Der Wille versetzt den Berg

BITBURG. Sollte die ADD in Trier zustimmen, dann wird die Bitburger "Dr. Berg und Zangerle Stipendienstiftung" aufgelöst und das Vermögen an die Sparkassen-Stiftung übergehen. Und das, obwohl die Stadt Bitburg sich bereit erklärt hatte, die Verwaltung der Einrichtung zu übernehmen.

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bitburger Stadtrat, Stephan Garçon, ist es "eine sehr, sehr eigene Interpretation des Stifterwillens". Garçon ist überzeugt: "Der Stifter würde sich im Grab umdrehen." Und das fast 100 Jahre, nachdem er beigesetzt wurde. Die Rede ist von Dr. Franz Joseph Adolf Berg, der am 20. September 1908 verstarb. Berg war Augenarzt in Bitburg und hatte ursprünglich die Absicht, einen Großteil seines Vermögens in die Errichtung einer Augenklinik zu investieren. Doch dazu kam es nie. Stattdessen floss das Geld, gemeinsam mit dem Besitz des befreundeten Brauereibesitzers Ernst Zangerle, in die "Dr. Berg und Zangerle Stipendienstiftung", deren Zweck darin bestand, die "qualifizierte Ausbildung für junge Menschen aus dem Bitburger Raum zu fördern". 1909 genehmigte der preußische König und Kaiser Wilhelm II. die Stiftung. Knapp 97 Jahre später, im Februar 2006, wird unter der Ägide eines anderen Oberhaupts das Ende der Stiftung besiegelt. Mit Landrat Roger Graef als Vorsitzendem hat der Stiftungsvorstand jüngst die Auflösung des Vereins beschlossen. Bisher war es so geregelt, dass die Kreisbehörde die Verwaltung und Geschäftsführung der Stiftung unentgeldlich übernommen hat, doch "aufgrund geänderter Bestimmungen" sei das nicht mehr zulässig, erklärt Rudolf Müller, Pressesprecher der Kreisverwaltung. "Damit die Erträge der Stiftung auch weiterhin uneingeschränkt für die Stipendien zur Verfügung stehen, wurde nach einer anderen Lösung gesucht", fügt Müller hinzu, und deshalb habe sich eine Verbindung mit der Sparkassen-Stiftung angeboten. So wurde in der Sitzung vom 15. Februar eine Änderung der Satzung beschlossen, wonach das Vermögen bei Auflösung der Stiftung - gegenwärtig rund 270 000 Euro - nicht wie bisher auf den Landkreis, sondern auf die Sparkassen-Stiftung übergehen soll. Zu dem, was bei dieser jüngsten Vorstandssitzung gelaufen sei, wolle er sich nicht äußern, sagt Peter Kockelmann (SPD), verärgerter Erster Beigeordneter der Stadt und in dieser Funktion automatisch Vorstandsmitglied der "Dr. Berg und Zangerle Stipendienstiftung". Sein Parteikollege Stephan Garçon nimmt da kein Blatt vor dem Mund. "Wenn es wirklich um die Sache ginge, hätte man das ganze nicht im Hauruck-Verfahren machen müssen", sagt Garcon und verweist auf ein Angebot der Stadt Bitburg, die sich bereit erklärt hatte, die Verwaltung der Stiftung zu übernehmen um damit die Einrichtung zu erhalten - was Werner Krämer, Pressesprecher der Stadt, auch bestätigt. Laut Bürgermeister Joachim Streit waren sich die Spitzen der Ratsfraktionen einig, dass der Einfluss von Vertretern aus der Stadt Bitburg erhalten bleiben muss. 2004 sollte die Satzung bereits geändert werden

Doch die Kreisverwaltung hat das Angebot abgelehnt. Die Interpretation der Stadt, dass es sich schließlich um eine "Bitburger" Stiftung handle und sie deshalb von der Stadt verwaltet werden müsse, "ist vom Stiftungsvorstand mit überwältigender Mehrheit abgelehnt worden", sagt Rudolf Müller von der Kreisverwaltung. Im übrigen sei es ausschließlich Sache der Stiftungsaufsicht und nicht der Stadt Bitburg, den Stifterwillen zu interpretieren, fügt er hinzu. Ob die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier der Satzungsänderung und Auflösung des Vereins zustimmt, ist derzeit noch offen. "Grundsätzlich ist der Stifterwille Gesetz", sagt Michael Ziewers von der ADD, und die Stiftungsaufsicht werde überprüfen, ob hierbei gegen geltendes Recht verstoßen werde. Doch auch, wenn die ADD die Auflösung des Vereins genehmigt und alles für rechtens erklärt, so gibt die Vorgeschichte der Satzungsänderung der Sache einen seltsamen Beigeschmack. Denn nach TV-Informationen war bereits am 15. Juli 2004 versucht worden, die Satzung zu ändern. Damals gab es angeblich den Vorschlag, das Geld beziehungsweise die Erträge ausschließlich zur Förderung von bedürftigen Schülern, die in Biesdorf zur Schule gehen, zu nutzen. Für diese Idee fand sich jedoch keine Mehrheit. Das Delikate daran ist der Termin dieser Stiftungsvorstandssitzung: Wenige Stunden nach der Sitzung am 15. Juli 2004 stand die umstrittenen Wahl des Ersten Beigeordneten an. Und nach der Kommunalwahl, die der Stadt veränderte Mehrheiten brachte, setzte sich bei der Wahl bekanntlich der SPD-Kandidat Kockelmann durch. Kockelmann folgte auf Kreisparkassen-Vorstandschef Ingolf Bermes, der nicht mehr angetreten war, und rückte damit in den Stiftungsvorstand auf.

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