Der Kampf um die Kreisumlage

Bitburg/Prüm · Mit seinem Plan, die Kreisumlage um acht Prozent anzuheben, steht Landrat Joachim Streit alleine da. Keine Kreistagsfraktion wird dem am 19. Dezember zustimmen. Die CDU schlägt nun eine zweiprozentige Erhöhung vor. Das könnte konsensfähig sein.

Bitburg/Prüm. Unschuldig steht sie da unterm Strich. Die Null. Die Null, die anzeigt, dass der Haushaltsentwurf, den Landrat Joachim Streit dem Kreistag am 19. Dezember vorlegen wird, ausgeglichen ist. Und doch verbirgt sich hinter dieser kleinen Ziffer eine große Provokation. Denn um den defizitären Haushalt auszugleichen, plant Streit die Kreisumlage auf einen Schlag um 8,3 Prozent anzuheben. Und 8,3 Prozent sind ungeheuer viel. Da ein Prozentpunkt etwa 800 000 Euro entspricht, müssten die 235 Gemeinden des Eifelkreises, von denen viele ebenfalls pleite sind, 2012 insgesamt 6,6 Millionen Euro mehr bezahlen. Umgerechnet sind das 70 Euro pro Einwohner. Diese würden vom Kreis zwar nicht direkt zur Kasse gebeten. Indirekt aber schon, da viele Gemeinden ohne eine Erhöhung der Grundsteuern gar nicht in der Lage wären, so viel Geld aufzubringen. Streit macht dies, obwohl er weiß, dass er damit nicht durchkommt. Ein Blick in die Geschichte erklärt, wie es dazu kam.
Die Vorgeschichte


Es war einmal … "Wer stimmt zu", fragte Landrat Roger Graef (CDU) mit seiner tiefen, stets heiser klingenden Stimme. Die Hände aller CDU-Mitglieder schnellten hoch. Was die anderen Fraktionen taten, war egal. Denn der Haushaltsplan wurde so oder so durchgewunken.
Lange ist\'s her. Seit 2009 besteht die Mehrheit hinter dem Landrat aus FWG, SPD, den Grünen und der Linken. Zumindest in der Theorie. Seinen ersten Haushaltsplan bekam Joachim Streit (FWG) im März 2010 noch durch - mitsamt einer Erhöhung der Kreisumlage um 1,9 Prozent. Schon wenige Monate später war bei der Abstimmung über den Haushalt 2011 von einer Koalition nichts mehr zu spüren. Die SPD fiel Streit in den Rücken und stimmte gemeinsam mit der CDU gegen die einprozentige Umlagenerhöhung.
Auch Streits nächster Anlauf, die Umlage moderat zu erhöhen, scheiterte. Diesmal stimmten sogar Teile seiner FWG dagegen. Ein Ergebnis, dem der Landrat im Sommer 2011 die Drohung folgen ließ, dann werde er eben einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Und genau das wird er am 19. Dezember tun.
Die Beweggründe


Fest steht: Streit will die Einnahmen des Kreises steigern. Dennoch darf man daran zweifeln, dass er die Umlage ernsthaft um acht Prozent erhöhen will. "Mir geht es um Einsicht", sagt er. Um die Einsicht, dass es ohne Umdenken eines Tages nur noch den Mangel zu verwalten gebe. "Vielleicht hat er das gemacht, um uns alle so zu entsetzen, dass er immerhin zwei Prozent mehr bekommt", mutmaßt Marie-Luise Niewodniczanska (FDP).
Die Reaktionen


Die CDU hat am Dienstag eine Pressekonferenz zum Thema Haushalt einberufen. "Das ist eine Farce", sagt Michael Billen zum Haushaltsentwurf. Er findet, dass man vorher mal besser geredet hätte, um sich auf etwas Realistisches einigen zu können. Weil die "anderen es nicht hinkriegen", werde nun eben die Opposition versuchen, den Kreistag auf Vernunftkurs zu bringen. Die CDU wird eine Umlagenerhöhung um zwei Prozent vorschlagen. Zudem erwarte die Fraktion, dass der Landrat drei Prozent der Sach- und Personalkosten einspart. "Wir hoffen, dass die anderen Einsicht haben und mitmachen", sagt Billen. Tatsächlich könnte der Vorschlag konsensfähig sein. Denn keine der anderen Fraktionen wird Streits Vorschlag zustimmen. Und alle scheinen bereit zu sein, die Umlage moderat zu erhöhen. FWG, FDP und die Linke sprechen von zwei bis drei Prozentpunkten. Doch müssen sie genau wie SPD und Grüne noch beraten. FWG, FDP, die Grünen und die Linke betonen zudem, dass dringend noch mehr gespart werden muss. Kurz: Wahrscheinlich werden die Gemeinden 2012 tatsächlich etwas mehr zahlen. Der Haushalt wird entlastet. Und der Landrat kommt über einen ungewöhnlichen Umweg doch noch ans Ziel.Meinung

Zeit, dass was passiert
8,3 Prozent Kreisumlagenerhöhung sind viel zu viel. Das weiß der Landrat, der dies vorschlägt, auch. Sein Vorgehen mag wie Kindertheater wirken. So à la beleidigte Leberwurst. Oder auch extrem provozieren. Dennoch ist der Grund dafür verständlich: Es muss etwas passieren. Immer nur weitere Schulden zu machen, ist keine Lösung. Streit will die Einnahmen des Kreises erhöhen. Das ist - bis zu einem gewissen Grad - auch okay. Das reicht aber nicht. Es muss auch gespart werden! k.hammermann@volksfreund.de

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