Der Durchbruch kam mit Eisenschmitt Fünf Menschen, fünf Fragen und über 200 Antworten

Mit ihrem Eifelroman "Weiberdorf" machte sich die in Trier geborene Schriftstellerin Clara Viebig zum Ende des 19. Jahrhunderts weder im "Weiberdorf" Eisenschmitt noch innerhalb der katholischen Kirche Freunde. Doch ihre literarische Auseinandersetzung mit der Landschaft und den Menschen der Eifel ist für die Region heute weitaus bedeutender als der Ärger von damals.

 Clara Viebig. Foto: privat

Clara Viebig. Foto: privat

 Eisenschmitt diente der Schriftstellerin Clara Viebig, nach der auch das gleichnamige Zentrum im Ort benannt ist, als Vorlage für ihren Roman „Das Weiberdorf“. TV-Foto: Archiv/Martina Klein

Eisenschmitt diente der Schriftstellerin Clara Viebig, nach der auch das gleichnamige Zentrum im Ort benannt ist, als Vorlage für ihren Roman „Das Weiberdorf“. TV-Foto: Archiv/Martina Klein

 „Kinder der Eifel“ ist eines der Werke von Clara Viebig. Foto: privat

„Kinder der Eifel“ ist eines der Werke von Clara Viebig. Foto: privat

Trier/Eisenschmitt. Schon bevor ihr erster großer Roman im Buchhandel erscheint, sorgt der Vorabdruck in der Frankfurter Zeitung für böses Blut. In dem Werk geht es um Doppelmoral, sexuelle Freizügigkeit und weibliche Selbstbestimmung. Und es geht um die Menschen in Eisenschmitt, die Träger dieser unerwünschten Eigenschaften sind. Dies sind überwiegend die Frauen, die zum Ende des 19. Jahrhunderts in Eisenschmitt leben, dort die Arbeiten auf den Feldern und in den Häusern erledigen, während ihre Männer die meiste Zeit des Jahres als Gastarbeiter im Ruhrgebiet tätig sind. Für Clara Viebig ist Eisenschmitt "das Weiberdorf", mit deren Menschen sie sich in ihrem gleichnamigen Roman unverblümt auseinandersetzt. Denn so züchtig wie von ihnen erwartet, vertreiben sich die Frauen die Zeit ohne ihre Männer nicht. Und auch der selbstgefällige Pastor des Ortes ist keine positive Erscheinung.

Dass es sich dabei nur um einen Roman mit fiktiven Personen handelt (dort heißt der Ort zudem Eifelschmitt), stört die verunglimpften Bürger der Gemeinde ebenso wenig wie die katholische Kirche, die das "sittenverderbende Machwerk" auf den Index setzt. Für die damals 39-jährige Clara Viebig hingegen ist das Weiberdorf der literarische Durchbruch.

Am 17. Juli 1860 in Trier geboren, genießt die Tochter eines Regierungsrats eine bildungsbürgerliche Erziehung. Ihre frühe Kindheit verbringt sie in Trier, ihre Jugend in Düsseldorf, und als ihr Vater Ernst im Oktober 1881 stirbt, beginnt für die bis dahin heile Welt eine finanziell ungewisse Zukunft. Clara Viebig zieht mit ihrer Mutter nach Berlin, absolviert dort ein Gesangsstudium, muss aber erkennen, dass die Aussichten auf eine musikalische Karriere eher gering sind. Sie gibt private Musikstunden. Doch weil das Geld nicht ausreicht, verfasst sie kleine literarische Werke für die Tageszeitung.

Da es als Frau und zudem Tochter eines hohen Beamten äußerst problematisch ist, dem in der Gesellschaft als unbürgerlich eingestuften Beruf des Schriftstellers nachzugehen, schreibt die junge Autorin ihre ersten Werke unter dem Pseudonym "C. Viebig", womit eine geschlechtliche Zuordnung des Autors verschleiert wird. Weinige Jahre später heiratet sie den jüdischen Verleger Theodor Cohn, bekommt einen Sohn und widmet sich immer mehr der Schriftstellerei. 1897 erscheint "Kinder der Eifel", 1900 "Das Weiberdorf", 1908 "Das Kreuz im Venn", 1922 "Unter dem Freiheitsbaum" und 1935 schließlich nach zahlreichen Werken der letzte Roman: "Die Vielgeliebte und der Vielgehasste".

Der Nationalsozialismus verändert ihr Leben. Aufgrund ihrer Ehe mit Cohn wird sie zwar nicht verfolgt, gilt aber als "jüdisch versippt". Der Sohn emigriert nach Brasilien, und zwei Jahre später stirbt ihr Ehemann. Clara Viebig verlässt in den Wirren des Zweiten Weltkriegs Berlin, kehrt 1946 aber wieder mittellos zurück. Verarmt, psychisch betreut und scheinbar vergessen stirbt die "Eifeldichterin" am 31. Juli 1952 in Berlin. Auf ausdrücklichen Wunsch hin wird sie in Düsseldorf im Grab ihres Vaters beigesetzt.

50 Jahre nach ihrem Tod und ein Jahrhundert nach dem Streit um Eisenschmitt erfreuen sich die Werke Clara Viebigs ihrer Renaissance. Dass die Eifel für die Literatur entdeckt wurde, ist vor allem ihr Verdienst. Und dass die Autorin von den Menschen in Eisenschmitt nach Veröffentlichung des Weiberdorf-Romans einst mit Mistgabeln bedroht wurde, ist längst vergessen. Genau 201 TV-Leser haben sich den Fragen der TV-Aktion "Hätten Sie's gewusst?" zu fünf historisch bedeutenden Persönlichkeiten - Schinderhannes, Clara Viebig, Georg Meistermann, Nicolaus Cusanus und Kaiser Lothar - gestellt. Es gab je vier Antwortmöglichkeiten, von denen nur eine stimmte. Fazit: Ein bisschen was weiß fast jeder.

Nun präsentiert der TV die Ergebnisse in einer fünfteiligen Serie zum Jahreswechsel. Das Rätsel, welches Spiel auf den Hunsrücker Schinderhannes zurückgeht, haben wir bereits am Samstag gelüftet. Heute decken wir auf, wofür Clara Viebig bekannt ist.

Und wer sein Wissen selbst testen will, kann dies ganz einfach online tun. Unter www.volksfreund.de/extra steht der Fragebogen zur Verfügung. Die Auswertung gibt es dort gleich nach dem Ausfüllen.

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