Der Bürgermeister und die Kleiderfrage

Was trägt man als Bürgermeister? Über diese und andere wichtige Fragen sprach Willi Servatius (59) mit dem TV und gewährte einen humorvollen Einblick in seine 25-jährige Amtszeit als Bürgermeister des kleinsten selbständig verwalteten Dorfes in der Verbandsgemeinde Prüm.

Niederlauch. Zu seinem Posten kam Willi Servatius wie die Jungfrau zum Kinde: Enes Tages im Sommer 1984, zur besten Melkzeit, kam ein Nachbar zu dem bis dahin politisch eher untätigen 34-Jährigen in den Stall und sagte: "Zieh dich um, wir haben dich gerade zum Bürgermeister gewählt!"

Den humorvollen Landwirt konnte weder die Kleiderfrage noch das Amt erschrecken. Er nahm die Herausforderung an, die Geschicke des mit etwas mehr als 50 Einwohnern kleinsten selbstständig verwalteten Orts in der Verbandsgemeinde Prüm zu leiten.

Große Projekte hat es nicht gegeben, aber auch Kleinvieh macht Mist: So wurden Wirtschafts- und Waldwege ausgebaut, die Dorfstraße teilweise erneuert und ein Buswartehäuschen errichtet. Weil Niederlauch als Pfarrgemeinde auch für die Orte Oberlauch, Winringen und Dingdorf zuständig ist, wurden viele Vorhaben gemeinsam gestemmt: Der Umbau der alten Schule zum Pfarrgemeindehaus, der Neubau einer Leichenhalle und die Instandhaltung des Friedhofs. Servatius lacht, als er auf seine "Mehrarbeit" hinweist, weil der gemeinsame Friedhof von ihm verwaltet wurde.

Im beschaulichen Niederlauch sind immerhin noch ein Schmied, ein Futtermittelhandel und zwei Vollerwerbslandwirte ansässig. Das macht gemessen an der Einwohnerzahl eine Gewerbequote von fast zehn Prozent! Und wer im Verein aktiv werden will, kann dies im Kirchenchor, dem Musikverein oder bei der freiwilligen Feuerwehr tun.

Überwiegend beschaulich ging es laut Servatius auch im Gemeinderat zu: Seinerzeit wunderte sich selbst Vinzenz Hansen als Bürgermeister der Verbandsgemeinde darüber, dass der Rat von Niederlauch meist friedlich und einvernehmlich zu Lösungen fand. "Man darf sich selbst nicht so wichtig nehmen" gibt der 59-Jährige als sein Leitmotiv an - und das nicht nur für die Amtsführung. Die Meinungen und Ideen der anderen Mitglieder des Gemeinderats trafen bei ihm stets auf ein offenes Ohr.

Aus gesundheitlichen Gründen hat er bereits im März 2009 sein Amt an seinen ersten Beigeordneten und Nachbarn Norbert Heinen übergeben. Traurig ist er ganz offensichtlich nicht darüber: "Ich war jetzt lange genug Bürgermeister, jetzt will ich erst mal wieder gesund werden und die ruhigeren Zeiten genießen", sagt er. Die offiziellen Ehrungen anlässlich seines 25. Dienstjubiläums hat er abgesagt. Als jedoch in der örtlichen Presse trotzdem kurze Berichte (mit Foto) über sein Wirken veröffentlicht wurden, erhielt er den ersten anonymen Brief seiner Laufbahn: "… wenn man geehrt wird und in der Zeitung abgebildet wird, kleidet man sich nicht so, als würde man zum Prümer Sommer gehen, oder hast du keine Krawatte?" Und da war sie wieder, die Kleiderfrage.

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