Der Weg aus der Depression: Luxemburgerin startet neu

Neuerburg · Marry Nilles hat ihr Leben in einem Buch verarbeitet.

 Marry Nilles mit ihrem Buch, in dem sie ihre Depressionen verarbeitet hat. TV-Foto: Andrea Weber

Marry Nilles mit ihrem Buch, in dem sie ihre Depressionen verarbeitet hat. TV-Foto: Andrea Weber

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Neuerburg (aweb) "Eine Zeit lang war der Alkohol mein bester Freund", sagt Marry Nilles, "heute bin ich mein bester Freund." Die 60-jährige Luxemburgerin, die in Neuerburg lebt, war am Boden, wie sie selbst sagt. Vom alkoholkranken Mann misshandelt seien Geldverdienen, Haushalt und die Erziehung ihrer beiden Söhne an ihr hängengeblieben, erzählt sie. "Ich habe nur noch funktioniert - und bin vor Allem weggelaufen." Nilles trank zu viel, aß nichts mehr und bekam Depressionen. Das habe sie allerdings nicht selbst gemerkt.
Bei einer Routineuntersuchung stellte ihre Ärztin die Krankheit fest und schickte sie in eine Kur nach Kassel. "Ich wog nur noch 32 Kilo", erzählt sie. Mithilfe ihrer Therapeuten arbeitete Nilles ihre Vergangenheit auf: Als sie zwölf Jahre alt war, starb ihre Mutter an Krebs, Nilles übernahm die Erziehung für ihren kleinen Bruder. Weil sie mit der Verantwortung überfordert war, griff sie früh zur Flasche. "Der Druck war zu hoch", sagt sie heute.
Auch mit Männern hat sie kein Glück. Ihre erste Ehe hält vier Jahre, die zweite 21. Die habe sie schließlich kaputtgemacht. "Mein Mann war ein Versager", sagt sie. Er sei "saufen gegangen" und habe sie und ihren Sohn geschlagen. Die Ehe sei letztlich ausschlaggebend für ihre Depressionen gewesen, sagt Nilles, auch wenn ihre Kindheit bereits prägend gewesen sei.
Um die Krankheit zu überwinden, bedurfte es einer zweiten Kur, erzählt die 60-Jährige, 2008 begab sie sich wieder in Kassel in Behandlung. "Erst danach war ich stark genug, zu sagen, es reicht. Als ich nach Hause kam, habe ich gehandelt", sagt sie. Nilles ließ sich von ihrem Mann scheiden, verkaufte ihr Haus in Luxemburg und zog nach Neuerburg. "Das hier war mein Neustart", sagt sie, "ohne meine Therapeuten hätte ich das nicht geschafft." Die empfahlen ihr auch, sich alles von der Seele zu schreiben. Das hat sie mit ihrem Buch "Wie ich mich verlor und wiederfand" getan, in dem sie ihre schlimmen Erfahrungen verarbeitet hat.
Heute geht es Nilles besser. Die Rentnerin lebt in ihrem Haus in Neuerburg, malt Porträts und tanzt leidenschaftlich gerne. Außerdem ist sie stolze Oma einer dreijährigen Enkelin, wie sie selbst sagt. Ihr Rat für andere: "Traut euch was zu, habt Geduld und legt eure Schnelllebigkeit ab."

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