Der Ur-Faust spricht

Der Porsche-Unfall, die Ermittlungen und jetzt ein Roman: Im TV-Gespräch äußert sich Hauptkommissar Gerhard Kauth zu Manfred Reuters Buch "Fluchtwunden", in dem der Prümer Polizist eine tragende Rolle spielt — als Soko-Chef "Gerhard Faust".

Prüm. "Faust schwieg einen Moment. Er betrachtete die blutjungen Polizisten, die brav ihre Arbeit verrichteten, und dachte, dass sie kaum älter waren als die beiden jungen Männer, die vorgestern genau um diese Zeit hier an dieser Stelle von der einen auf die andere Sekunde ihr Leben gelassen hatten." (Manfred Reuter, "Fluchtwunden", KBV).Faust schweigt, Kauth spricht: Gerhard Kauth, 48 Jahre alt, Hauptkommissar bei der Polizei Prüm. Zusammen mit den Kollegen Wolfgang Michels und Erwin Schwarz gehörte Kauth zur Soko "Boxster", die den sogenannten Porsche-Unfall vom September 1998 auf der B 51 bei Neuendorf aufzuklären versuchte. Fünf Jahre lang, mit allen rechtlich möglichen Mitteln, mit Amtshilfe aus ganz Deutschland — und letztlich ohne Erfolg. Die Wirklichkeit — und ein bisschen mehr

Kauth ist "Faust" — im neuen Roman von TV-Redakteur Manfred Reuter, "Fluchtwunden" (Rezension in dieser Zeitung am 12. März). "Das liest sich sehr gut als Schmöker", sagt der Hauptkommissar. Die Polizeiarbeit, so sein Urteil, sei "sehr realistisch" dargestellt. "Teilweise ist es natürlich auch überzogen. Aber das muss ja sein. Wenn ich einen Polizeibericht schreibe, dann ist das für einen Reporter nicht so doll. Da muss dann schon noch ein bisschen mehr rein."Das "bisschen mehr", das Reuter über den wirklichen Unfall hinaus dazuerfunden hat, gefällt dem Ur-Faust ebenfalls. Zumal man dabei Wahrheit und Fiktion nicht mehr voneinander trennen könne. Und weil er noch etwas gelernt hat: "Ich wusste gar nicht, dass es so was gibt", sagt Kauth, und meint die Krankheit, mit der sich eine der Figuren plagt: Sie fügt sich selbst Schnittverletzungen zu.Und die Porträts der echten Prümer Polizisten? "Die Kollegen Michels und Schwarz haben sich köstlich amüsiert", sagt Kauth (im Buch behielt Michels seinen Namen, aus Schwarz wurde "Roth"). Und "seine" Figur, den Faust, findet er ebenfalls gelungen, wegen der "Ecken und Kanten".Die Sorge, ein Phantom zu jagen

 „Fluchtwunden“-Buchumschlag und der echte „Faust“: Hauptkommissar Gerhard Kauth. TV-Foto: Fritz-Peter Linden, Foto: privat

„Fluchtwunden“-Buchumschlag und der echte „Faust“: Hauptkommissar Gerhard Kauth. TV-Foto: Fritz-Peter Linden, Foto: privat

"Nur der Stress, den wir damals tatsächlich hatten, der kommt ein bisschen zu kurz", sagt Gerhard Kauth. "Aber das ist die Freiheit des Künstlers." Es sei damals eine harte Zeit gewesen: "Jeden Tag zwischen neun und zwölf Stunden. Und immer die Sorge, dass wir einem Phantom hinterherjagen." Die Sorge war berechtigt: Der Fall ist inzwischen abgeschlossen, das Phantom wurde nicht gefunden. Das frisst bis heute an Kauth, Michels, Schwarz und allen, die direkt betroffen oder im Umfeld mit der Katastrophe befasst waren.Obwohl Gerhard Kauth mittlerweile zu wissen glaubt, was damals passierte: Auch wenn ein Porsche in den Unfall maßgeblich verwickelt war — die Spiegel-Kollision, die zum Tod von drei Menschen führte, hat vermutlich der Fahrer eines zweiten Wagens verursacht. Ein Wagen, der hinter dem Porsche hergerast war, zu dem aber kein einziger Zeuge nähere Hinweise geben konnte."Irgendeine schmuddelige Limousine", sagt Gerhard Kauth. "So war das." EXTRA Manfred Reuter liest: Am Donnerstag, 3. April, wird, mit Polizeibeteiligung, der Roman "Fluchtwunden" offiziell vorgestellt — im Prümer Autohaus Müller und Flegel. Beginn: 20 Uhr. Eine weitere Lesung ist am Donnerstag, 10. April, 19 Uhr, im Casino der Kreissparkasse Bitburg-Prüm in Bitburg. Der Eintritt ist an beiden Abenden frei. (fpl)

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