Der Stadtkyller Mauerstreit

Stadtkyll · Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu pflegen: Zumindest nicht in Stadtkyll. Dort haben sich eine Gruppe von Anliegern, der Kreis und die Verbandsgemeinde um die Unterhaltspflicht für die Ufermauer an der Wirft gestritten. Das Verwaltungsgericht Trier hat jetzt entschieden: Für den Unterhalt dürfen die Bürger nicht herangezogen werden.

Der Stadtkyller Mauerstreit
Foto: (e_pruem )

Stadtkyll. Nicht nur die Kyll strömt durch das Dorf, dem sie die Hälfte seines Namens gab. Auch die Wirft blubbert meist friedlich durch Stadtkyll, am Ortsrand geht sie, nur ein paar Kilometer alt, im größeren Fluss auf und macht sich mit ihm gemeinsam auf den Weg hinab nach Ehrang.Ein Stück weiter, in Trier, trafen sich mittlerweile einige Stadtkyller Bürger mit Vertretern des Landkreises Vulkaneifel und der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll, und zwar vor dem Verwaltungsgericht.Denn die Anwohner des kleineren Flusses wollen nicht für die Instandhaltung der Ufermauer aufkommen, die in den 1950er Jahren gebaut wurde, um ihren Grundstücken und Häusern Schutz vor Hochwasser zu bieten.Jetzt aber bröckelt die Mauer, Steine lösen sich, sie muss repariert werden. Und bezahlen sollen die Anlieger, wenn es nach der Kreisverwaltung geht: Die hat nämlich vor zwei Jahren, nachdem die VG um Klärung der Zuständigkeit gebeten hatte, per sogenannter Allgemeinverfügung den Bürgern mitgeteilt, dass ihnen diese Aufgabe auf die Nase gedrückt werden soll.Das Argument der Verwaltung: Die beiden Stauseen im Wirfttal, in den 60er und frühen 70er Jahren angelegt, dienten als Rückhaltebecken - deshalb habe die Mauer keine Schutzfunktion mehr. Und sei daher sozusagen zur Privatsache der Bürger geworden. "Und dann haben wir Widerspruch eingelegt", sagt der Bitburger Rechtsanwalt Matthias François. Er vertritt 14 Anlieger in der Sache. Der Kreisrechtsausschuss stellte sich auf deren Seite und hob die Verfügung im Herbst 2015 auf. Die VG wiederum zog dagegen mit einer sogenannten Anfechtungsklage vor Gericht - und verlor. In der Urteilsbegründung heißt es sinngemäß: Wer für das Gewässer die Unterhaltungspflicht trägt, hat sich auch um die Mauer zu kümmern. Und die Bürger seien das nicht.Ortsgemeinde trägt die Last

François freut sich: "Das Gericht ist unseren Ausführungen komplett gefolgt." Was bei einigen Grundstücksbesitzern für Aufatmen gesorgt haben dürfte: Denn die Reparatur der Mauer, sagt François, "hätte die Leute bis zu 30 000 Euro pro Parzelle gekostet." Aber wer ist denn nun dafür verantwortlich? In der Verhandlung, sagt VG-Bürgermeisterin Diane Schmitz, "ist klar herausgestellt worden, dass die Ortsgemeinde die Unterhaltslast trägt".Eine Ortsgemeinde, die dafür natürlich auch nicht das Geld hat. Bürgermeister Harald Schmitz ist entsprechend angesäuert: "Dann müsste ich das auf die Bürger umlegen", sagt er. Immerhin: So würden dann alle daran beteiligt, die Last wäre schmerzlindernd auf viele Schultern verteilt.Allerdings sieht er einen kleinen Hoffnungsschimmer aufleuchten: Die Aktion Blau, das Landesprogramm zur Renaturierung von Bächen und Flüssen (siehe Extra). Das müsste dann aber die VG übernehmen, der bereits ein Konzept dafür vorliegt: "Dann wären vielleicht auch die Anlieger einverstanden. Und wir hätten eine wunderschön renaturierte Wirft."Das Urteil "finden wir natürlich toll", sagt Luzia Görres, die mit ihrem Mann Christian in der Wirftstraße wohnt. Auch die Renaturierung halten die beiden für eine vernünftige Lösung - sie jedenfalls hätten nichts dagegen.Diane Schmitz sieht das außerdem als Möglichkeit, den Streit sauber zu beenden: "Ich fänd das schön, wenn wir jetzt sozusagen bei Null anfangen und die Aktion angehen würden. Es wäre auch eine touristische Aufwertung für Stadtkyll. Und 90 Prozent der Kosten würden durch eine Landeszuwendung gefördert."Meinung

Grün und blauDa gab's blaue Augen für die Verwaltungen, die ihren Bürgern die Kosten für eine wackelige Ufermauer aufdrücken wollten - die Richter haben das Vorhaben glatt abgeschmettert. Gut, dass man im Ort und in der Verbandsgemeinde deshalb die Renaturierung in Betracht zieht. Die Sache würde damit ein versöhnliches Ende finden und zugleich dem Flüsschen guttun. Also los, rein in die Aktion Blau, damit sich alle wieder grün sein können. f.linden@volksfreund.deExtra

 Anlieger Christian Görres zeigt auf ein brüchiges Mauerstück.

Anlieger Christian Görres zeigt auf ein brüchiges Mauerstück.

Foto: (e_pruem )

Die Aktion Blau ist ein Programm des Landes-Umweltministeriums, seit 1995 unterstützt Mainz damit die Wiederherstellung natürlicher Zustände der Gewässer und ihrer direkten Umgebung. Dahinter steht auch der Gedanke, die allein zweckgebundene Nutzung aufzugeben. Bis 2015 wurden nach Angaben des Ministeriums rund 110 Millionen Euro in diese Arbeit investiert. fpl

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