Der Rest ist Lachen

MANDERSCHEID. In einer skurrilen Vorführung präsentiert der Kleinkünstler Bernd Lafrenz anlässlich der Manderscheider Kulturtage auf der Burg Shakespeares "Hamlet". Die sieben Haupt- und diversen Nebenrollen übernimmt er dabei ganz allein – für den Rest ist das Publikum verantwortlich.

"Wer ist der König?", fragt Claudius, der vorne auf der Bühne steht. Das Publikum antwortet: "Du,du...", und wenig später vereinzelt die Rufe: "...Saufbold!" Verärgert fragt Claudius noch einmal: "Wer ist der König?!" und blickt dabei böse in die Menge. "Duuu", antwortet das Volk, eingeschüchtert, unterwürfig und jedem Befehl Folge leistend, der von der Bühne kommt. Wenig später reitet Laertes durch die Menge, während das Volk, auf Klappstühlen sitzend, den Hufschlag von Pferden imitiert. Hinten angekommen stellt der nach Rache sinnende Laertes fest: "Vorne sind noch ein paar Plätze frei!". Dann reitet er wieder zurück. "Bitte alle noch einmal wiehern", sagt Laertes, und das Publikum wiehert, macht "Huuuhuuu" zur schaurigen Nacht, "Um-ta-ta, um-ta-ta....", wenn am Hofe getanzt wird sowie "Kling" und "Klong", als Laertes mit dem Schwert gegen Hamlet kämpft, weil dieser zuvor ungewollt dessen Vater getötet hat. Fast alle sterben sie an diesem Abend, sei es aus Habgier, aus Rache, aus eigenem Wusch heraus oder nur aus Versehen. So hat es William Shakespeare gewollt, als er um 1600 "Hamlet" verfasste. Auf unzähligen Bühnen haben seitdem Shakespeares Protagonisten das Zeitliche gesegnet. Davon verschont bleiben sie auch an diesem Samstagabend nicht auf der kleinen Freilichtbühne der Manderscheider Burg, wo anlässlich der Kulturtage eine äußerst ungewöhnliche Interpretation des Sein-oder-nicht-sein-Klassikers geboten wird. Bernd Lafrenz steht auf der Bühne und dabei - abgesehen von ein paar wenigen Requisiten - ziemlich allein. Er ist Hamlet, Ophelia, Claudius & Co in einer Person, verkörpert abwechselnd all ihre Charaktere und stirbt schließlich all ihre Tode. Jeden Tod, nur einen nicht, nämlich jenen Tod, der von Schauspielern am meisten gefürchtet wird: die Zuschauer zwar unterhalten, aber nicht begeistert zu haben. Davon bleibt Lafrenz verschont, denn die 100 Gäste, von denen viele im Vorfeld nicht wussten, was sie bei diesem Alleingang durch Dänemark erwartet, sind mehr als begeistert, haben vor Lachen Tränen in den Augen und schon nach den ersten zehn Minuten jegliche Hemmungen verloren. Wenn der Künstler es wünscht, wird aus ihnen die stürmische See, die dunkle Nacht oder aber der Wald, durch den Laertes reitet ("Aber nicht nur Arme hoch, sondern ich will richtig kreative Äste und Zweige!"). König Claudius befiehlt, und die Masse folgt. Nur zum Applaudieren bedarf es keiner Aufforderung - worüber sich Rainer Laupichler, Leiter der Manderscheider Kulturtage, mindestens genauso freut wie der Künstler selbst. "Man weiß ja nie, was dabei rauskommt", sagt Laupichler, der "nach ellenlanger Vorbereitung" froh ist, dass sich seine Arbeit und die seiner engagierten Helfer gelohnt hat, und der in Gedanken schon bei den Manderscheider Kulturtagen 2007 ist. Infos zum Programm gibt es im Internet unter www.manderscheider-kulturtage.de.

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