herrn! Es freut mich zu hören, daß Ihr Eure Pflichten nicht vernachlässigt habt und die mindere Qualität des Bieres lediglich auf den Übereifer unseres verehrten Abts zurück zu führen ist. Ich lege ihm daher nahe, sich in Gottes Namen ein anderes Kloster zu suchen, in dem kein Bier gebraut wird!"

Der Abt fiel auf die Knie, küßte den Saum des bischöflichen Gewandes und bat, Bitburg auf der Stellte verlassen zu dürfen. Er wolle zu Fuß durch das Land wandern und seine Schuld abbüßen.

Der Chronist vermeldet, da Vincenz von Urtingen so lange umhergeirrt sein, bis ihn der Tod erlöste, denn ein Kloster ohne die ehrbare Braukunst habe er nicht gefunden.

Das Original dieser Geschichte erschien in dem Buch "Gambrinus -Ein fröhliches Bierbuch aus zwei Jahrtausenden". In dem Kapitel "Reise durch alte Braustädte" gibt es auch diese Geschichte aus Bitburg mit dem Titel "Der Bier-Ahasver". Ahasver war der Legende nach ein jüdischer Schuster, der Jesus auf dem Kreuzweg eine Ruhepause bei seinem Haus abgeschlagen hatte. Seither gilt er im jüdischen Weltbild als der "ewige Jude", der verfluchte, ruhelose Wanderer, im Gegensatz zu Moses. Das genannte Kloster stand wahrscheinlich in Maximin, an der Ecke Saarstraße/Mötscher Straße. Dies war damals außerhalb der Stadtmauern.

S

Autor Günther Thömmes kommt aus Bitburg und hat dort und in Weihenstephan das Brauerei-handwerk gelernt. Seit über zehn Jahren ist er Weltreisender in Sachen Bier.

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