Der Garten hält Leib und Seele zusammen

Lauperath · Zu einem historisch gewachsenen Hof wie dem 1136 erstmals urkundlich erwähnten Mayischhof in Lauperath gehört ein traditioneller Bauerngarten, findet Alma Hermes. Mit seinen Gemüsepflanzen, Kräutern und Blumen liefert er damals wie heute Nahrung für alle Lebenslagen.

Lauperath. "Blumen sind die Sterne des Tages": So steht es auf einem Stein am Treppenaufgang zum Garten des Mayischhofs in Lauperath (Verbandsgemeinde Arzfeld). An diesem Morgen funkeln diese Sterne in orangen Feuerlilien und prangen mit Bartnelken neben Johannisbeeren.
Schwiegermutters Nutzgarten


Wie der Großteil der Pflanzen in Alma Hermes\' Bauerngarten gehören sie zu den traditionellen Gewächsen auf dem Land. "Unser Garten orientiert sich an der überlieferten Pflanzenliste der Landgüterverordnung Karls des Großen", erklärt die geschichtsinteressierte Landwirtin. Im 70. Kapitel des sogenannten Capitulare de villis hatte der Kaiser 73 Nutzpflanzen einschließlich Kräutern und Obstbäumen festgelegt, die in den Gütern seines Reichs anzupflanzen seien. Mit Saubohnen, Kohlrabi, Schnittmangold und Fenchel findet man die altbekannten in den Beeten des historischen Maierhofs wieder. Auch Erbsen waren seit dem Jahr 812 ein Muss. "Meine Tante gab mir mal Samen einer alten Sorte, weil sie meinte, ich sei doch so ein Gartenmensch", erzählt Alma Hermes.
Da hatte sie den Nutzgarten schon von der Schwiegermutter übernommen. Gärtnerisch geschult war sie bereits durch ihre Ausbildung. "Die Bäuerin auf unserem Ausbildungslehrgut Grenzau bei Höhr-Grenzhausen hat großen Wert auf den Garten gelegt", sagt die Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft. Die Freude an Blumen brachte sie vom elterlichen Bauerngarten mit. Wo es geht, setzt sie Blütenschmuck zwischen Gemüsegrün. Blau blitzt Borretsch neben Rote-Beete-Reihen. Ringelblumen überstrahlen Möhren, Zwiebeln und Salat. "Wird der Salat geerntet, können sich die Möhren breitmachen", erklärt die Gärtnerin ihr ausgetüfteltes Anbausystem.
Zwiebeln und Möhren setze man in Mischkultur, um die Möhrenfliege abzuhalten. Da ihr "keine Chemie in die Beete komme", probiert sie diverse Hausmittelchen aus. Zum Bewährten aus dem Erfahrungsschatz zählt auch die Stangenbohnenwand. "Die kreuzweise aufgestellten Holzstangen richten wir am Gartenrand auf", sagt Alma Hermes. Der Sichtschutz aus Feuerbohnen kaschiert den Stall und schafft ein optimales Kleinklima für Gurken und Zucchini, die windgeschützt stehen wollen. Als praktisch hat sich die von einem Mittelpunkt ausgehende Vierteilung der Fläche im Bauerngarten erwiesen. Mythologisch betrachtet, liegt dem Aufbau ein tieferer Sinn zugrunde. "Das Rondell in der Mitte soll den Quell des Lebens verkörpern", erklärt die ausgebildete Gästeführerin. Im Frühjahr lässt sie aus dem Rund Narzissen, Tulpen und Traubenhyazinthen sprudeln. Danach türmen sich die Königskerzen. Der Übergang zu Dahlien ist fließend. Alma Hermes hat den Satz "die Kreuzform symbolisiert die Verbindung zwischen Himmel und Erde" noch nicht zu Ende gesprochen, da beginnen die Glocken der Kapelle auf dem Hofgelände Mittag zu läuten. Schnell pflückt die Köchin noch ein paar Minzblätter und Estragonrispen. Die wird sie in die Sauce zum Fleischfrikasse mischen. Dazu gibt\'s Salat - natürlich mit essbaren Blüten, die wie Sterne aus dem Grün blitzen.
Johannisbeer-Aufgesetzer: Für die Qualität des hauseigenen Johannisbeerlikörs sind die Früchte entscheidend. "Auch wenn die Johannisbeeren schon rot sind, sollte man sie vor dem Ernten noch etwas hängen lassen", verrät Alma Hermes. Dadurch wird ihr Aroma intensiver. Den Aufgesetzten stellt man wie folgt her: 300 bis 400 Gramm Johannisbeeren in eine Zwei-Liter-Flasche füllen, darüber eine Schicht aus 250 Gramm weißem Kandiszucker und je nach Geschmack eine aufgeritzte Vanille- oder Zimtstange zugeben. Mit Korn und Obstler auffüllen. "Verwendet man nur Korn, wird mir der Likör zu streng", verrät Alma Hermes. Das verschraubte Gefäß sechs bis acht Wochen auf der Fensterbank in der Sonne stehen lassen. Danach Früchte absieben und Likör in Flaschen abfüllen. kf Was ein Bauerngarten erzählen kann: Für TV-Leser bietet Alma Hermes eine circa zweistündige Gartenführung am Sonntag, 10. Juli, an. Die Eifel-Gästeführerin (IHK-zertifiziert) führt die Besucher in einem historischen Kleid, wie die Bäuerin eines Maierhofs es zu der Zeit Maria Theresias trug. In der Region spricht man von "den goldenen Jahren". Die heutige Südeifel gehörte zum Herzogtum Luxemburg und stand damit von 1714 bis 1794 unter österreichischer Herrschaft. Mehr Geschichtliches zur Gartenkultur erfährt man auf dem Mayischhof der Familie Hermes. Treffpunkt zur Führung ist um 15 Uhr, Kapellenweg 4 in 54649 Lauperath. Unkostenbeitrag: fünf Euro inklusive einem hausgemachten Aufgesetzten, Saft oder Milchmix-Getränk. kf

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