Der Geburtshilfe fehlen die Helfer

Schwierige Zeiten für das St. Joseph-Krankenhaus: Die gynäkologische Abteilung hat nur noch einen Belegarzt und zwei Hebammen. Dr. Olek Böhm und zwei Hebammen verlassen die Abteilung.

 Hebamme Petra Hoffmann-Thielen mit Noel Nau aus Prüm. Zurzeit sucht das St. Joseph-Krankenhaus Prüm auch eine dritte Hebamme. TV-Foto: Stefanie Glandien

Hebamme Petra Hoffmann-Thielen mit Noel Nau aus Prüm. Zurzeit sucht das St. Joseph-Krankenhaus Prüm auch eine dritte Hebamme. TV-Foto: Stefanie Glandien

Prüm. Um die gynäkologische Abteilung des Prümer St. Joseph-Krankenhauses ist es zur Zeit schlecht bestellt - "schon wieder" ist man versucht zu sagen. Dr. Olek Böhm, der seit dem 1. Juli 2005 die Praxis von Frauenarzt Dr. Gerard Dijkhuizen weitergeführt hat, meldete Privat-Insolvenz an. Das bestätigte Insolvenzverwalter Jörg Wunderlich, Rechtsanwalt aus Trier.Erst Ende 2003 hatte das Krankenhaus einen zweiten Belegarzt für die Frauenheilkunde und Geburtshilfe gesucht, als klar war, dass Professor Dr. Johannes Heidenreich ausscheidet. Für ihn kam Dr. Leonard Wagner Anfang April 2004. Ein Jahr später übergab Dijkhuizen seine Praxis an Böhm, der auch als Belegarzt im St. Joseph- Krankenhaus tätig war.

Seit August dieses Jahres ist er das nicht mehr. Das bestätigte Kaya Erdem, Sprecher der Caritas Trägergesellschaft West (CTW). Diese sucht nun wieder einen neuen Belegarzt. Anzeigen seien bereits geschaltet worden, außerdem wolle man mit denen sprechen, die man bereits kenne, sagt Erdem.

Neben einem kaufmännischen Direktor ist dies nun die zweite vakante Stelle am Krankenhaus, für die ein Nachfolger gefunden werden muss.

Praxis von Dr. Böhm wurde schon Ende Juni geschlossen

Erschwert wird die Suche nach einem neuen Belegarzt dadurch, dass die Praxis von Böhm seit Ende Juni geschlossen ist. "Das erschwert unsere Bemühungen", sagt Pflegedirektor Frank Tietz vom St. Joseph-Krankenhaus. "Derzeit laufen noch Versuche, einen Arzt zu finden, der die Praxis übernimmt, auch um eine anderweitige Verwertung, sprich Einzelverkauf der Geräte, zu verhindern", sagt Wunderlich.

Das Interesse an einer positiven Lösung für den Prümer Standort scheint jedoch hoch zu sein. Kürzlich besuchte die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer das St. Joseph-Krankenhaus (der TV berichtete). Dabei wurde sie auch über die Belegarzt-Situation informiert.

Es bestehe Handlungsbedarf, sagte sie und war sich sicher, dass dieses "kleine Problem" sich schnell lösen lässt. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass die gynäkologische Abteilung in Prüm erhalten bleiben soll.

Für CTW-Geschäftsführer Gábor Szük gibt es verschiedene Konzepte, das Problem in den Griff zu bekommen. Wenn man keinen neuen Belegarzt finde, sei es auch denkbar , ein Medizinisches-Versorgungs-Zentrum (MVZ - siehe Stichwort) zu installieren, oder eine Kooperation mit einem anderen Krankenhaus einzugehen. In Rheinland-Pfalz gebe es bereits 20 solcher MVZ, die an kleinere Krankenhäuser angegliedert seien. Die vierte Option sei, sich mit den Ärzten vor Ort zusammen zu setzen und aus den eigenen Reihen einen neuen Belegarzt zu finden. Dies wurde aber bereits 2003 erfolglos versucht.

Hebammen per Anzeige gesucht

Dringenden Handlungsbedarf gibt es aber auch dadurch, dass von vier Hebammen zwei nicht mehr zur Verfügung stehen. Auch in diesem Fall sind Anzeigen inseriert, weiß Tietz. "Wir setzen alles daran, die Gynäkologie zu erhalten", sagt er. Um wieder Beleg-Hebammen zu finden, ist eine "florierende" gynäkologische Abteilung jedoch Voraussetzung. Nicht zu vergessen: Auf die Geburtshilfe angewiesen ist auch die Krankenpflege-Schule, da ein Teil der Ausbildung dort absolviert wird. Die Krankenpflege-Schule in Prüm genießt einen sehr guten Ruf. Malu Dreyer sagte, sie sei froh darüber, dass in Prüm diese Schule existiere. Vorteil sei auch, dass man über diese Schule gut ausgebildete Leute an das Haus binde, da bereits eine enge Beziehung bestehe. Trotz der schwierigen Verhältnisse geht die Arbeit in der Gynäkologie mit Leonard Wagner weiter. Auch die beiden Hebammen, Petra Hoffmann-Thielen und Agnes Meyer, springen in die Bresche und teilen sich die Bereitschaftsdienste. Sollte Wagner verhindert sein, übernimmt ein Facharzt seine Aufgaben. "Für die fachärztliche Vertretung ist gesorgt", versichert Tietz.

Stichwort "MVZ" Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind in der Regel fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte als Vertragsärzte oder Angestellte tätig sind. Gesellschafter eines MVZ können auch Krankenhäuser sein. Durch die Zulassung von MVZ ist es möglich, dass auch angestellte Ärzte die ambulante Versorgung sicherstellen. Vor allem junge Ärzte erhalten durch ein MVZ die Chance, im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses in der ambulanten Versorgung zu arbeiten, ohne die wirtschaftlichen Risiken einer Niederlassung auf sich zu nehmen. (sn)

Meinung

Keine einfache Aufgabe

Das Prümer St. Joseph-Krankenhaus kommt nicht zur Ruhe. In der Gynäkologie fehlt ein zweiter Arzt, eine Hebamme wird gesucht, ganz zu schweigen von der vakanten Stelle des kaufmännischen Direktors. Nach der Insolvenz von Dr. Olek Böhm steht in Prüm wieder eine Praxis leer. Das Problem ist kein neues. Die Suche keine einfache. Die jungen Ärzte wollen nicht aufs Land, das wirtschaftliche Risiko einer Praxisübernahme wollen sich immer weniger zumuten und dann noch Bereitschaftsdienste im Krankenhaus - "nein danke", heißt es da. Die Neubesetzung der gynäkologischen Abteilung ist für Gesundheitsministerin Malu Dreyer vielleicht nur ein "kleines Problem", für die Menschen vor Ort jedoch enorm wichtig. Nicht nur die nahe Versorgung, auch für die Krankenpflege-Schule muss die Geburtshilfe am Krankenhaus erhalten bleiben. Einen zweiten Belegarzt zu finden, kann nur oberstes Ziel sein. Eher schwierig erscheint die Kooperation mit anderen Krankenhäusern. Die Einrichtung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) könnte für die bereits niedergelassenen Ärzte bedrohlich sein. Vor allem große MVZ, bei denen sich mehrere Ärzte zusammenschließen, können sich meist stärker am Markt positionieren.

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