Der Freundschaftsbaum trägt viele Blüten

Rund 2000 Menschen haben am Samstag in Prüm den rheinland-pfälzischen Ruandatag gefeiert. Eröffnet wurde er am Morgen von Landrat Joachim Streit gemeinsam mit Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) und der ruandischen Botschafterin Christine Nkulikiyinka.

Prüm. "Vor 16 Jahren hat Ruanda geweint, weil seine Freunde die Augen verschlossen haben. Heute weinen wir vor Scham, weil wir nicht geholfen haben, aber auch vor Freude, weil die Partnerschaft seit 28 Jahren mit Rheinland-Pfalz Bestand hat", sagt Schirmherr Joachim Streit beim Festakt zur Eröffnung des Ruanda-Tags in der Karolingerhalle Prüm.

Für Ministerpräsidenten Kurt Beck ist die Partnerschaft eine Sache der Herzen geworden, die man sich auch über den 30. Jahrestag hinaus bewahren wolle. Das sei nicht immer so gewesen, sagt Beck, der an die Zeiten des Größenwahns der Europäer erinnert, als in Afrika Kolonien gebildet und die Menschen ausgenutzt wurden. "Und dann haben wir uns gewundert, dass sie sich nicht so entwickelt haben, wie wir." Deshalb sei die Partnerschaft eine "unendliche Chance, zu lernen, dass andere Völker in anderen Kulturen das Recht haben, nach ihren Vorstellungen zu leben". Er dankt den Prümer Schulen für ihre "bewusste, gründliche und nachhaltige Arbeit".

Die ruandische Botschafterin Christine Nkulikiyinka erinnert an den Völkermord in ihrem Land: "1994 war eine schlimme Zeit, aber ihr Rheinland-Pfälzer ward immer für uns da." Sie habe sich gefreut, an diesem Tag in so viele junge Gesichter geschaut zu haben. "Die Jungen und Mädchen sehe ich als Brückenbauer für die Beziehungen zwischen den Völkern. Ich bin zuversichtlich, dass es weitergehen wird."

Hunderte Schüler der Realschule plus und des Regino-Gymnasiums Prüm hatten sich auf diesen Tag vorbereitet. Rund 20 Gruppen zeigten den Tag über Tanz, Theater, Kunst, Musik informierten die Besucher und verkauften Gebasteltes. "Ich mag die Leute hier", sagt der 19-Jährige Eric Thyishimire aus Butare nach seinen bisher zwei Wochen in der Eifel. Die Gastfreundschaft der Deutschen habe es ihm besonders angetan, das Interesse an seinem Heimatland Ruanda, an Afrika - "und wie sie miteinander umgehen". Ein gutes Miteinander: Das gilt auch für die Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und dem afrikanischen Land, das sich 16 Jahre nach dem Völkermord mit mehr als 800 000 Toten in einem schwierigen Prozess der Entwicklung, der Demokratisierung und der Versöhnung befindet. "Vieles ist noch instabil", sagt Richard Auernheimer, Präsident des Partnerschaftsvereins Rheinland-Pfalz/Ruanda. Dennoch: "Wir brauchen Vertrauen in dieses Land."

Dafür wirbt auch Botschafterin Christine Nkulikiyinka. Nicht zuletzt wegen der vielen jungen Menschen in ihrer Heimat, die eine Perspektive brauchten. Man setze daher in Zukunft verstärkt auf Berufsausbildung und den wirtschaftlichen Austausch: "Wir haben vieles unternommen, damit wir auch als Investitionsstandort interessant sind." Was aber nicht bedeute, dass man das Soziale fallen lasse: So wolle man unter anderem ein Jugendwerk aufbauen, in dem "junge Menschen sich begegnen können". Kurz: "Rheinland-Pfalz bleibt ein wichtiger Partner für Ruanda."

"Wir sind überrascht, wie viele Leute hier sind", sagt Maria Streit von der Realschule plus. Vor allem die Schüler hätten sich über das große Interesse der Besucher gefreut. Insgesamt, so schätzt Jürgen Gieraths vom Regino-Gymnasium, seien es wohl mehr als 2000 Menschen gewesen, die an diesem Tag in Prüm waren.In Ruanda zu Gast war wiederum vor vier Jahren Lucia Simon aus Stadtkyll. "Eine schöne und traurige Erfahrung", sagt die 22-jährige Ex-Gymnasiastin.

Das Traurige sei die Armut gewesen. Schön hingegen die Landschaft - "und Leute aus unserer Partnerschule kennenzulernen. Dieser Tag heute weckt natürlich Erinnerungen an die Reise." Rheinland-Pfalz und Ruanda: Die Partnerschaft geht weiter.

"Der Freundschaftsbaum in der Basilika trägt Blüten", sagt Maria Streit. Extra Ruanda im Jahr 16 nach dem Völkermord "Es ist nicht ganz einfach", sagt Helmut Scherf, Vorsitzender des Ruanda-Komitees Trier. "Die Hauptstadt entwickelt sich, das Land nicht. Die Masse der Bevölkerung wird nicht mitgenommen auf der Reise." Der im August wiedergewählte Präsident Paul Kagame - seine Truppen beendeten 1994 das Morden - wird von vielen Beobachtern kritisiert: Sie werfen ihm vor, aus seinem Land einen Überwachungsstaat gemacht zu haben und unliebsame politische Gegner kaltstellen zu lassen. Der Politiker André Kagwa Rwisereka von der Grünen Partei wurde wenige Wochen vor den Wahlen ermordet. Kurz darauf wurde ein Verdächtiger gefasst, die Regierung streitet jegliche Verstrickung ab. Kagame wiederum weist alle Belehrungen zurück, insbesondere von jenen Ländern, die beim Völkermord vor 16 Jahren tatenlos zuschauten. (fpl)

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