Der Tag beginnt in der Nacht

ORENHOFEN. (lyv) Noch lange nach der üblichen Ladenschlusszeit ist kürzlich in Orenhofen gefeiert worden, denn die Bäckerei Willems lud zum Jubiläum ein. Seit 75 Jahren gibt es hier frische Backwaren.

Schon früh am Morgen lockt der Duft frischer Brötchen, Croissants, Teilchen oder Brote aller Art die Kunden ins Bäckergeschäft der Familie Willems in Orenhofen. Bis zum Mittag hat Bäckermeister Klaus-Ditmar Willems mit seiner Mannschaft - zurzeit sind zwei Lehrlinge in Ausbildung - Hunderte von Brötchen, Brot und leckere Teilchen oder Kuchen in seiner Bäckerei im eigenen Haus gebacken. Dann beginnt für den Chef die Ruhe- und Schlafenszeit, denn der Tag beginnt in diesem Handwerk mitten in der Nacht. "Auf der Katz" hat alles angefangen

Die Bäckerei lebt überwiegend von Stammkundschaft. "Fast 30 Jahre lang bin ich auch über die Dörfer gefahren", sagt Ehefrau Rosemarie Willems, "aber vor etwa fünf Jahren haben wir damit aufgehört." Es fehlte an Fachkräften in der Bäckerei und deshalb habe man sich mehr auf das Ladengeschäft konzentriert. Dieses befand sich nicht immer am jetzigen Standort. In einer kleinen Nebenstraße in Orenhofen "Auf der Katz" fing alles an. Dort hatte der Vater, Nikolaus Willems, seine erste Bäckerei. "Krugbäcker wollte mein Vater immer werden", sagt der heutige Chef. Denn Nikolaus Willems stammte aus Herforst, wo dieses Handwerk wegen des Tonvorkommens boomte. Als 21-jähriger entschied er sich dann das ähnliche, aber doch im Endeffekt köstlichere Handwerk zu erlernen.Brötchen oder Teilchen waren Luxus

In der Trier-Kürenzer Bäckerei Homann begann er 1925 seine Lehre. Wie es damals üblich war, ging er, mit dem Gesellenbrief in der Tasche, drei Jahre später auf die Walz. Nach diesen Wanderjahren kehrte Nikolaus Willems nach Orenhofen zurück und eröffnete 1930 "Auf der Katz" seine Bäckerei und bestand 1931 die Meisterprüfung. Nicht wie heute in modernen Bäckerautos, sondern mit Handwagen und Hundegespann lieferte er das Brot nach Herforst und in die Dörfer der Fidei. "Brötchen oder Teilchen waren damals Luxus", sagt Willems Junior, "wenn überhaupt, gab es dies nur sonntags".Ein Brötchen kostete damals fünf Pfennige

In der Zemmererstraße wurde später ein Geschäft eröffnet, das Ehefrau Katharina führte. Allerdings blieb die Backstube noch am alten Platz, so dass das Brot im Sommer mit dem Handwagen, im Winter mit dem Schlitten bergab ins Geschäft gebracht werden musste. Mit dem Neubau 1953 etwa 500 Meter weiter in der gleichen Straße brachte man Wohnhaus, Backstube und Geschäft unter einem Dach zusammen. Mit etwa zehn Jahren half der jüngste Sohn und heutige Bäckermeister Ditmar schon kräftig mit. "An Samstagen sind wir mit der Dorfschelle durch den Ort gezogen und haben Brötchen und Teilchen verkauft an Leute, die das Geld dafür hatten", sagt Willems. "Ende der 50er-Jahre wurden solche Sachen auch schon mal die Woche über gekauft." Damals kostete ein Brötchen fünf Pfennige, ein Teilchen zehn Pfennige. "Und Donuts gab es damals auch schon, wegen der Amerikaner in Spangdahlem", erklärt der Chef. Noch eine weitere Spezialität der Bäckerei Willems gab es zu dieser Zeit: Zwieback. "Abnehmer war die Großhandelsfirma Wittlegro in Wittlich", sagt Willems. Damals wie heute gibt es im Hause Willems keine Fließbandarbeit. "Unser Hefekuchen wird nach der Rezeptur meines Schwiegervaters gebacken" sagt Rosemarie Willems. "Bei uns gibt es keine Chemie, Färbemittel oder Konservierungsstoffe, wir arbeiten nur mit hochwertigen Rohstoffen." Und das wissen die langjährigen Kunden, denn nicht nur am Jubiläumstag herrschte Hochbetrieb.

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