Der Orden packt seine Koffer - Letzte Pater verlassen Biesdorfer St.-Josef-Gymnasium

Biesdorf · Mit Ende des Schuljahres werden am Biesdorfer St.-Josef-Gymnasium die letzten Pater ihre einstige Wirkungsstätte verlassen.

 Auch ohne Patres geht das Leben in Biesdorf weiter, sagen (von rechts) Schulleiter Jürgen Gieraths, Marianne Milbert (Geschäftsführerin der Schulträgergesellschaft), Pater Michael Baumbach und Berthold Kohl (Vorsitzender der Schulstiftung). TV-Foto: Uwe Hentschel

Auch ohne Patres geht das Leben in Biesdorf weiter, sagen (von rechts) Schulleiter Jürgen Gieraths, Marianne Milbert (Geschäftsführerin der Schulträgergesellschaft), Pater Michael Baumbach und Berthold Kohl (Vorsitzender der Schulstiftung). TV-Foto: Uwe Hentschel

Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

Als Pater Willi von Rüden 1986 nach Biesdorf kam, war das Haus noch voll. 28 Patres und vier Brüder lebten Mitte der 80er im Biesdorfer Missionshaus. Und ein gutes Dutzend Geistliche unterrichtete zu dieser Zeit noch im angrenzenden Sankt-Josef-Gymnasium. In den Jahren darauf jedoch hat sich das Feld gelichtet. Sowohl in der Schule, wo inzwischen kein Pater mehr unterrichtet, als auch im Wohnheim. Denn Willi von Rüden war der letzte Pater, der kam. Und er gehört jetzt auch zu den letzten, die gehen. Zum Ende des Schuljahres werden er und die anderen fünf übriggebliebenen Ordensbrüder Biesdorf verlassen. Sie ziehen in eine neue Einrichtung nach Betzdorf, verbringen dort mit den übrigen Missionaren von der Heiligen Familie ihren betreuten Lebensabend (siehe Info).

"Dem Kopf ist die Sache klar, doch dem Herz fällt es schwer", sagt von Rüden. "Wir gehen alle nicht gerne, sehen aber die Notwendigkeit", fügt er hinzu. Schließlich sei der älteste seiner Mitbrüder fast 90 und er selbst als jüngster immerhin auch schon 63. "Man merkt natürlich schon, dass man älter wird", sagt von Rüden. Deswegen werden im Sommer die Koffer und Umzugskartons gepackt..
Natürlich sei das ein komisches Gefühl, dass nun nach 95 Jahren das Kapitel der Patres ende, sagt auch Berthold Kohl. "Doch wenn sich der Gedanke erst einmal gesetzt hat, dann ist esauch gut." Kohl ist Vorsitzender der Stiftung St.-Josef-Gymnasium Biesdorf. Die 1989 noch von den Patres gegründete Stiftung wurde vor einigen Jahren umfassend umstrukturiert und modernisiert und ist seit 2014 mit 90 Prozent an der gemeinnützigen Trägergesellschaft St.-Josef-Gymnasium Biesdorf beteiligt. Die übrigen zehn Prozent der Anteile werden vom Förderverein der Schule gehalten. Die Trägergesellschaft betreibt das Gymnasium und ist auch Eigentümer des gesamten Immobilienbestands.

"Die richtig großen Veränderungen waren ja eigentlich schon", sagt Kohl mit Blick auf die umfangreiche Neustrukturierung zum Erhalt der Schule. "Was wir jetzt sehen, sind lediglich optische Veränderungen." Mit dem Umzug gehe die "physische Präsenz" des Ordens verloren. "Wir bedauern den Weggang der Patres sehr", so Kohl, "aber wir sind alles andere als unvorbereitet."
Rein praktisch gesehen bedeutet der Weggang der Ordensleute, dass die Biesdorfer Kapelle und das derzeitige Patreswohnheim in den Besitz des Schulträgers übergehen und sich dadurch neue Nutzungsmöglichkeiten ergeben. Was das Wohnheim betrifft, so gibt es Überlegungen, dieses Gebäude für Fortbildungsmaßnahmen oder sonstige schulaffine Zwecke zu nutzen.

Die Kapelle jedoch soll weiterhin als solche erhalten bleiben. "Wir haben ja auch einen weiblichen Seelsorger", erklärt Marianne Milbert, Geschäftsführerin der Trägergesellschaft. "Es wird zwar durch den Wegzug der Patres nicht mehr so viele Eucharistiefeiern geben, aber uns bleiben immer noch die Wortgottesdienste", sagt sie. Und bei Bedarf könne dann ja ein Pastor aus der Pfarrei einspringen, fügt Milbert hinzu.
Unabhängig davon stehen in diesem Jahr auch noch größere Sanierungsmaßnahmen an. Nach der Renovierung der Schülertoiletten, der Bibliothek und der Speiseräume folgt nun laut Kohl als nächstes eine umfassende Sanierung des Fachtrakts, in dem die naturwissenschaftlichen Fächer sowie Kunst und Musik unterrichtet werden. Zudem werden die bereits begonnenen Arbeiten zur Verbesserung des Brandschutzes fortgeführt.

Das Leben auf dem Schulgelände geht also wie gewohnt weiter, nur eben ohne die Patres. Deren Ära geht zu Ende. Und das nicht nur in Biesdorf. Mit der Auflösung der Niederlassung in der Eifel bleibt nur noch der Standort in Betzdorf im nördlichen Rheinland-Pfalz. Pater Michael Baumbach, der 1991 in Biesdorf zum Priester geweiht wurde und in Betzdorf lebt und arbeitet, geht davon aus, dass die deutsche Ordensprovinz als eigenständige Provinz in drei bis vier Jahren komplett aufgelöst wird. Weil schlichtweg die Nachfolger fehlen.
Die Mitbrüder in der Schweiz, in den Niederlanden und in Frankreich haben diesen Prozess bereits hinter sich. "Das ist kein Unfall, sondern gehört auch zu unserer Berufung", sagt Baumbach. "Wir empfinden das als einen ganz natürlichen Prozess."MISSIONARE VON DER HEILIGEN FAMILIE

Extra

Der Orden wurde 1895 von Jean-Baptiste Berthier in den Niederlanden gegründet und wird seit 1958 von Rom aus geleitet. Die erste deutsche Missionsschule wurde 1920 im Sauerland gegründet. Derzeit gibt es nur noch zwei Standorte, den in Biesdorf und den in Betzdorf, wo zum einen die Provinzverwaltung sitzt und auch eine Pflegeeinrichtung für alte und kranke Mitbrüder ist. Zuletzt wurde das Missionshaus Maria Königin in Altenhundem aufgelöst. Auch dort gibt es ein Gymnasium, das genau wie das Biesdorfer Gymnasium einst vom Orden geleitet wurde und inzwischen an einen anderen Träger übergangen ist.

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