"Der Schweinkram muss weg"

BITBURG. Nachdem ein Schüler der Bitburger Otto-Hahn-Realschule mit einem fäkal-erotischen Video per MMS belästigt worden ist, zieht der Direktor der Schule Konsequenzen: Auf dem Schulgelände muss das Handy ausgeschaltet bleiben. Nur gemeinsam mit den Eltern sieht er einen Ausweg.

Der 13-jährige Jens (Name von der Redaktion geändert) saß im Bus, auf dem Weg zur Schule. Plötzlich ertönte ein Signal. Eine neue Nachricht. Neugierig schaute er auf seinem Handy nach. Keine SMS von einem Freund, stattdessen ein Video von einem Unbekannten. Das, was Jens sah, verschlug ihm die Sprache. "Der Junge bekam über die Bluetooth-Funktion seines Mobiltelefons ein Video mit fäkal-erotischem Inhalt zugespielt", berichtet Johannes Roß-Klein, Schulleiter der Bitburger Otto-Hahn-Realschule. Das Handy gehört für Jens - wie für fast jeden Teenager heutzutage - zur Grundausstattung. Wer keins hat, ist uncool, kann nicht mitreden, gehört nicht dazu. Kurznachrichten an Freunde verschicken, telefonieren und Klingeltöne herunterladen - all das ist auch für den Siebtklässler der Otto-Hahn-Realschule normal. Was die Erwachsenen oft nervt, bedeutet für die Jugendlichen Spaß. Was Jens aber in der vergangenen Woche während jener Busfahrt auf seinem Handy vorfand, hatte mit Spaß nichts mehr zu tun. "Wir können das Problem nur gemeinsam lösen"

Mit mulmigem Gefühl erzählte er abends seinem Vater, was passiert war. Der Vater reagierte sofort und benachrichtige am nächsten Morgen den Schulleiter der Otto-Hahn-Realschule. Johannes Roß-Klein machte sich selbst erst einmal schlau, was es mit dieser Bluetooth-Funktion am Handy (siehe Extra) überhaupt auf sich hat und rief seine Kollegen zu einer Dienstbesprechung zusammen. "Wir können dieses Problem nur in den Griff bekommen, wenn wir eng mit den Eltern zusammenarbeiten", sagt der Schulleiter im TV-Gespräch. Aus diesem Grund hat er einen Elternbrief aufgesetzt, in dem er auf die Handy-Problematik eingeht und die Eltern dazu aufruft, öfter mal auf das Handy ihrer Kinder zu schauen und mit ihnen über dieses Thema zu sprechen. Ein Handy-Verbot - wie manche Kinder ihren Eltern zu Hause erzählt haben - hat Roß-Klein nicht erlassen. "Wer sein Handy mitbringen möchte, kann es mitbringen, in der Schule muss es aber ausgeschaltet bleiben." Wer es dennoch benutzt und dabei erwischt wird, dem wird es vorübergehend weggenommen. "Es kann aber noch am selben Tag wieder abgeholt werden", erklärt der Schulleiter die Vorgehensweise. Allerdings müssen die Eltern das Telefon abholen. "Sonst wäre es zu leicht", sagt der Pädagoge. Das Argument von Eltern wie Silke Heinke, die eine Tochter in der sechsten Klasse hat, ein Handy sei für die Kinder unverzichtbar, beispielsweise bei Krankheit oder Unterrichtsausfall, lässt er nicht gelten. Es gebe schließlich ein Schultelefon und zusätzlich einen Apparat im Sekretariat. Wer dringend telefonieren müsse, der könne auch telefonieren. "Das ist doch wie in einer Diktatur und vor allem nicht mehr zeitgemäß", widerspricht Silke Heinke dieser Regelung. Sie hat daher eine Unterschriftenaktion gestartet. Warum Roß-Klein diese Handy-Vorschrift eingeführt hat, erklärt er folgendermaßen: "Ich möchte, dass dieser Schweinkram von den Handys verschwindet." Das gehe aber nur, wenn man den Kindern - sowohl von Schul- als auch von Elternseite - den kritischen Umgang mit solchen Medien beibringe. Einen ähnlichen Fall von Handy-Missbrauch ist Kurt Metrich, Schulleiter des Bitburger Willibrord-Gymnasium zwar nicht bekannt, dennoch geht auch er sehr offensiv mit dem Thema um. An seiner Schule arbeitet er nicht nur eng mit den Eltern zusammen, er geht noch einen Schritt weiter: "Wir kooperieren in Sachen Gewaltprävention mit der Polizei vor Ort. Dabei spielt auch das Thema Handy eine große Rolle." Den konkreten Fall, bei dem vor einigen Wochen Jugendliche an der Berufsbildenden Schule in Bitburg misshandelt wurden und das Ganze mit dem Handy festgehalten wurde (der TV berichtete), haben sie aufgegriffen und aufgearbeitet. Die primäre Aufgabe der Schule sieht Metrich in der Prävention, aber auch die Eltern müssten zu Hause ihren Teil beitragen.

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