Der Weg ist das Ziel

Alle Jahre wieder", so beginnt eines unserer volkstümlichen Weihnachtslieder. Alle Jahre wieder folgt auf die Weihnachtszeit Neujahr und die Karnevalszeit, der Frühling, die Geburtstage von Verwandten und Freunden, die Urlaubszeit, Erntedank, Totengedenktage und wieder "Weihnachtszeit" mit Lichterbaum und entsprechender Stimmung.Laufen wir im Kreis?

Und wird der "Kreislauf" nicht immer schneller, je älter wir werden? Immer im Kreis laufen zu müssen stumpft ab; es bleibt kein Raum mehr für Überraschendes. Erwartung weicht der Gleichgültigkeit. Man wartet nur noch ab und wird im Abwarten von der Zeit überrannt.

Wenn wir allerdings innehalten und unseren bisherigen Lebensweg zu überblicken versuchen, merken wir, da sind Ereignisse wie Wegweiser: Kindergarten und Schulzeit, Berufseintritt, Familiengründung, Begegnungen, die meinem Leben eine neue Richtung gaben, aber auch bittere Zeiten mit Krankheit, Friedhofsgängen und Problemen, die keiner zu lösen wusste und die sich dann doch irgendwie auflösten.

Also doch kein Laufen im Kreis, vielmehr Weg, über dessen Ziel ich mir oft nicht recht im Klaren bin.

In der Bibel gibt es zwei Begriffe, die sich in der großen Menschheitsgeschichte wie im privaten Leben immer wieder erfahren lassen: Exodus und Exil, Aufbruch und Fremdsein. Aufbruch zu neuen Zielen, Fremdsein als Zeit schmerzhafter Neubesinnung und - immer wieder Aufbruch. In den biblischen Texten weitet sich mit jedem neuen Aufbruch der Blickwinkel. Nicht wir nähern uns dem Ziel, das Ziel kommt uns entgegen. Gott kommt uns entgegen mit der Fülle des Lebens. Wer sich darauf einlässt, kommt aus der Tretmühle heraus. hpl/dr

Karl Kneißl ist Pfarrer im

Dekanat St. Willibrord in

der Westeifel

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