Der zeitlose Rohstoff

Region · Die gesetzliche Regelung für die Waldnutzung durch den Spaziergänger ist klar: „Pilze, Beeren sowie Zweige, Blumen und Kräuter bis zur Menge eines Handstraußes dürfen nur für den persönlichen Gebrauch entnommen werden.

Ihre Entnahme hat pfleglich zu erfolgen“, legt Paragraph 23 des Landeswaldgesetzes vom 30. November 2000 fest, und das Gesetz führt aus: „ Die Bewirtschaftung des Waldes umfasst neben der Sicherung und Erhaltung auch die Entwicklung seiner Wirkungen für die Natur und die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen sowie den Nutzen für die Allgemeinheit.“

Annähernd 828 000 Hektar der Fläche von Rheinland- Pfalz sind bewaldet und machen es zum waldreichsten Bundesland. Davon gehören 28 Prozent zu den Staatsforsten, die Gemeinden und übrigen Körperschaften sind mit einem Anteil von 47 Prozent beteiligt. Ein Viertel der Waldfläche ist in privater Hand.

Haftstrafe für Holzdiebstahl

Gerade in Zeiten steigender Energiepreise zeigt sich die Bedeutung des Rohstoffes Holz auch in der Zunahme des Holzdiebstahls. Ein Nachweis über die im Wald von den Kurzholzstapeln entwendeten Stämmen ist jedoch vielfach schwierig und mancher Holzaufkäufer merkt den Verlust erst spät. In der offiziellen Polizeistatistik wird dieser „einfache Diebstahl“ nicht besonders erläutert.

Vor 160 Jahren war das anders. „Vier Wochen Gefängnis“ lautete das Gerichtsurteil, das am 21. August 1846 gegen den 19-jährigen Matthias Geimer aus Orenhofen wegen „correctionellen Holzdiebstahls“ verhängt wurde. Auch Franz Körner aus Ferschweiler, Peter Nei aus Bettingen und Johann Hahn aus Föhren wurden wegen dieses Deliktes in Haft genommen und ihre Namen finden sich neben vielen anderen wegen Holzdiebstahls Verurteilten in den Verzeichnissen der königlich- preußischen Strafbehörden.

Karl Marx kommentierte

Es war eine Zeit mit Missernten und Not, und jeder versuchte in den Wäldern das überlebenswichtige Brennmaterial aufzutreiben. Dabei war der Festsetzung der Strafbarkeit dieses Holzsammelns eine heftige politische Debatte voraus gegangen. Unter der Überschrift „Debatten über das Holzdiebstahlsgesetz“ hatte Karl Marx als Redakteur der „Rheinischen Zeitung“ im Oktober und November 1842 die Verhandlungen des sechsten rheinischen Landtages zu diesem Thema kommentiert. Der berühmte Sohn der Stadt Trier setzte sich darin mit dem Gesetzentwurf auseinander und kritisierte, dass „auch das Entwenden von Raffholz oder Auflesen von trockenem Holz unter die Rubrik Diebstahl subsumiert und ebenso hart bestraft werden soll wie die Entwendung von stehendem grünen Holz.“

Dieses war von einzelnen Mitgliedern des Landtages, wie dem Stadtdeputierten Nikolaus Cetto, mit der Begründung gefordert worden, „dass in den Waldungen seiner Gegend häufig junge Bäume zuerst bloß angehauen und, wenn sie dadurch verdorben, später als Raffholz behandelt würden.“

Marx, der in diesen Kommentaren auch erste Vorüberlegungen seiner Geschichtstheorie vornahm, wandte sich strikt gegen die Kriminalisierung des Raffholz-Sammelns und attackierte das Gesetzgebungsverfahren: „Der Raffholzsammler vollzieht nur ein Urteil, was die Natur des Eigentums selbst gefällt hat, denn ihr besitzt doch nur den Baum, aber der Baum besitzt jene Reiser nicht mehr. Wenn das Gesetz aber eine Handlung, die kaum ein Holzfrevel ist, einen Holzdiebstahl nennt , so lügt das Gesetz, und der Arme wird einer gesetzlichen Lüge geopfert.“ Hintergrund für die Gesetzesberatungen im rheinischen Landtag war die zunehmende Bedeutung der Wälder in ihrer wirtschaftlichen Nutzung. Insbesondere die zahlreichen Eisenhütten in der Eifel erforderten einen beträchtlichen Teil des Brenn- und Nutzholzes und die preußischen Steinkohlen-Bergwerke bei Saarbrücken, Saarlouis, Ottweiler und St. Wendel brauchten große Mengen an Grubenholz.

Holz als Haupthandelsartikel

Der beginnende Eisenbahnbau benötigte Holz für die Trassen, und lange Zeit war das Holz aus Hunsrück und Eifel auch ein Haupthandelsartikel nach Holland. Vielfach dienten die Gemeindewaldungen nach dem Ende der napoleonischen Kriege auch als einzig verbliebenes Eigentum dazu, die enormen Kriegsschulden zu bezahlen und die notwendigen Gemeindebauten zu ermöglichen. Als Folge waren viele Waldbestände aufgebraucht, doch insbesondere in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts wurden seitens der preußischen Regierung verstärkte Investitionen zur Wiederaufforstung getätigt und die Förderung der Forstkultur sollte auch dazu beitragen, „ein größeres Gleichgewicht der Abnutzung mit der Produktion herzustellen und hierdurch auf die Herstellung eines pfleglichen Zustandes dieses kostbaren Gemeinde-Eigentums hinzuwirken“. Ein Ziel, das auch heute noch aktuell ist.

TV-Archiv 25.11.2006

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