Der getretene Rosenkranz

SPEICHER. (ka) Vergessen und fast verloren: Lange hat Werner Streit, Leiter des Speicherer Heimatmuseums, nach den fünf alten Kreuzwegstationen gesucht, die vor 40 Jahren bei der Kreuzkapelle abgerissen wurden. Schließlich wurde er fündig: Nun sollen die Stationen restauriert an ihrem alten Platz bei der Kreuzkapelle wieder aufgestellt werden.

Warum 1962 fünf kunstvoll gearbeitete Kreuzwegstationen im Bereich der Kreuzkapelle abgerissen wurden, ist aus heutiger Sicht unverständlich. Zunächst war unklar, ob die wertvollen Bildstöcke überhaupt noch existieren. Experten zufolge sind die Kreuzwegstationen, die den schmerzhaften Rosenkranz darstellen, kulturhistorische Kleinode von beträchtlichem Wert.Kulturhistorische Kleinode dienten als Treppenfüllung

"Wir haben es hier mit zwei für Speicher typischen Materialien zu tun - Reliefs aus gebranntem, graugrünem Ton in Sandstein gefasst. Sie sind ein bedeutendes Zeugnis heimischen Kunsthandwerks", betont Werner Streit, Leiter des Speicherer Heimatmuseums. Er hatte vor zehn Jahren herausgefunden, dass Matthias Heinz aus Speicher seinerzeit mit dem Abriss beauftragt war. Die aus heimischem Sandstein gehauenen Stationen sollten als Füllmaterial für eine zur Kreuzkapelle führende Treppe Verwendung finden. Matthias Heinz, der offenbar am Sinn des Auftrags zweifelte, ging auf seine Weise vor: Behutsam zerlegte er die Stationen und schichtete sie jeweils mit dem Relief nach unten in die Treppe. Den Umständen entsprechend leidlich gut erhalten überdauerten sie so vier Jahrzehnte. 2002 hat dann der Ortsgemeinderat grünes Licht gegeben, die Bildstöcke auszugraben. Streits Bemühungen waren erfolgreich. Zudem beschloss der Rat, die Kreuzwegstationen zu renovieren. Doch bis zur vollständigen Restaurierung der um 1900 entstandenen Stationen bleibt noch einiges zu tun. Denn die Bildstöcke haben durch Abbruch, Wiederausgrabung, Zwischenlagerung und Transport mehr oder weniger stark gelitten. Ferner fehlten einzelne Teile der ursprünglichen Gesamtdarstellung. So beispielsweise alle Abschlusskreuze sowie zahlreiche andere Abschlussteile und Sockel. "Unser Ziel ist es, die Bildstöcke in originaler Bausubstanz im Bestand zu sichern, zu ergänzen und am ursprünglichen Standort wieder aufzustellen", erklärt der Museumsleiter. Als Pilotprojekt hat Norbert Schmitz aus Herforst nun damit begonnen, zunächst eine Station komplett zu restaurieren - zum Selbstkostenpreis. "Weil es mir auch ein persönliches Anliegen ist", erklärt Kunstliebhaber Schmitz. Finanziert werden die Arbeiten aus einem von Werner Streit 1994 gegründeten Fonds, der durch die laufenden Erlöse seines heimatkundlichen Buches "Kreuze am Weg" gespeist wird.

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