Der Hans, der beim Paul arbeitet

BEFORT/LUXEMBURG. Ausländer zu sein, und doch die Heimat gleich um die Ecke zu haben, wie ist das eigentlich? Wir haben eine deutsche Familie in Befort/Luxemburg besucht: Hans Oelges mit seiner Frau Jutta Reusch sowie ihren Töchtern Paulina und Anna.

Lebt man Seite an Seite mit einem anderen Land, so wie Deutschland und Luxemburg, hat das viele Vorteile. Wir Deutschen tanken lieber bei den Nachbarn und nehmen dort auch gerne Arbeit an. Dafür ziehen die Luxemburger auf deutschen Boden, weil die Grundstückspreise viel günstiger sind. Nachdem Hans Oeltges die Meisterschule absolviert hatte, suchte der frisch gebackene Schreinermeister eine neue Stelle. Auf seine Annonce meldete sich Paul Knaf-Buchler aus Befort. Die beiden haben sich auf Anhieb gut verstanden. Als der Chef vor fünf Jahren in den Ruhestand ging, übernahm Hans Oeltges die Schreinerei. Heute hat er elf Angestellte. Portugiesen, Deutsche, Luxemburger und Holländer sind bei ihm beschäftigt. Er sprich Luxemburgisch und versteht Französisch

Als Hans Oeltges damals in Luxemburg angefangen hat, sprach er kein Wort Französisch. "Heute sprichst du zwei Wörter Französisch", sagt seine Frau und lacht. Sein Französisch sei zwar nicht so gut, räumt Oeltges ein, er könne aber alles verstehen und spreche dafür um so besser luxemburgisch. Er lege viel Wert darauf, mit Luxemburger Unternehmern zusammen zu arbeiten. "Das Traditionsbewusstsein ist hier sehr stark. Man lebt von seinen Kontakten, die sehr gepflegt werden. Ich gehe mit Geschäftspartnern zusammen essen und bin für die nicht einfach irgendjemand. Das finde ich sehr schön", sagt der gebürtige Trierer. "Ich bin für die Luxemburger der Hans, der mit dem Paul zusammen arbeitet." Die Verlässlichkeit seiner Geschäftspartner schätzt der Jungunternehmer besonders. "Ein Handschlag zählt hier noch", ergänzt seine Frau, die sich als Goldschmiedin selbstständig gemacht hat. Oft entstünden aus guten Geschäftsbeziehungen auch Freundschaften. Das ist das, was die beiden Deutschen sehr schätzen. "Das Land ist klein. Wenn mir im Süden Luxemburgs ein Fauxpas passieren sollte, bekommen die das im Norden mit", sagt der Schreiner. Der Umzug von Deutschland ist ihnen nicht schwer gefallen. Jutta Reusch singt in Beforts Kirchenchor. "Ich finde es schön, wenn ich weiß, wer wo wohnt. Durch den Chor lerne ich die Leute kennen und habe wieder Zugang zur Kirche bekommen", sagt sie. Die Deutschen seien nicht immer beliebt in Luxemburg, beobachtet Jutta Reusch. Einige hätten Vorbehalte. Als sie noch in einem Laden in Remich gearbeitet hat, habe mal ein Luxemburger zu ihr gesagt "es gibt auch noch nette Preußen". "Dafür habe ich Verständnis, wenn man die Geschichte kennt", sagt ihr Mann. Er habe mal mit älteren Leuten zu tun gehabt, die ihm im zweiten Satz von ihren Erlebnissen im deutschen KZ erzählt haben. In Befort fühlt sich das deutsche Paar wohl. Wegziehen möchten sie nicht mehr. Ihre Tochter Anna wird bald in den Kindergarten in Befort gehen. Dieser ist in Luxemburg kostenlos und ab dem vierten Lebensjahr verpflichtend. Dann müssen die Kinder auch an drei Nachmittagen die Einrichtung besuchen. Das finden Hans und Jutta "sehr stramm". Obwohl so auch Mütter eine gute Chance haben, Beruf und Familie zu vereinbaren. Außerdem lernen die Kinder im Kindergarten Luxemburgisch. Jeden Sonntag offene Lebensmittelgeschäfte ist ein weiterer Vorteil, den die beiden Deutschen in Luxemburg schätzen. Die Auswahl, besonders an frischem Fisch, sei auch besser. "Wenn ich frischen Seeteufel möchte, dann liegt der auch da", sagt Hans Oeltges.

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